Über die Außenbezirke unseres Sonnensystems wissen Astronomen bisher nur wenig. Es gibt Hinweise, dass sich dort ein neunter Planet versteckt: Planet 9. Ein NASA Citizen Science Projekt und Bilder von Raumsonden wie New Horizons sollen bei der Suche helfen.
Ungewöhnliche Flugbahnen: rätselhafte Beobachtungen im Kuiper-Gürtel
Hinter der Bahn des äußersten Planeten im Sonnensystem, dem Neptun, drehen zigtausend Eis- und Gesteinsbrocken ihre Runden – in einem großen, flachen Ring, dem sogenannten „Kuiper-Gürtel“.
Hier beobachten Astronomen rätselhafte Dinge: Einige der Brocken sind auf ungewöhnlich langgezogenen Flugbahnen unterwegs. Die Astronomen Michael Brown und Konstantin Batygin vom „California Institute of Technology“ suchten 2016 eine Erklärung. Sie simulierten am Computer verschiedene Flugbahnen, wie sich die Brocken in den letzten Milliarden Jahren bewegt haben könnten. Und sie kamen zu dem Schluss: Die Objekte müssen von etwas abgelenkt worden sein – wie Schafe von einem Hütehund. Abgelenkt von etwas Großem: Da draußen könnte noch ein Planet sein!
Die Suche nach Planet 9 läuft auf Hochtouren
Bisher macht sich Planet 9 nur durch seine Anziehungskraft bemerkbar. In der Astronomie ist das ein übliches Indiz. Ein echter Beweis wäre es aber erst, wenn er im Teleskop sichtbar würde. Er wäre weit draußen in unserem Sonnensystem: etwa 1.000 Mal so weit von der Sonne entfernt wie die Erde.
Manche Astronomen hoffen, Planet 9 bei einer gezielten Einzelbeobachtung entdecken zu können – anhand seiner vermuteten Umlaufbahn. Andere setzen auf Masse: Bei einem schrittweisen Absuchen des Himmels könnte er zufällig ins Netz gehen. Die NASA hat im Jahr 2017 Laienforscher und Hobbyastronomen weltweit aufgerufen, sich an der Jagd nach Planet 9 zu beteiligen. Sie hat eine öffentliche Internetseite eingerichtet, auf der Millionen Fotos stehen. Wer auf ihnen den neuen Planeten aufspürt, würde als Mit-Entdecker in die Geschichtsbücher, bzw. das Internet, eingehen.
Alternative Erklärungsmodelle machen Planet 9 Konkurrenz
Wie in der Wissenschaft üblich, werden weitere Thesen diskutiert. Im September 2019 spekulierten britische und US-amerikanische Wissenschaftler, ob für die eigentümlichen Flugbahnen vielleicht ein Schwarzes Loch verantwortlich sein könnte.
Schwarze Löcher entstehen, wenn ein massereicher Stern am Ende seines Lebens in sich zusammenstürzt. Astronomen kennen sie auch in größeren Varianten: millionen- bis milliardenfach massereicher als Dreh- und Angelpunkt in der Mitte einer Galaxie. Doch in den Ausläufern unseres Sonnensystems könnte es höchstens ein winziges Schwarzes Loch sein, nur wenige Zentimeter groß, aus der Anfangszeit des Universums – ein sogenanntes „primordiales Schwarzes Loch“. Es wäre das erste seiner Art.
Es gibt noch andere Erklärungsversuche: Die ablenkende Gravitationskraft könnte nicht von einem Planeten stammen, sondern von einer Scheibe aus unzähligen kleinen Asteroiden. Das schlagen Forscher aus Großbritannien und dem Libanon vor. Oder von einem Planeten plus Scheibe. Aber auch diese Theorie wirft Fragen auf, etwa ob es überhaupt genügend Material für so eine massereiche Scheibe gibt. Die wissenschaftliche Diskussion ist in vollem Gange.
Verfeinerte Messgeräte lassen auf neue Erkenntnisse hoffen
Die dunklen Außenbereiche unseres Sonnensystems bergen viele Geheimnisse. Ob sich hier noch ein weiterer Planet versteckt, ist daher nur eine der vielen Fragen, die Astronomen interessieren. Sie hoffen beispielsweise, Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wie unser Sonnensystem entstanden ist. Wie es dazu kam, dass die Planeten heute dort sind, wo sie sind, und dass sie aussehen, wie sie aussehen.Jenseits der Bahn des Neptuns findet sich vermutlich noch Ur-Material aus der Entstehungsphase des Sonnensystems.
Die Methoden der Wissenschaftler werden immer feiner, die technischen Geräte immer raffinierter. So lernen wir diese rätselhafte Gegend immer besser kennen – mit Computersimulationen, mit Bildern von Raumsonden wie „New Horizons" und auch mit ganz neuen, hochsensiblen Teleskopen. Das „Large Synoptic Survey Telescope“ LSST soll 2022 fertig sein und mit einer Gigapixel-Kamera hochempfindliche Aufnahmen des Himmels machen.
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