Reinhard Goebel erklärt Vivaldi

Es zwitschert und raschelt: Der Frühling in Vivaldis „Vier Jahreszeiten“:

Stand
Autor/in
Reinhard Goebel
Onlinefassung
Dominic Konrad

Der Frühling hat begonnen und deshalb nimmt sich Dirigent und Barock-Experte Reinhard Goebel einen wahren Klassiker vor: das erste Violinkonzert aus Antonio Vivaldis „Vier Jahreszeiten“.

Es strahlt und blitzt in den trüben Winter

Sanfte Winde, Gewitter und Vogelgezwitscher: 1725 veröffentlicht Vivaldi seinen Zyklus von vier Violinkonzerten, die sich programmatisch mit den Jahreszeiten auseinandersetzen. Dieser beginnt naturgemäß mit dem Frühling.

Gleich zu Beginn strahlt und blitzt es in den trüben Winter hinein. Wunderschön und verwirrend, findet Dirigent Reinhard Goebel. Es geht nahtlos aus dem Ritornell in den ersten Vogelgesang. Drei Solo-Violinen imitieren im Kanon das Zwitschern der Vögel.

Das Freiburger Barockorchester spielt Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ unter Sternen

Die Kunst imitiert hier die Natur. Wie im französischen Barock-Garten, der gleichzeitig die Natur und deren Beherrschung durch den Menschen zelebriert, verhält es sich auch mit dieser Komposition von Antonio Vivaldi, erklärt Goebel.

Ein schlummernder Schäfer und ein schnarchender Hund

Im Mittelsatz hören wir, wie sich die Blätter bewegen. Der Schäfer schläft und an seiner Seite schnarcht der Hund, malt Goebel die Bilder aus. Denn würde er bellen, wie es in der Literatur gerne heißt, müsste der Schäfer ja irgendwann einmal wach werden.

Spätestens im finalen Satz werde die Einheit der Gedanken Antonio Vivaldis offenkundig: Der Frühling spielt auf dem Land, nicht in der Stadt. Im Hirtentanz imitiert der Bordun-Bass einen Dudelsack. Man muss es wissen und man hört es plötzlich, so der Barockexperte.

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