Es kursieren viele Neuromythen darüber, wie man sein Gehirn täglich fit machen kann. Doch was ist dran an diesen Mythen? Wie lernt das Gehirn nun wirklich? Antworten des Hirnforschers Martin Korte von der TU Braunschweig. (SWR 2020)
Lernen mit Dopamindusche
Biochemisch ist in unserem Gehirn eine Triebfeder eingebaut, das Dopamin. Dopamin ist ein Botenstoff im Gehirn, der immer dann ausgeschüttet wird, wenn das Erwartungssystem unseres Gehirns die Annahme hat, dass wir eine schwierige Aufgabe erfolgreich bewältigen können.
Darum sind auch beim Lernen das Ermutigen des Lernenden und das Selbstvertrauen so wichtig. Denn dieser Turbolader im Gehirn wird nur zugeschaltet, wenn eine Situation als schwierig eingestuft wird und wir trotzdem glauben, dass wir die Aufgabe lösen können.
Das heißt, wir müssen an uns glauben oder, wenn es um andere Menschen geht, denen auch sagen: „Ich traue Dir das zu. Und solltest Du scheitern, traue ich Dir zu, dass Du wieder loslaufen kannst und Dein Ziel das nächste Mal erreichst.“
Oxytocin: Lernen mit Kuschelhormon
Auch für Erwachsene ist es wichtig, nicht nur allein im stillen Kämmerlein zu lernen. Denn man hat Substanzen gefunden, die an den Synapsen, also an den Kontaktstellen zwischen Nervenzellen, ausgeschüttet werden. Hier machen sie das Abspeichern von neuen Informationen besonders gut möglich.
Es geht um das Oxytocin, etwas, was schon lange aus dem Blutsystem als Hormon bekannt ist, manchmal noch populär als „Kuschelhormon“ bezeichnet wird. Oxytocin wird auch im Gehirn ausgeschüttet und hat dort die Aufgabe, Synapsen flexibler zu machen. Wir sagen in der Wissenschaft: plastischer zu machen.
Denn die Speichervorgänge, die dazu führen, dass wir uns Neues merken, gehen damit einher, dass Synapsen ihre Stärke verändern. Das heißt: Wie gut Informationen weitergeleitet werden, hängt davon ab, wie groß diese synaptischen Kontakte sind. Und das wird durch Oxytocin positiv beeinflusst.
Lernen mithilfe von Assoziationen
Wenn wir neues Wissen mit altem Wissen verbinden können, fällt es uns leichter, dieses Wissen nicht nur abzuspeichern, sondern auch sicher wieder abzurufen. Das geschieht zum Beispiel über Bilder, indem wir das, was wir lesen, in die eigene Sprache übersetzen, in den eigenen Wissenshorizont einbauen.
Das hängt damit zusammen, dass auf der elementarsten neuronalen Ebene des Lernens Assoziationen eine so herausragende Rolle spielen.
Denn an den Kontaktstellen von Nervenzellen, den Synapsen, verändern sich diese Synapsen besonders leicht, wenn die vor- und die nachgeschaltete Nervenzelle, die eine solche Synapse bilden, gleichzeitig aktiviert werden.
Wenn wir also die einfachste Form der zeitlichen Assoziation, die Koinzidenz, haben, dann verändern sich diese Synapsen besonders leicht.
Das bedeutet, wir haben assoziative Speicher, die sich mithilfe von Assoziationen besonders leicht Dinge merken können.
Martin Korte ist Professor für Zelluläre Neurobiologie an der Technische Universität Braunschweig.