Lukas Meyer-Blankenburg im Gespräch mit der Historikerin Birgit Bernard
Die Briten waren Meister der Geheimsender – deutschsprachiges Radio für Hitlers Soldaten, um die NS-Streitkräfte zu schwächen und zu desinformieren. Seltene Tonaufnahmen aus dem Imperial War Museum in London geben einen Eindruck von der Radio-Propaganda.
Radio als perfektes Propaganda-Medium
Das Radio war zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein neues und besonders schnelles Massenmedium. Praktisch alle späteren Kriegsparteien des Zweiten Weltkriegs erkannten das enorme Propaganda-Potenzial des Rundfunks.
Die Briten sind Meister der Geheimsender
Als wahre Meister der „black propaganda“, der schwarzen Radio-Propaganda, entpuppten sich die Briten. Für ihre Programme von Sendern wie „Gustav Siegfried I“, den „Soldatensender Calais“ oder den „Deutschen Kurzwellensender Atlantik“ konnten sie auf exklusive Geheimdienstinformationen zurückgreifen.
Seltene Tonaufnahmen aus dem Imperial War Museum London geben einen kleinen Eindruck vom Programm der britischen Geheimsender.
Goebbels bereitet die Radiopropaganda Sorgen
Federführend für die britische Propaganda gegen Nazi-Deutschland war der BBC-Kommentator Sefton Delmer, der – 1904 in Berlin geboren und aufgewachsen – akzentfrei Deutsch sprach, als international bester Kenner der Nazis galt und einen bunten Haufen Nazi-kritischer Journalisten um sich scharte. Dazu gehörten auch deutsche Kriegsgefangene oder desertierte Soldaten.
Das Programm der Feindsender war eine Mischung aus Fakten und Fake News, vor allem aber viel Swing-Musik, die bei den Soldaten an der Front besonders gut ankam.
Die britischen Feindprogramme bereiteten Joseph Goebbels und den deutschen Heeresleitern große Sorgen. Den meisten Sendern aber und ihrem Ursprungsgebiet kam die Gestapo nie auf die Schliche.
Originalaufnahmen
22.4.1945 US-Soldatensender 1212 – "Für Frieden jetzt!"
22.4.1945 | Der Radiosender 1212 war ein antideutscher Propagandasender. Die US-Armee betrieb den Sender von Luxemburg aus und erreichte damit das deutsche Rheinland. 1212 war vom 6. Dezember 1944 bis 25. April 1945 aktiv und gab vor, ein authentischer deutscher Sender zu sein. Die Berichte waren eine Mischung aus Fakten und Falschinformationen. Sie sollten das deutsche Publikum zur Aufgabe bewegen. Besonders interessant in der folgenden Sendung vom 22. April 1945: Der Sprecher erwähnt die Hinrichtung von Sophie Scholl und den Mitgliedern der Weißen Rose in München. Ein Hinweis darauf, dass im Ausland innerdeutsche Widerstandsgruppen gegen die Nazis wahrgenommen wurden.
29.4.1945 Deutscher Kurzwellensender Atlantik – Anleitung zur U-Boot-Aufgabe
29.4.1945 | Das britische Kriegsministerium betrieb von einer Station im Südosten Englands aus vom 5. Februar 1943 bis Kriegsende 1945 den antideutschen Propagandasender "Deutscher Kurzwellensender Atlantik". Mit dem deutschsprachigen Radioprogramm sollte die Kampfmoral der deutschen Armee, vor allem der Marine, geschwächt werden. Das Programm war eine Mischung aus Berichten über die Fronterfolge der Alliierten, Falschnachrichten und vor allem Unterhaltung mit Swing-Musik. Aus urheberrechtlichen Gründen haben wir die Musik aus dieser Sendung vom 29. April 1945 herausgeschnitten.
29.4.1945 Soldatensender West – Radiopropaganda gegen die Nazis
29.4.1945 | Während des Zweiten Weltkriegs betrieben die Briten mehrere geheime, deutschsprachige Radiosender. Sie sollten bei den Soldaten der deutschen Streitkräfte antideutsche Propaganda verbreiten. Einer der Sender war der Soldatensender West. Wie hier in der Sendung vom 29. April 1945 ging es vor allem darum, die Soldaten mit Swing-Musik und Unterhaltung zu locken und sie mit Falschnachrichten und Berichten über die Erfolge der Alliierten zur Kapitulation zu bewegen. Die ursprüngliche Aufnahme ist mehr als vier Stunden lang. Im Sinne der Hörbarkeit und aus urheberrechtlichen Gründen haben wir die Musik herausgeschnitten. Im Bild: Folke Bernadotte, Graf von Wisborg
2.3.1979 Frank Lynder – Deutscher Journalist der britischen Geheimsender im Zweiten Weltkrieg
2.3.1979 | Frank Lynder war ein deutscher Journalist, geboren 1916 in Bremen. 1938 wanderte Lynder nach London aus. Während des Zweiten Weltkriegs arbeitete er für britische Geheimsender, deutschsprachige Radiopropaganda wie den Kurzwellensender Atlantik oder den Sender Gustav Siegfried I. Mit dem Radioprogramm wollten Lynder und seine Kollegen, darunter der berühmte BBC-Kommentator Sefton Delmer (im Bild), aktiv das Nazi-Regime in Deutschland schwächen. Sie informierten Wehrmachtsoldaten über die Stärke der alliierten Streitkräfte und streuten Gerüchte, die das Vertrauen der Deutschen in ihre Führung schwächen sollten. Im Interview 1979 erklärt Frank Lynder, wie die Arbeit bei den britischen Geheimsendern funktionierte.
Joseph Goebbels
25.3.1933 Joseph Goebbels: "Der Rundfunk gehört uns!"
25.3.1933 | Am 25. März 1933 – nur einen Tag nach dem Ermächtigungsgesetz, mit dem Adolf Hitler Deutschland faktisch zur Diktatur gemacht hat – bestellt sein junger Propagandaminister Joseph Goebbels die Intendanten der Reichsrundfunkgesellschaft ein und hält einen ausufernden Vortrag darüber, wie er den Rundfunk im Sinne der Regierung einspannen will. "Wir machen gar keinen Hehl daraus: Der Rundfunk gehört uns und niemandem sonst. Den Rundfunk werden wir in den Dienst unserer Idee stellen und keine andere Idee soll hier zu Worte kommen!", sagt er, während er hörbar auf das Pult klopft.
Krieg im Äther
8.12.1942 Russische Störsender überlagern deutsche Propaganda
8.12.1942 | Im Zweiten Weltkrieg war auch der Rundfunk ein Schlachtfeld. Die Kriegsparteien versuchten, die Übertragung des gegnerischen Funks zu stören. Im Archiv findet sich eine eindrucksvolle Aufnahme. Während der deutschen Lagemeldung ist dröhnend Laut Gegenpropaganda zu hören, vermutlich von russischer Seite gesendet. Ein Sprecher brüllt: "Wo ist Rommel?", "in Italien geht alles drunter und drüber", "alles Lügen" oder "aus Russland kommt niemand zurück".