11. bis 15.3.1999

SPD-Chef Oskar Lafontaine tritt von allen Ämtern zurück – "Herz schlägt links"

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SWR2 Archivradio

"Schlechtes Mannschaftsspiel"

Er war gleichzeitig SPD-Chef und Bundesfinanzminister unter Kanzler Gerhard Schröder. Am 11. März 1999 tritt Oskar Lafontaine von allen politischen Ämtern zurück.

Vier Tage später beklagt er das "schlechte Mannschaftsspiel" und erklärt: "Das Herz hat einen Standort – es schlägt links".

Am Tag des Rücktritts selbst hat er gar nichts gesagt, nur einen kurzen Brief geschrieben und damit eine lange SPD-Karriere mit einem Schlag beendet. Er war Saarländischer Ministerpräsident und 1990 SPD-Kanzlerkandidat. In diesem Jahr wurde er auch Opfer eines Attentats. 1995 verdrängt Lafontaine den glücklosen Rudolf Scharping vom Parteivorsitz. Zwar muss er die Kanzlerkandidatur 1998 dem – was ihn natürlich wurmt – populäreren Gerhard Schröder überlassen, tut aber alles, damit dieser die Wahl auch gewinnt. Lafontaine schweißt die damals zerstrittene SPD wieder zusammen und sorgt für Geschlossenheit. Als die rot-grüne Regierung nach dem Wahlsieg 1998 aber konkrete Politik machen musste, traten die Differenzen zwischen beiden Politikern zum Vorschein. Rund zwei Stunden nach Bekanntwerden des Rücktritts sendet SWR1 diese Hintergrundsendung.

Gerhard Schröder übernimmt den SPD-Parteivorsitz

Nach dem Rücktritt Lafontaines übernimmt Bundeskanzler Gerhard Schröder selbst den Parteivorsitz. Finanzminister wird Hans Eichel. Doch Lafontaine kehrt in die Politik zurück. 2007 wird er zusammen mit Lothar Bisky Gründungsvorsitzender der neuen Partei "Die Linke".

SPD: Stationen einer Partei

9.11.1918 Ausrufung der Republik durch Philipp Scheidemann

9.11.1918 | Der SPD-Politiker Philipp Scheidemann spricht vor Abgeordneten und Soldaten. Scheidemann war einer der Führer der Novemberrevolution, später erster Reichskanzler der Weimarer Republik. Die Rede hat er mehr als ein Jahr später im Januar 1920 aufgezeichnet. Das Foto wurde nachgestellt.

13.3.1919 Berliner Märzkämpfe: Noske lässt Aufständische niederschießen

13.3.1919 | Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht sind die bekanntesten Opfer des brutalen Machtkampfs, der in Deutschland nach der Novemberrevolution 1918 einsetzte. Sozialdemokraten und Kommunisten hatten zwar den Kaiser zum Abdanken gebracht, aber nach dem Ende der Monarchie war die Sozialdemokratie tief gespalten. Auf der einen Seite die etablierten SPDler unter Friedrich Ebert, Philipp Scheidemann und Gustav Noske. Sie wollten vor allem geordnete Verhältnisse. Diesen „Mehrheits-Sozialdemokraten“ stand wiederum die unabhängige Sozialdemokratische Partei gegenüber. Sie wollte grundlegend andere Verhältnisse. Hinter ihr versammelten sich die Arbeiterschaft und die Revolutionäre. Sie wollten die Verstaatlichung der Industrie und die Entmachtung des Militärs. Auch der links-marxistische Spartakusbund gehörte dazu. Die Auseinandersetzung zwischen diesen beiden sozialdemokratischen Parteien, der MSPD und der USPD, eskalierte zunächst in einem Generalstreik im Januar 1919, dem „Spartakusaufstand“, an dessen Ende auch Luxemburg und Liebknecht ermordet wurden. Zwei Monate später drohten die Berliner Märzkämpfe zu einem Bürgerkrieg auszuarten. Der Heeresbeauftragte Gustav Noske beendete den Konflikt per Schießbefehl. Am 13. März verkündete er den Sieg über die Aufständischen. - Am Ende starben in diesen Berliner Häuser- und Straßenkämpfen mindestens 1.200 Menschen. Die Märzkämpfe markieren das vorläufige Ende der „Novemberrevolution“.

12.6.1930 Paul Löbe wirbt für Parlamentsdebatten im Radio

12.6.1930 | Sollen Reichstagsdebatten im Rundfunk übertragen werden? Darüber gingen die Meinungen 1930 auseinander. Reichstagspräsident Paul Löbe (SPD) hat eine klare Haltung: Ja! | 100 Jahre Radio | archivradio.de

6.3.1931 Julius Moses (SPD) warnt vor wachsendem Elend in der Bevölkerung

6.3.1931 | Der SPD-Abgeordnete und Arzt Julius Moses beschwört die Abgeordneten, das Elend der Bevölkerung ernst zu nehmen. Er warnt vor "Verschmutzung und Verlausung".

24.2.1932 Rudolf Breitscheid wettert gegen "Mein Kampf"

24.2.1932 | Im Zentrum der Debatte steht die Rede des SPD-Abgeordneten Rudolf Breitscheid. Er setzt sich mit Adolf Hitlers Buch "Mein Kampf" auseinander und zeichnet eine düstere Zukunft für die parlamentarische Demokratie. Der SPD-Mann kritisiert auch die KPD, weil sie ihren Hauptfeind in den Sozialdemokraten sähe statt in den Nationalsozialisten.

18.1.1949 Gleichberechtigung im Grundgesetz – dank Elisabeth Selbert

18.1.1949 | "Männer und Frauen sind gleichberechtigt" – Im Januar 1949 wird dieser Artikel in den Entwurf für das neue Grundgesetz der Bundesrepublik aufgenommen. Dies ist vor allem das Verdienst der Sozialdemokratin Elisabeth Selbert.

25.7.1949 Wahlaufruf von Carlo Schmid, SPD

25.7.1949 | Carlo Schmid gehört zu den Vätern des Grundgesetzes. Auffallend an seiner Wahlrede ist, wie vehement sich der SPD-Politiker gegen die Anerkennung der Oder-Neiße-Linie ausspricht – Breslau und Stettin seien deutsche Städte. Die Aufnahme stammt vom 25. Juli 1949.

13.10.1950 Erste DDR-Wahlen: Ansprache von SPD-Chef Kurt Schumacher

13.10.1950 | Am 15. Oktober 1950 – mehr als ein Jahr nach der Gründung der DDR – finden die ersten Wahlen zur Volkskammer statt. In der Bundesrepublik gelten sie als Farce. Das ist auch die Sicht von Kurt Schumacher, Vorsitzender der SPD und Oppositionsführer im Bonner Bundestag. Entsprechend harsch ist seine Ansprache zwei Tage vor den Volkskammer-Wahlen.

17.2.1962 Sturmflut in Hamburg – Helmut Schmidt profiliert sich als Krisenmanager

17.2.1962 | In der Nacht vom 16. auf den 17. Februar fegt ein Orkan mit mehr als 130 km/h über Norddeutschland. Er drängt das Wasser der Nordsee an die Küste und in die Elbe. Deiche brechen, Hamburgs Innenstadt, überhaupt ein Sechstel der Stadt steht unter Wasser, die Stadt erlebt die schlimmste Sturmflut seiner Geschichte. Mehr als 300 Menschen sterben, 20.000 Menschen müssen ihre Wohnungen verlassen. Der spätere Bundeskanzler Helmut Schmidt ist damals Polizeisenator in Hamburg. Schon in der Nacht beginnt er, die Rettungsaktionen zu koordinieren. Vor allem organisiert er auch die Unterstützung der Bundeswehr, was damals ungewöhnlich und umstritten ist, denn die Bundeswehr darf damals laut Grundgesetz keine zivilen Aufgaben übernehmen. Diese Möglichkeit wurde ihr offiziell erst 1968 mit den Notstandsgesetzen gegeben. Wir hören zunächst Helmut Schmidt, wie er am 17. Februar 1962 die Lage erklärt, anschließend zwei Reportagen, eine aus der Hamburger Innenstadt und eine vom Hubschrauber über Niedersachsen.
Nicht nur Hamburg ist betroffen, sondern auch große Teile von Schleswig-Holstein und Niedersachsen. In einer Reportage aus dem Hubschrauber schildert Reporter Giselher Schaar die Lage an der Niedersächsischen Küste.

28.10.1969 Willy Brandt will "Mehr Demokratie wagen"

28.10.1969 | Der neu gewählte Bundeskanzler Willy Brandt sagt in seiner ersten Regierungserklärung, er wolle mehr Demokratie wagen. Das ist auch eine Reaktion auf die Ereignisse von 1968.

7.12.1970 Willy Brandts Kniefall in Warschau – Livereportage

7.12.1970 | Live-Bericht vom Besuch Willy Brandts im Warschauer Getto. Die Kranzniederlegung war geplant. Der Kniefall eine Überraschung. Gemessen daran, wie diese Geste später im Gedächtnis blieb, geht der Moment in der Reportage von Korrespondent Peter Schnell zügig vorbei. Es folgt die Unterzeichnung des deutsch-polnischen Vertrages.

3.12.1971 FDP treibt Umweltschutz voran – in sozialliberaler Koalition

3.12.1971 | "Jeder, der die Umwelt belastet oder sie schädigt, soll für die Kosten aufkommen", erklärt Bundesinnenminister Hans-Dietrich Genscher, FDP.
Die Grünen gab es 1971 noch nicht. In jenem Jahr ist es die sozialliberale Koalition, also SPD und FDP, die das erste Umweltschutzprogramm in der Bundesrepublik beschließt. Der Vorstoß kommt von der FDP. Einige Wochen zuvor hat sie auf ihrem Freiburger Parteitag für damalige Verhältnisse progressive Thesen, auch zum Umweltschutz verabschiedet. Und sich zum Beispiel für die Internalisierung externer Umweltkosten ausgesprochen. Sprich: Die Umweltschäden sollen bei Verbraucherpreisen berücksichtigt werden. Aus der Forderung wird schnell ein politisches Programm, das am 3. Dezember 1971 bereits im Bundestag diskutiert wird. Zuständig ist der FDP-Politiker Hans-Dietrich Genscher, damals Bundesinnenminister. Neben Genscher hören wir im folgenden Beitrag auch den damaligen CDU-Politiker Herbert Gruhl, der später Mitgründer der Partei „Die Grünen“ wurde. Beim Thema Umweltschutz dachte in der Politik damals übrigens niemand ans Klima, damals geht es vor allem um Müllvermeidung.

17.11.1977 Schweizer Schriftsteller Max Frisch auf dem SPD-Parteitag in Hamburg

17.11.1977 | Der Schriftsteller redet der Bundesregierung ins Gewissen: Sie dürfe sich weder durch Terroristen erpressen lassen, noch durch das Industriekapital. | RAF

10.10.1981 Erhard Eppler – Leitfigur der Friedensbewegung

10.10.1981 | Innerhalb der SPD gehörte Erhard Eppler dem linken Flügel an. Im Grunde dem Flügel, der den Ansichten der 1980 gegründeten Partei der Grünen sehr nahestand.

17.9.1982 FDP-Minister verlassen Regierung Schmidt – Ende der sozial-liberalen Koalition

17.9.1982 | 13 Jahre lang, von 1969 bis 1982 regierte die SPD zusammen mit der FDP. Erst mit Kanzler Willy Brandt, seit 1974 dann mit Helmut Schmidt. 1982 dann das Aus.
Eingeleitet wird es durch das sogenannte Lambsdorff-Papier, benannt nach dem Wirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff. Der FDP-Politiker formuliert darin ein "Konzept für eine Politik zur Überwindung der Wachstumsschwäche und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit". Das Papier enthält stark wirtschaftsliberale Vorschläge, die mit SPD-Positionen unvereinbar sind. Am 17. September treten die vier FDP-Minister Genscher, Lambsdorff, Ertl und Baum zurück. Helmut Schmidt fordert Oppositionsführer Helmut Kohl zu einem konstruktiven Misstrauensvotum und zu raschen Neuwahlen auf. Dies lehnt Kohl zunächst ab, sondern erwartet von Schmidt einen klaren Rücktritt. Was wir jetzt hören, ist die aktuelle Mittagssendung im Südwestfunk. Es geht aufgrund der laufenden Ereignisse etwas durcheinander. Die Sendung beginnt mit einem kurzen Ton aus der Rede von Helmut Schmidt, dann blendet sie in die laufende Rede von Kohl, dann sind mehrere Korrespondenten aus Bonn zugeschaltet.

7. bis 25.9.1987 Die Barschel-Affäre – Ehrenwort und Rücktritt

7. bis 25.9.1987 |
Eine Woche vor der Landtagswahl in Schleswig-Holstein enthüllt der „Spiegel“ einen Artikel unter dem Titel „Waterkant-Gate – Spitzel gegen den Spitzenmann“. Tenor. Der Spitzenkandidat der SPD, Björn Enghom – Gegenspieler von Uwe Barschel – wurde bespitzelt, womöglich von der CDU. Engholm sollte mit fingierten Angaben fälschlich der Steuerhinterziehung bezichtigt werden. Am 12.9.1987, einen Tag vor der Wahl, legt der Spiegel nach und veröffentlicht „Barschels schmutzige Tricks“. Er bringt Rainer Pfeiffer ins Spiel, einen Medienreferenten von Uwe Barschel. Der habe eine eidesstattliche Versicherung abgegeben: Er habe von Barschel persönlich den Auftrag bekommen, Engholm zu bespitzeln. Veröffentlichung
Die CDU verliert ihre absolute Mehrheit. Noch am Wahlabend sendet der NDR ein Interview mit Rainer Pfeiffer,
Die CDU kritisiert den Spiegel: Der habe die Geschichte bewusst am Tag vor der Landtagswahl lanciert, um die CDU bei der Wahl maximal zu schädigen. NDR-Redakteur Butz Peters interviewt dazu Spiegel-Chefredakteur Erich Böhme am 14. September. Weitere vier Tage später gibt er die berühmte Pressekonferenz, auf der er beteuert: "... gebe ich den Bürgerinnen und Bürgern des Landes Schleswig-Holsteins (sic!) und der gesamten deutschen Öffentlichkeit mein Ehrenwort, ich wiederhole: ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, dass die gegen mich erhobenen Vorwürfe haltlos sind."
Am 25. September kündigt Uwe Barschel seinen Rücktritt an.Ob und wieviel Barschel also wirklich von der Bespitzelung Engholms wusste, ist bis heute nicht gesichert. Barschel selbst hatte nach seinem Rücktritt noch die Hoffnung, sich entlasten zu können, doch dazu kam es nicht mehr. Am 11. Oktober, nach seinem Rücktritt. wird er tot im Genfer Hotel Beau Rivage aufgefunden.
Zum Tod Uwe Barschels und den ersten Ermittlungen gibt es eine eigene Folge im SWR2 Archivradio: http://swr.li/barschel-tod
Chronik: http://swr.li/barschel-affaer

Parteigeschichte in Originalaufnahmen

Die Union CDU und CSU – Geschichte zweier Volksparteien

Die Union war seit Bestehen der Bundesrepublik von allen Parteien am häufigsten an der Regierung. Und sie stellte mit Adenauer, Kohl und Merkel die Rekordhalter im Kanzleramt. Doch ihre Geschichte wurde auch immer begleitet von Affären.

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