Donaueschinger Musiktage 2017 | Werkbeschreibung

Werke des Jahres 2017: "Têtes"

Stand
Autor/in
Misato Mochizuki

Têtes ist ein Werk, das auf die japanische Tradition des Rakugo zurückgeht. Es ist ein eher komisches literarisch-linguistisches Bühnenstück, das bis ins 17. Jahrhundert zurückreicht und in minimalistischem Rahmen mit einem Erzähler und einigen Requisiten operiert. Der Erzähler erzählt eine kurze Geschichte und spielt sämtliche Rollen der handelnden Personen selbst. Für unser Projekt szenischer Poesie habe ich Dominique Quélen gebeten, zum einen Geschichten, inspiriert von den traditionellen japanischen Erzählungen Lafcadio Hearns in Kwaidan – oder Geschichte und Erforschung merkwürdiger Dinge, zu schreiben, zum anderen eigene Geschichten zu erfinden zum übergreifenden Thema "Kopf".

In den meisten Kulturen bestanden – oder bestehen noch immer – Exekutionen im Abtrennen des Kopfes vom Körper (in Frankreich die Guillotine, in Japan Harakiri-Köpfungen, oder – in unserer Zeit – Geiselenthauptungen durch Anhänger der Terrormiliz Islamischer Staat). Das Erschreckende dieser Aktionen ist – nebst der Tatsache, dass diesen Menschen das Leben genommen wird –, dass gewissermaßen auch deren Identität vernichtet wird. Gesicht und Gehirn sind das Außen und das Innen der Persönlichkeit, das, was uns einzigartig macht.

In diesen Geschichten wird es um Wesen gehen, die den Kopf verlieren (im wörtlichen wie im übertragenen Sinn), oder die Köpfe hinzugewinnen; Wesen, die nur aus Kopf bestehen, andere, deren Gesicht ausgelöscht ist, und wieder andere, die sich multiplizieren. Jede dieser Geschichten stellt auf ihre Art Fragen nach unserer eigenen Identität, unserer Unterschiedlichkeit, und evoziert mitunter bioethische Konflikte, die mit der Technologie von Robotern oder dem Klonen in Zusammenhang stehen.

Têtes is a work based on the Japanese tradition of rakugo. This is a generally comic literary-linguistic stage genre extending back to the 17th century, operating inside a minimalistic framework with only a narrator and a few stage props. The narrator tells a brief story, acting out all the character roles themselves. For our project with staged poetry I asked Dominique Quélen both to write stories based on the traditional Japanese tales from Lafcadio Hearn's Kwaidan: Studies and Stories of Strange Things and to invent new stories on the general topic of the head.

In most cultures, executions consisted – or still consist – in severing the head from the body (in France the guillotine, in Japan beheadings as part of seppuku, or, in our time, decapitations by members of the terror Militia Islamic State). What makes these actions shocking, aside from the fact that the lives of these people are taken, is that, in a sense, their identities are also destroyed. The face and brain are respectively the outside and inside of the personality, the thing that makes us unique.

These stories will deal with creatures that lose their heads (both in the literal and the metaphorical sense) or gain additional ones; creatures that consist only of a head, others whose face has been wiped out, and others still that multiply. Each of these stories, in its own way, asks questions about our own identities, the differences between us, and at times evokes bioethical conflicts connected to technologies such as robots or cloning.

"Têtes" von Misato Mochizuki für Rezitator und Ensemble (Libretto: Dominique Quélen nach Texten von Lafcadio Hearn) Uraufführung, Kompositionsauftrag des SWR

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Autor/in
Misato Mochizuki