Echter Ibérico-Schinken kostet in Spanien über 20 Euro pro 100 Gramm. Bei Rewe, Lidl und Aldi ist "Ibérico" viel günstiger. Wie kann das sein?

Für hundert Gramm richtig guten Ibérico-Schinken zahlt man in Spanien gut und gerne 20 bis 25 Euro. Bei Rewe kosten die hundert Gramm zwölf Euro, bei Lidl sechs Euro. Das könne gar kein echter Ibérico sein, sagt Antonio Moreno. Der Landwirt züchtet in der Nähe von Cordoba die feingliedrigen, schwarzhäutigen Ibérico-Schweine auf traditionelle und umweltfreundliche Art.
Ibérico: besondere Schweine, besondere Zucht
Ibéricoschweine leben nämlich halbwild im weitläufigen und hügeligen Kork- und Steineichenwald der Region, die Dehesa. Dort ernähren sie sich von Eicheln, Gras und wilden Kräutern. Die permanente Bewegung und das natürliche Futter geben später dem Schinken sein mageres dunkles Fleisch mit dem einzigartigen nussig-würzigen Geschmack. Wegen vieler ungesättigter Fettsäuren gilt das Ibérico Schwein auch als "Olive auf vier Füßen".

Kennzeichnung per königlichem Dekret
In Spanien muss Ibérico-Schinken eindeutig gekennzeichnet sein. So regelt es ein königliches Dekret. Nur der beste Ibérico bekommt ein schwarzes Label. Das bedeutet Fleisch von reinrassigen Ibérico-Schweinen, die im Freiland gehalten worden sind und Eicheln, spanisch bellota, gefressen haben. Deshalb die Kennzeichnung "100% Ibérico de bellota".
Die Kennzeichnung "Ibérico" – ohne die Ergänzung "100%" – gibt an, dass es sich um Fleisch von Ibérico-Schweinen handelt, die mit Duroc-Schweinen gekreuzt wurden. Diese große Fleisch-Rasse wird schneller fett und ist weniger agil. Die Zusatzangabe "de cebo" ist ein Hinweis auf Haltungs- und Fütterungsbedingungen: Stallhaltung und Fertigtierfutter-Mast. Produkte aus dieser Haltung sind also Mastfutterschinken. Also eine deutlich niedrigere Qualität als der edle Eichelmast-Schinken.

Etikettenschwindel? Mindestens Irreführung der Verbraucher
Nur steht auf der Produktverpackung von zum Beispiel Aldi und Lidl nicht auf deutsch "Mastfutterschinken", sondern das Spanische "Ibérico de cebo". Auf Nachfrage teilt Aldi mit, Verbraucher könnten so "einfach erkennen, um welche Qualitätsstufe es sich handelt". Reinhild Benning von der Deutschen Umwelthilfe bezweifelt das. Das setze zu viel Wissen bei Verbrauchern voraus. Es bleibe vielmehr verwirrend bis irreführend.
Löchrige EU-Lebensmittelkennzeichnung
Da Ibérico kein geschützter Begriff sei, gelängen auch minderwertigere Mischprodukte auf den deutschen Markt, erklärt Benning. Angaben über Haltung und Fütterung? Nicht verpflichtend. Verbraucher assoziierten beim Begriff Ibérico eine hohe Qualität, die nicht immer vorhanden sei. Fleischkonzerne könnten damit "viel Schindluder" betreiben, so Benning. Möglich macht dies eine löchrige Lebensmittelkennzeichnung, weshalb sogar der EU Rechnungshof in seinem jüngsten Bericht strengere Kennzeichnungsregeln für Lebensmittel fordert. Nur so könnten die Verbraucher bewusste Kaufentscheidungen treffen.
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