Filmmusik

„Nackt über Berlin“: Mit schrägen Instrumenten dem besonderen Klang auf der Spur

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Autor/in
Dominic Konrad
Dominic Konrad, Autor und Redakteur bei SWR Kultur und SWR Musik

Jannik liebt Tschaikowski und seinen Mitschüler Tai. Gemeinsam zwingen sie ihren Direktor zum Seelenstriptease und bringen damit auch ihr eigenes Leben aus den Fugen. Musik spielt eine besondere Rolle in der neuen Serie „Nackt über Berlin“ von Regisseur und Autor Axel Ranisch. Für die Filmmusik begab sich Komponistin Martina Eisenreich auf die Suche nach ungewöhnlichen Klangerlebnissen.

Nackt über Berlin (SWR  ARTE)
Coming-of-Age-Geschichte trifft Thriller: Jannik und Tai sperren ihren sturzbetrunkenen Schuldirektor in seiner Wohnung ein. Doch was als Scherz beginnt, wird bald zum ernsten Machtspiel.

Musik ist ein zentraler Anker für „Nackt über Berlin“

Wo Regisseur Axel Ranisch arbeitet, ist klassische Musik nicht weit. Erst im Juni war im Kino sein Film „Orphea in Love“, eine Liebeserklärung an die Welt der Oper, zu sehen. Jetzt startet am 6. Oktober, eine Woche vor der TV-Ausstrahlung, in der ARD Mediathek die Serie „Nackt über Berlin“. Vorlage ist Ranischs gleichnamiger Roman.

„Bei mir fängt immer alles mit Musik an. Mit Musik kann ich beschreiben, welche Wirkung ich erzielen möchte, welche Temperatur eine Szene hat, welchen Rhythmus, welches Tempo“, verrät Ranisch im Interview. Entsprechend habe Filmkomponistin Martina Eisenreich schon lange vor dem Dreh mit der Komposition der Filmmusik begonnen.

Die Serien-Kritik von Karsten Umlauf

„Wir inspirieren uns gegenseitig. Ich gebe ihr eine Szene, manchmal nur eine poetische Notiz. Daraufhin komponiert sie frei ein Stück Programmmusik, das mich dann wiederum inspiriert und oft auf eine ganz neue Idee bringt. Es kann passieren, dass ich erst durch Martinas Musik einen Zusammenhang begreife oder sich im Schnitt ein neuer Kontext ergibt.“

Für ihre Arbeit an der Musik von „Nackt über Berlin“ hat sich Eisenreich von den großen Komponisten der Vergangenheit inspirieren lassen. Um eine besondere Klangatmosphäre aufzubauen, arbeitete sie mit teilweise sehr ungewöhnlichen Instrumenten. Vier ihrer Kreationen stellt die Komponistin bei uns vor.

Nackt über Berlin (SWR  ARTE)
Filmkomponistin Martina Eisenreich wurde zweimal mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet. In der Serie hat sie auch einen Cameo-Auftritt als Straßenmusikerin.

Ballastsaitentrommel sorgt für heulende Grusel-Atmo

Ein großes Paukenfell und eine Klavierseite, an der ein Ballast hängt. Wenn letzterer angehoben wird, kann man das Paukenfell stufenlos verstimmen. Die Ballastsaite beginnt dadurch zu heulen.

Martina Eisenreich nutzt diesen Effekt vor allem gerne in Thrillern für spannungsreiche oder gruselige Szenen. Auch an denen mangelt es in der Entführergeschichte von „Nackt über Berlin“ nicht.

Kuhglocke im Wassereimer: Scheppernd abgesoffen

Abstürzende Klänge gehören zur musikalischen Untermalung von Filmen einfach dazu. Doch für „Nackt über Berlin“ suchte Martina Eisenreich etwas Authentisches, das sich von Standard-Sounds abhebt.

Fündig wurde sie in der Kuhglockensammlung ihres Partners Wolfgang. Der Klang der Kuhglocken hat etwas skurril-schepperndes. Den abfallenden Soundeffekt erzielte Eisenreich dann, indem sie die schallendne Glocken im Wassereimer versenkte.

Eine Harfe aus Kupferrohren

Ein weiteres Instrument der Marke Eigenbau ist Martina Eisenreichs Kupferharfe. Das Instrument besteht aus Kupferrohren aus dem Baumarkt, die auf verschiedene Längen geschnitten, wie bei einem Xylophon, unterschiedliche Tonhöhen erzielen.

Man spielt die Harfe, indem man die Finger mit Kolophonium (Geigenharz) einreibt und anschließend die Harfe in Schwingung versetzt. Wichtig ist, so Eisenreich, den richtigen Zeitpunkt zu erwischen, um das Kupferrohr wieder loszulassen.

Psycho-Atmosphäre dank Daumenklavier

Beinahe schon klassisch im Gegensatz zu den anderen Instrumenten ist das Daumenklavier, die sogenannte Kalimba oder Mbira. Indem Eisenreich mit einem Metallgegenstand über die Instrumentzungenstrich, entstand ein besonders skurriler Ton.

Diese Idee sei speziell für „Nackt über Berlin“ entstanden, verrät die Komponistin. Sie wolle damit besonders die Absurdität der Situation des in seinen eigenen vier Wänden gefangenen Schulleiters einfangen. Der Sound trage auch zur Psycho-Atmosphäre der Gefangenschaft bei.

„Nackt über Berlin“, ab dem 6. Oktober in der ARD Mediathek

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