In Deutschlands Hochschullandschaft steht es nicht gut um die Alte Musik: Die Hochschule in Weimar schließt ihr Institut für Alte Musik. Doch wie sieht es an Hochschulen im Südwesten? Eine Bestandsaufnahme an der Freiburger Hochschule für Musik.
Studienfach Historische Aufführungspraxis nur an wenigen Hochschulen in Deutschland
Die Hochschule für Musik in Freiburg am frühen Vormittag: In dem lichtdurchfluteten Gebäude herrscht reger Betrieb. Studierende eilen mit ihren Instrumenten durch die Flure, aus dem Proberaum klingt ein Cembalo. Hier im Breisgau liegt eine der wenigen Hochschulen Deutschlands, an denen Studierende den Master „Historische Aufführungspraxis“ erlernen können.
Der Chembalist Jean-Christophe Dijoux hat in Freiburg studiert. Nach seinem Studium und einigen freiberuflichen Stationen kam er 2020 zurück an die Dreisam. Seitdem ist der Franzose der Leiter des Instituts für historische Aufführungspraxis.
Sein Kollege Gottfried von der Goltz leitet das Freiburger Barockorchester und ist bereits seit 2004 Professor an der Hochschule. „Wir sind ein kleines Institut, muss man sagen“, erklärt von der Goltz. „Wir bieten in den Streichinstrumenten nur den Aufbau-Studiengang an, wir bilden also keine Bachelor aus.“
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Kein gutes Zeichen für die Alte Musik in Deutschland
Der ohnehin kleine Zweig der Historischen Musik ist im deutschen Musikbetrieb übermäßig häufig von Mittelkürzungen betroffen. Anfang Juli 2024 gab die Hochschule für Musik Franz Liszt in Weimar bekannt, das dortige Institut für Alte Musik zu schließen.
Schade, findet Jean-Christophe Dijoux, gerade wegen der Symbolkraft Weimars: Es sei wirklich kein gutes Zeichen für die Alte Musik in Deutschland, vor allem in der Bach-Stadt Weimar. Die Alte Musik müsse hier nun weichen, um Platz für moderne und wichtige Studienfächer wie Digitalisierung zu machen. Er fände es schade, wenn Themenbereiche wie Alte Musik jungen Studierenden nicht mehr nähergebracht würden.
Das Institut habe sich gut entwickelt, findet auch Gottfried von der Goltz, betont aber die internationale Konkurrenz: „Wir stehen ja im Wettbewerb mit den anderen europäischen Ländern. Holland hat zum Beispiel ein sehr gutes Netzwerk und renommierte Hochschulen in Den Haag und Amsterdam, Frankreich auch und in der Schweiz gibt es in Basel ein sehr renommiertes Institut für historische Aufführungspraxis. Da müssen wir einfach sehen, dass wir Schritt halten.“
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