Meist geliebt, meist gehasst. Dazwischen gibt es – so könnte man meinen – nichts. Maria Callas fasziniert und polarisiert, zu Lebzeiten und weit darüber hinaus. Am 2. Dezember 2023 würde die Sängerin mit der unverwechselbaren und berührenden Stimme 100 Jahre alt werden. Christoph Vratz mit einem Porträt.
Von Cecilia Sofía Anna María Kalogeropoúlou zur Maria Callas
Maria Callas wird am 2. Dezember 1923 in New York als Cecilia Sofía Anna María Kalogeropoúlou geboren, kurz nachdem ihre Eltern ihre griechische Heimat verlassen haben. In Athen beginnt sie ihre Ausbildung. Ausgerechnet in einer Operette – „Boccaccio“ von Franz von Suppé – sammelt sie 1941 erste Bühnenerfahrungen. Ihr großer Durchbruch gelingt ihr – inzwischen als Maria Callas – in den späten 40er Jahren.
1951 singt sie erstmals die Saison-Eröffnung an der Mailänder Scala und gilt fortan als Königin der Opernwelt. 43 Rollen singt Maria Callas zwischen 1939 und 1965 live auf der Bühne; hinzu kommen weitere Partien, die sie nur im Aufnahmestudio singt, 74 sind es insgesamt.
Primadonna – die Erste von allen
Für ihre Erfolge unterzieht sie sich strengen körperlichen Torturen. Anfangs ist sie eine junge Frau mit ordentlichem Appetit und von daher eine kräftige Erscheinung. Doch sie drillt sich mit Diäten und vielen Auftritten zu einem massiven Gewichtsverlust.
Maria Callas möchte, so sagt sie, der wichtigste Teil eines Klang-Orchesters sein, die Primadonna, die Erste von allen. Ob als Königin Anna Bolena oder als käufliche Violetta oder als Nachtwandlerin Amina: mit ihrer vokalen und schauspielerischen Intensität setzt sie Maßstäbe.
100 Jahre Callas Gesprächsabend zum 100. Geburtstag von Maria Callas
Maria Callas ist bis heute der Inbegriff der Diva, der göttlichen Stimme, über die die Literaturwissenschaftlerin Barbara Vinken und der Musikkritiker Götz Thieme sprechen.
Ihre Stimme macht sie weltbekannt, ihr Privatleben weltberühmt
Ihre Stimme macht sie weltbekannt, aber ihr Privatleben macht sie weltberühmt. Ihre Ehe mit einem italienischen Unternehmer geht in die Brüche, als der griechische Milliardär Aristoteles Onassis sie in den 1959 zu seiner Geliebten macht. Maria Callas wird endgültig nun zur Glamour-Figur, die im Jetset zuhause ist.
Während ihre Stimme leidet, tanzt sie auf den Bällen der Highsociety – bis Onassis sie gnadenlos fallen lässt – für die sechs Jahre jüngere Jackie Kennedy, Witwe des ermordeten US-Präsidenten.
Ein verfrühtes Ende einer beispiellosen Karriere
Jetzt kämpft Maria Callas an mehreren Fronten gleichzeitig: gegen ihre viel zu früh ausgelaugte Stimme, gegen eine Reihe von Managern und Operndirektoren, gegen ein immer kritischeres Publikum und gegen eine gnadenlos bissige Presse.
1964 tritt Maria Callas in London nochmals als „Tosca“ in Giacomo Puccinis gleichnamiger Oper auf. Sie will allen beweisen, dass sie noch singen kann. Ihre darstellerische Kraft und ihr vokales Feuer lodern nochmals auf.
Zahlreiche Gerüchte um den einsamen Tod 1977
Doch immer mehr wird klar: Anspruch und Wirklichkeit, Klischee und Realität liegen weit und weiter auseinander. Der Callas-Stern befindet sich unweigerlich im Sinkflug. Als sie im September 1977 umgeben von Einsamkeit und Tabletten, in Paris stirbt, keimen sogar im engsten Umfeld wilde Gerüchte:
Wurde sie ermordet? Hat sie Selbstmord begangen? Als offizielle Todesursache gilt: Herzinfarkt. Ein Leben wie in der Achterbahn – mit Welterfolgen, Rückschlägen, Triumphen, Rekord-Gagen und Rekord-Skandalen – endet mit nur 53 Jahren.
Weiterleben als Ikone
Erst nach ihrem Tod beginnt sich der Ruhm der Maria Callas wieder ungehindert zu vermehren. Ihre Aufnahmen gelten jetzt als diskographische Wegmarken, junge Sopranistinnen wollen singen wie die Callas; posthum jagen zahllose Biographen nach den letzten schwarzen Löchern in ihrer Vita.
Gedenkmünzen werden geprägt, Straßen, Plätze und sogar Rosen nach ihr benannt. Erst vor wenigen Wochen wurde bekannt: Die US-amerikanische Schauspielerin Angelina Jolie wird die Rolle der „Maria“ in einem Film spielen, Kinostart 2024. Ob dieser Streifen die Faszination der Maria Callas endgültig entschlüsseln kann?
Zum 100. Geburtstag der Maria Callas
Musikgespräch Maria Callas – verschwindet die Sängerin hinter dem Mythos?
Bis heute wird die Welt nicht fertig mit Maria Callas, die wie sonst nur Enrico Caruso für alles steht, was mit Gesang und Oper zu tun hat. Der Musikwissenschaftler Arnold Jacobshagen sieht die Mythosbildung kritisch. So werden heute Legenden verbreitet, während zum Beispiel der Fakt kaum bekannt sei, dass Maria Callas in ihrer frühen Karriere von den Nazis profitiert hat.
100 Jahre Callas Gesprächsabend zum 100. Geburtstag von Maria Callas
Maria Callas ist bis heute der Inbegriff der Diva, der göttlichen Stimme, über die die Literaturwissenschaftlerin Barbara Vinken und der Musikkritiker Götz Thieme sprechen.
Forum Mythos Maria Callas – Was bleibt von der Jahrhundertsängerin?
Gregor Papsch diskutiert mit
Prof. Dr. Arnold Jacobshagen, Callas-Biograf und Musikhistoriker an der Musikhochschule Köln
Bernd Künzig, SWR2 Opernredakteur
Prof. Mareike Morr, Professorin für Gesang an der Hochschule für Musik Freiburg
100 Jahre Maria Callas Maria Callas – was sie zur unsterblichen Ikone macht
Als Sängerin gilt Maria Callas bis heute als unerreicht. Doch sie war viel mehr als das: Diva, High-Society-Promi und tragische Figur. Bis heute strahlt ihre Aura auch auf Bereiche außerhalb der Oper über: Sie begegnet uns im Film, als Streetart, in Romanen oder als Hologramm auf der Bühne. Was macht Maria Callas, die vor 100 Jahren geboren wurde, bis heute zur Ikone?
Maria Callas in der ARD-Mediathek
Romane über Maria Callas
Buch-Tipp „Die Diva“ – Liebesroman über die Opernlegende Maria Callas
Im neuen Roman „Die Diva. Maria Callas - die größte Sängerin ihrer Zeit und das Drama ihrer Liebe“ der deutschen Autorin Michelle Marly steht weniger die Sängerin als die Privatperson Maria Callas im Mittelpunkt. Auch abseits vom Rampenlicht führte sie ein bewegtes Leben.
Musikmarkt: Buch-Rezension Eva Baronsky: Die Stimme meiner Mutter – Roman über das Leben der Maria Callas
Maria Callas ist 1977 nach einem Leben mit viel Glamour und Elend im Alter von nur 53 Jahren in Paris verstorben. Und wie bei allen zur Ikone gewordenen Frauen gibt es über das Leben der legendären Opernsängerin viele Bücher und Filme. Jetzt soll ein großer Roman „dem Menschen hinter der Maske Maria Callas zum ersten Mal gerecht werden“ und ihre wahre Seele zeigen. Dorothea Hußlein hat ihn gelesen.