In der Maya-Stätte Chichén Itzá gibt es ein bemerkenswertes Phänomen: Wenn man dort vor der großen Pyramide in die Hände klatscht, entsteht ein Geräusch, das an den Ruf des Quetzals erinnert – ein heiliger Vogel bei den Mayas.
Händeklatschen vor Maya-Pyramide erzeugt "Ruf des Quetzals"
Bei diesem Phänomen handelt es sich um die Theorie des amerikanischen Akustikers David Lubman. Der hat sich bei der großen Maya-Pyramide an die steile Treppe gestellt, in die Hände geklatscht und das Echo mit einem Mikrofon aufgenommen. Dabei stellte er fest, dass dieses Geräusch auffallende Ähnlichkeit mit dem Ruf des Quetzals hat, eben jenes Vogels, der in den Nebelwäldern Guatemalas unterwegs ist. Seine Aufnahmen stehen auch im Netz, und die Ähnlichkeiten sind tatsächlich frappierend.
Pyramidenstufen zerlegen Echo des Klatschgeräuschs
Die Erklärung ist etwas kompliziert: Wenn ich in die Hände klatsche, enthält das Klatschgeräusch im Grunde alle Tonfrequenzen. Es ist kein klarer Ton; ähnlich wie weißes Licht eine Mischung aller sichtbaren Lichtfrequenzen ist. Und so wie ein Prisma das weiße Licht in seine Bestandteile zerlegt, zerlegen die vielen Stufen der Pyramide das Echo des Klatschgeräusch ebenfalls in seine Bestandteile. Denn an jeder einzelnen Stufe wird das Klatschgeräusch zurückgeworfen. Wenn ich aber unten an der Pyramide stehe, sind die einzelnen Stufen unterschiedlich weit von mir weg. Im Ergebnis führt das dazu, dass die hohen Frequenzanteile schneller wieder bei mir sind als die tiefen, und so entsteht dieser abfallende Ton, der an den Vogel erinnert.
Ob die Mayas die Pyramiden absichtlich so gebaut haben, dass dieser Ruf des Quetzal-Vogels entsteht, ist umstritten. Es gibt dafür keine schriftlichen Hinweise, die die hinterlassen hätten, insofern könnte es auch ein unbeabsichtigter Nebeneffekt sein. Anderseits gibt es vergleichbare akustische Effekte auch an anderer Stelle auf dem Gelände Chichén Itzá, etwa bei dem großen Ballspielplatz.
Griechische und römische Theater: Akustik-Phänomene weltweit
Bekannt sind natürlich auch die griechischen Theater. Die sind oft kreisförmig an einen Hügel gebaut. Dort hatten bis zu 15.000 Zuschauer Platz gehabt und die Akustik – das kann man heute noch erleben, wenn man solche Theaterbauten besucht – war fantastisch. Da hätten die Schauspieler keine Mikrofone gebrauchen können – die waren selbst in den letzten Reihen gut verständlich.
Die Römer wiederum haben im Theater an ganz bestimmten Stellen Vasen aus Bronze aufgestellt. Die Vasen dienten als Resonanzverstärker. Die Stimmen der Schauspieler waren dadurch sehr klar und deutlich verständlich.
Höhle von Hypogäum auf Malta
Es gibt aber noch ältere Beispiele, etwa die Höhle von Hypogäum auf Malta. Sie ist 4 ½ tausend Jahre alt. Dort gibt es eine Kammer, in der sich auf Kopfhöhe eine Aushöhlung befindet. Die sorgt dafür, dass die tiefen Anteile der Stimme verstärkt werden. Wenn ein Sprecher spricht, dann wirkt seine Stimme tiefer, dröhnender und somit imposanter. Das Prinzip ist das gleiche wie wenn man über eine offene Flasche bläst und dadurch einen Ton erzeugt. Technisch wird so etwas als „Helmholtz-Resonator“ bezeichnet.
Menschen verstanden Raumakustik schon sehr früh
Man kann noch weiter zurückgehen, in die Steinzeit. In England und Frankreich gibt es Hügelgräber mit langgezogenen Grabkammern. Auch diese haben einen ähnlich resonanzverstärkenden Effekt, der vor allem dann zum Tragen kommt, wenn man am Eingang zu diesen Grabkammern trommelt. Dann entsteht zusammen mit dem Echo aus der Kammer ein richtig lauter Klangteppich.
Ein weiteres Beispiel sind die Höhlenmalereien in Frankreich – z.B. in Lascaux – oder in den Pyrenäen. Dort haben die Wissenschaftler festgestellt, dass die Malereien sich immer genau an den Stellen befinden, wo es am meisten dröhnt, wo es also ein intensives Klangerlebnis gibt. Zwar wurden diese Höhlen nicht gezielt nach akustischen Kriterien gebaut, aber all diese Beispiele zeigen, dass die Menschen schon ganz früh sehr viel von Raumakustik verstanden.
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