Gegründet wurden die ersten Leihanstalten im späten Mittelalter, während der Corona-Pandemie galten sie als systemrelevant. Trotzdem müssen sie immer noch um Anerkennung kämpfen.
Der Handwerker verpfändet einen Firmenwagen, um die Arbeiter zu bezahlen, die Rentnerin ihren Goldring, um bis zum Monatsende über die Runden zu kommen.
Über 90 Prozent der Kunden holen ihre verpfändeten Gegenstände wieder ab, konstatiert der Bundesverband der Pfandkreditgeschäfte. Das Pfandleihhaus ermöglicht unkompliziert kurzfristige Kredite, die man bei der Bank nicht bekommen würde.
Monti di Pietà – Berge der Barmherzigkeit: erste Pfandleihhäuser in Italien
Menschen verpfänden Schmuck, Kleidung oder Werkzeuge – das ist mindestens seit 3.000 Jahren üblich. Private Pfandhäuser gab es schon im antiken Griechenland und im Römischen Reich.
Die Wiege der öffentlichen Pfandleihhäuser in Europa liegt in Italien im späten 15. Jahrhundert. Der Franziskanerorden gründete in dieser Zeit in der Lombardei Pfandhäuser unter dem Namen "Monti di Pietà", also "Berge der Barmherzigkeit". Ärmere Haushalte sollten so an günstige Kleinkredite kommen. Denn private Pfandleiher verlangten oft horrende Zinsen.
Das erste "Monte di Pietà" wurde 1462 in Perugia eröffnet. Andere Städte folgten. Im Jahr 1500 gab es in Italien schon 130 Monti di Pietà. Und im Gegensatz zu Banken wurden sie als Non-Profit-Organisationen gegründet.
Die Historikerin Tanja Skambraks erforscht an der Universität Mannheim die Überlebensstrategien der arbeitenden Armen im Mittelalter.
Damit sind diese Leihanstalten im Mittelalter eine sozialpolitische Innovation, erklärt Tanja Skambraks.
Kleinkredite, heute würde man von Mikrokrediten sprechen, die Leihhäuser gegen ein Objekt als Sicherheit gewährten, spielten dabei eine entscheidende Rolle. Dabei waren die Objekte selbst meist relativ wertlos, so die Historikerin:
Das bringt den Menschen nicht nur Geld: Die Menschen wissen ihren Besitz in der Leihanstalt sicher verwahrt, so Tanja Skambraks.
Erstes deutsches Leihhaus ab 1603 in Augsburg
Das erste öffentliche Pfandleihhaus auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands wurde 1603 in Augsburg gegründet. Die Leihhäuser breiteten sich aber erst nach dem Dreißigjährigen Krieg Ende des 17. Jahrhundert und im 18. Jahrhundert aus. Die Franziskaner und Gründer der Monti hatten in ihren Predigten jüdische Pfandleiher beschuldigt, Wucher zu betreiben und sie aus den Städten verdrängt. Das Thema Antisemitismus sei auch schon bei der Gründung der Pfandhäuser im Italien des Mittelalters sehr präsent gewesen, sagt Tanja Skambraks.
Leihamt Mannheim: das letzte städtische Pfandleihhaus Deutschlands
Das Stereotyp des "Geldjuden", des "Wucherjuden" hält sich bis in unsere Zeit und ist immer wieder Teil von Verschwörungserzählungen. Es wird behauptet, Juden seien reich, gierig und würden Politik und Wirtschaft kontrollieren.
Hat das antisemitische Stereotyp den Beruf des Pfandleihers bis heute stigmatisiert? Jürgen Rackwitz ist Geschäftsführer des "Leihamtes" in Mannheim, gegründet 1809 vom badischen Großherzog Karl Friedrich. Heute ist es das letzte städtische Pfandleihhaus in ganz Deutschland, alle anderen sind in privater Hand. Jürgen Rackwitz führt das Leihamt Mannheim als Beamter. Bekommt er etwas vom Stigma des Pfandleihers zu spüren? Er lacht:
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Die Justizreporter*innen BGH bestätigt Wucher-Urteil gegen Pfando
Das Unternehmen Pfando kauft Verbrauchern mit Geldsorgen ihr Auto ab. Sie bekommen dafür in der Regel eine Summe, die deutlich unter dem Marktwert des Autos liegt. Anschließend mieten sie das Auto zurück und dürfen es weiterfahren. Viele Verbraucher haben sich darauf eingelassen, weil sie hofften, dass sie das Auto zurückkaufen können. Kunden haben gegenüber der ARD versichert, dass sie in den Filialen darüber falsch beraten wurden. Pfando hatte dies bestritten. In einem Fall hatte das Oberlandesgericht Hamm entschieden, dass der Vertrag, den Pfando mit einem Kunden vereinbart hatte, sittenwidrig war und es sich um Wucher gehandelt habe. Der BGH hat diese Entscheidung nun höchstrichterlich bestätigt. Justizreporter Klaus Hempel spricht mit seinem Kollegen Philip Raillon über die Geschäftspraxis von Pfando und das Urteil aus Karlsruhe.