Störende Verhaltensweisen durch neue ersetzen. Ihnen höchste Priorität geben. Zu festen Zeiten durchführen. Klein anfangen, langsam steigern. Willenskraft nicht überschätzen. So klappt´s!
Neues Jahr, neue Vorsätze – bis der innere Schweinehund bellt
Jetzt wird alles anders! Mehr Sport, gesundes Essen, weniger am Handy hängen – insbesondere zu Silvester haben Neujahrsvorsätze Hochkonjunktur.
Kurz scheint es zu klappen, dann kommen die ersten Ausreden: "Es ist so gemütlich auf der Couch" oder "Ein Stück Schoki gilt doch nicht" – schnell sind die Vorsätze vergessen.
Zahllose Ratgeber wollen uns helfen, schlechte Gewohnheiten loszuwerden, aber der innere Schweinehund steht uns im Weg. Warum?
"Energiesparprogramme": Gewohnheiten steuern Hälfte unserer Handlungen
Gewohnheiten sind automatisierte Handlungen, die uns helfen, den Alltag zu bestreiten. Ohne Routinen müssten wir ständig überlegen, was wir als nächstes tun sollen. Das wäre sehr erschöpfend, weiß der Niederländer Bas Verplanken, emeritierter Professor für Sozialpsychologie.
Unser Lebensstil ist also maßgeblich von Gewohnheiten beeinflusst. Dass wir beispielsweise vor dem Schlafen immer die Zähne putzen, ist für unsere Gesundheit sehr vorteilhaft. Warum aber gewöhnen wir uns schlechte Dinge an?
Reiz-Routine-Belohnung: Botenstoff Dopamin festigt Handlungsmuster im Gehirn
Über schlechte Gewohnheiten weiß Lieneke Janssen bestens Bescheid. Laut der promovierten Neurowissenschaftlerin gewöhnen wir uns insbesondere Handlungen an, die unser Belohnungssystem im Gehirn anregen. Sie fühlen sich gut für uns an.
Essen wir zum Beispiel eine Süßigkeit, dann wird im Gehirn der Neurotransmitter Dopamin freigesetzt. Wir lernen: Wenn ich etwas Leckeres esse, fühle ich mich besser.
So entsteht ein Reiz-Reaktionsmuster, das wir nicht mehr bewusst kontrollieren und von dem wir nur schwer wieder loskommen. Denn Veränderungen müssten wir ganz bewusst in die Wege leiten. Das kostet Kraft.
Ganz oft anders machen: Neuronale Umstrukturierung fordert Zeit und Geduld
Um ungewünschte Muster zu durchbrechen, braucht es sehr viele Wiederholungen. Der Umbau von neuronalen Pfaden im Gehirn passiert nicht sofort.
Als Neurowissenschaftlerin weiß Lieneke Janssen, wie schwer das ist. Vor allem, weil die normale Umgebung voller Impulse ist, die das alte Verhalten automatisch triggern. Oder weil soziale Normen uns beeinflussen. Etwa: "Wenn ich jetzt nicht auch mit einem Glas Sekt anstoße, ist das doch unhöflich."
Deshalb rät Lieneke Janssen zu einer Veränderung des Umfelds. Man könnte zum Beispiel seinen Heimweg ändern. Geht man nicht mehr an der Lieblingsbäckerei vorbei, entsteht vielleicht gar nicht erst das Bedürfnis nach einem Stück Streuselkuchen.
Dieselbe Uhrzeit, dasselbe Ritual: Belohnungseffekt anderer Gewohnheiten nutzen
Generell raten Fachleute, sich Verhaltensweisen nicht abzugewöhnen, sondern sie durch neue zu ersetzen. So bleibt die Gewohnheitsschleife mitsamt ihrer belohnenden Wirkung aufrechterhalten. Ein duftender Tee statt einem Glas Wein. Tut auch gut, ist aber viel gesünder und man muss nicht auf alles verzichten.
Drei Tipps gegen den Schweinehund: Zeit nehmen, klein anfangen, durchziehen
Auch Motivationscoach Marco von Münchhausen hat drei Strategien für das Lernen neuer Gewohnheiten parat:
- Zeit nehmen: Schweinehund-Angelegenheiten haben Vorfahrt auf der Tagesagenda! Das heißt, ich mache es am besten gleich morgens oder direkt nach der Arbeit.
- Klein anfangen: Aller Anfang ist schwer. Lieber langsam steigern als sich überfordern. Zum Beispiel fünf Minuten Sport, dann sieben Minuten usw.
- Durchziehen: In der Anfangsphase keine Ausnahme zulassen. Sonst kommt die nächste Ausrede gleich hinterher und man ist schnell wieder beim alten Verhalten.
Der innere Schweinehund – was ist das für ein Tier?
Dass es sich beim inneren Schweinehund nicht um ein mythologisches Mischwesen handelt, kann der Kulturwissenschaftler und Sprachexperte Thomas Macho bestätigen. Früher zogen Schweinehirten mit einer Schweineherde in den Wald. Die hatten auch immer Hütehunde dabei: Die "Schweinehunde".
Irgendwann wurde der Schweinehund zur "personifizierten Unlust" abgewertet. Thomas Macho erklärt wieso:
"Freundet Euch mit dem Schweinehund an." – Gelassenheit darf auch sein
Obwohl er uns oft ganz im Weg steht, bleibt doch eine gewisse Sympathie für den Schweinehund: Hüter unserer Laster. Verteidiger des Wohlbefindens. Wie kann man ihm bzw. uns das übelnehmen? Und ganz bezwingen müssen wir ihn ja vielleicht auch gar nicht:
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Wäsche waschen statt zu arbeiten: Wir alle haben schon mal prokrastiniert. Für manche wird das Aufschieben aber zur echten Lebenskrise. Wie entkommen sie der Prokrastination?
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Gesundheit Volkskrankheit Stress – Von der Belastung zur produktiven Kraft
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Gewalt Tödliche Polizeieinsätze bei psychischen Ausnahmesituationen
Die Mehrzahl der tödlichen Opfer von Polizeieinsätzen hat sich in einer psychischen Ausnahmesituation befunden. Die Polizei scheint für solche Situationen ungenügend vorbereitet. Von Fides Schopp (SWR 2024) | Manuskript und mehr zur Sendung: http://swr.li/toedliche-polizeieinsaetze-psyche || Studie: Polizeilicher Kontakt zu psychisch erkrankten Menschen | https://link.springer.com/article/10.1007/s11757-021-00670-z || Hörtipp: Der Fall Oisín O. – Polizei-Schüsse auf psychisch Kranke | 11KM: der tagesschau-Podcast | https://www.ardaudiothek.de/episode/11km-der-tagesschau-podcast/der-fall-ois-n-o-polizei-schuesse-auf-psychisch-kranke/tagesschau/13857063/ || Bei Fragen und Anregungen schreibt uns: daswissen@swr.de | Folgt uns auf Mastodon: https://ard.social/@DasWissen
Pubertät Mutproben und Challenges – Wozu Rituale zum Erwachsenwerden?
Höllenscharfe Chips, Gruselrituale, Ekel – Jugendliche suchen nach dem Kick. Welchen Sinn haben Grenzerfahrungen auf dem Weg zum Erwachsenwerden? | Von Eckhard Rahlenbeck (SWR 2024) | Manuskript und mehr zur Sendung: http://swr.li/mutproben-rituale-zum-erwachsenwerden | Bei Fragen und Anregungen schreibt uns: daswissen@swr.de | Folgt uns auf Mastodon: https://ard.social/@DasWissen
Diskussion Herausforderung Depression – Wie kann die Familie helfen?
Morgens aufstehen, Frühstück machen, zur Arbeit oder zur Schule gehen – für depressive Menschen sind diese Alltagstätigkeiten in der Regel eine große Herausforderung. Wenn Vater, Mutter oder auch die Kinder an depressiven Stimmungen leiden, dann trifft das die gesamte Familie - und beeinträchtigt das Familienleben. Welche konkreten Belastungen entstehen dadurch? Wie umgehen mit Depressionen im Familienverbund? Und kann die Familie den Betroffenen helfen? Doris Maull diskutiert mit Prof. Dr. Ulrich Hegerl - Vorstand Deutsche Stiftung Depressionshilfe und Suizidprävention, Josef Schilcher - Videoproduzent
Dr. Christina Berndt, Medizinjournalistin der Süddeutschen Zeitung
Wirtschaftspsychologie Mentale Buchführung – Unser irrationaler Umgang mit Geld
Hier knausern, da klotzen: Wie locker das Geld bei uns sitzt, folgt nicht immer Kriterien der Vernunft. Mit der sogenannten "Mentalen Buchführung" setzt sich die Verhaltensökonomie auseinander. Von Beate Krol (SWR 2023) | Manuskript und mehr zur Sendung: http://swr.li/buchfuehrung-mental | Bei Fragen und Anregungen schreibt uns: daswissen@swr.de | Folgt uns auf Mastodon: https://ard.social/@DasWissen