Christoph Vratz, in Mönchengladbach geboren, in Köln lebend, hat sich nach seinem Studium auf das Terrain einer freiberuflich-musikjournalistischen Tätigkeit gewagt. Zunächst schreibend für die „Rheinische Post“ und Printmedien wie „Opernwelt“ und „Fono Forum“, folgten im Jahr 2000 die ersten eigenen Versuche im Radio. Seither als Autor, Moderator, Juror für Zeitschriften, Rundfunk und Konzerthäuser unterwegs, sowie Mitglied beim „Preis der deutschen Schallplattenkritik“.
Wie kam die Klassik in ihr Leben?
Pränatal. Sagt zumindest meine Mutter, weil ich in ihrem Bauch gestrampelt habe, wenn sonntags die Orgel spielte. Postnatal war Musik im Radio ein Grundnahrungsmittel. Samstags liefen zur besten Bundesliga-Zeit parallel die „Interpretenporträts“ im WDR, die auf Kassette mitgeschnitten wurden. Und seit dem Jahr meiner Geburt – seltsamer Zufall – hatte mein Vater das „Fono Forum“ abonniert. Irgendwann war ich alt und neugierig genug, um da reinzuschauen. Irgendwann wollte ich die dort abgebildeten Köpfe auch mal live erleben.
Was muss eine Aufnahme mitbringen, damit Sie sie auf die sprichwörtliche einsame Insel mitnehmen?
Sie muss berühren, packen, aufrütteln, verzücken, vom ersten Takt an. Sie sollte Schnappatmung auslösen. Und sie darf auch nach zwei- und dreimaligem Hören nichts von Ihrer Erst-Wirkung einbüßen. Im Idealfall bleibt zusätzlich eine Erinnerung haften, wann und wo ich diese Aufnahme erstmals in Händen hielt. Dann wird’s obendrein nostalgisch.
Was ist ihr hartnäckigster Ohrwurm und warum?
Glücklicherweise kommen Ohrwürmer in immer anderem Gewand. Sie wechseln und haben unterschiedlich lange Haltbarkeitswerte. Zum Glück. Mal für ein bis zwei Tage immer wieder auflauernd und wiederkehrend, mal als innere Dauerschleife während mehrerer Stunden auf dem Rad.
Nach welcher Musik können Sie nicht schlafen?
Bei Musik mit großen Unterschieden in der Lautstärke. Umgekehrt wird für mich eher ein Schuh draus: Mit Musik von Bach lässt sich wunderbar einschlafen. Beruhigt und entzieht dem Hirn alle lästigen Grübeleien. Erdet und bringt himmlischen Schlaf ganz irdisch näher.
Mit welcher musikalischen Persönlichkeit würden sie gern mal Essen gehen?
Am liebsten mit allen. Auch mit den längst Verstorbenen.
Was würden Sie sie fragen?
Nur kein Vorab-Plan. Nur kein Katalog mit Fragen. Hin-Hören, Zu-Hören – dann ergibt sich alles von selbst.
Welches war Ihre musikalisch aufregendste Begegnung?
Die aufregendste Zeit war als frischer Abiturient. Damals habe ich namhafte Persönlichkeiten, darunter etliche Musiker, angeschrieben, was sie jungen Menschen an klugen Ratschlägen mit auf den weiteren Lebensweg geben würden. „Auch kleine Dinge können uns entzücken“, war das Motto. Und fast täglich flatterte Post in den Kasten, von August Everding bis Hans-Dietrich Genscher, von Elisabeth Schwarzkopf bis Günter Wand (handschriftlich!), von Abbado bis – ja! – Carlos Kleiber. Aufregend!
Adagio - presto - espressivo - furioso: welche musikalische Bezeichnung entspricht Ihnen am meisten?
Sinfonisch gedacht: Andante cantabile – Allegro con brio / Gesangvoll, mit innigster Empfindung / Scherzo: Vivacissamente / Feierlich, nicht zu schnell