„Mitmachen!“ war die Leitidee des jungen Festivals, das vom 4. bis zum 6. Februar im Baden-Badener Festspielhaus stattfand. SWR2 war an den ersten beiden Tagen live vor Ort und hat sich bei Konzerten, Workshops und Shows für Sie umgeschaut.
Das war der Liveblog vom #Takeover22
Takeover soll keine einmalige Geschichte bleiben: Das Festival soll wachsen, immer größer werden und hoffentlich 2023 ohne pandemiebedingte Einschränkungen stattfinden. Das Festspielhaus will mit Takeover jungen Menschen einen Ort bieten zum Ausprobieren, Mitgestalten, Tanzen und Musik hören. Denn Kultur ist keine Frage des Alters!
Zwei bunte und ereignisreiche Tage bei der ersten Ausgabe des Takeover Festivals sind Geschichte – damit findet auch unser Live-Blog ein Ende. Wir bedanken uns fürs Mitlesen und sagen schon jetzt: Bis nächstes Jahr!
In den kommenden Tagen gibt es hier eine ausführliche Nachberichtserstattung zum Festival.
Volles Haus im Festspielhaus bei Dominik Eulberg
Im Foyer füllte es sich immer mehr, als Dominik Eulberg sein Live-Set zu spielen begann. Neben der Musik, die durch Vogelstimmen vom Waldspaziergangsworkshop inspiriert ist, wurde der Auftritt durch Visuals von VJ Julius Greger unterstützt: Eine bildliche Untermalung der Musik, natürlich passend mit Vogel- und Naturaufnahmen.
Je lauter der Bass wurde, je mehr Leute ins Foyer strömten, umso mehr war zu spüren, wie sehr die Anwesenden das Tanzen in den Clubs vermissen.
Samba und ein Schwein: Das Uppercut Dance Theatre nimmt die Leute für sich ein
Die exakt einstündige Show „Samba“ des Ensembles aus Dänemark fand genau dort statt, wo noch am Vormittag die Festival-Besucher*innen im Workshop tanzten und experimentierten. Rund um die Arena herum saßen die Zuschauer*innen also viel näher am Geschehen, als dies auf einer klassischen Bühne möglich wäre.
Die Show der Profis war genau wie der Workshop mit vielen unterschiedlichen Tanzstilen bestückt: von Breakdance, Capoeira, Trommel-Elementen bis hin zu Klaviereinlagen. Inhaltlich drehte sich alles um ein Schwein, sichtbar gemacht durch eine Schweine-Maske, die immer weitergegeben wurde. Jedes Mitglied des Ensembles war während der Show einmal das Schwein.
In einer kurzen Ansprache wurden außerdem Fakten über das Schwein erzählt. Ein Beispiel: Die Augen eines Schweins sind so ausgerichtet, dass es niemals in den Himmel blicken kann. Ganz schön traurig eigentlich. Der Auftritt des Uppercut Dance Theatres jedenfalls endete in einer gigantischen Schlammschlacht, wie es sich jedes Schwein nur erträumen könnte. Standing Ovations vom Festivalpublikum!
Die 1:1 Concerts wollen einen solidarischen Beitrag zum Erhalt der Kulturlandschaft beitragen
Mit den 1:1 Concerts sollen künstlerische Kraftorte geschaffen werden. Außerdem sollen mit den Konzerten während der Corona-Krise Künstler*innen unterstützt werden, die durch die coronabedingte Absage aller Aufführungen ihre Einkünfte verloren haben und existentiell bedroht sind.
Wer sich für das Projekt interessiert oder für den guten Zweck spenden möchte, kann sich auf der Website informieren.
Puppen lebendig machen: Workshop mit Dundu
Damit die Bewegungen einer Dundu-Puppe geschmeidig sind und die Abläufe der Fortbewegung eines Menschen gleichen, braucht es jede Menge Teamarbeit. Fünf Puppenspieler*innen steuern eine einzige Puppe und jede*r trägt seinen Teil zum Gelingen der Bewegung bei.
Bei einem Workshop mit den Puppenspielern von Dundu konnten die Besucher*innen des Takeover Festivals selbst Hand anlegen und mit viel Ruhe und Achtsamkeit versuchen, einer Puppe Leben einzuhauchen. Es zeigt sich: Das ist gar nicht so einfach, wie es oberflächlich betrachtet aussehen mag.
Ein Zwischenfazit vom Takeover Festival
Auch im Radio wird über das Takeover Festival berichtet. Christian Batzlen berichtet von seinen Erfahrungen vom ersten Festivaltag:
Ein Kontrabass in einem Weinkeller – 1:1 Concert mit Arvid Christoph Dorn
Bei den Weinhelden, unweit des Festspielhauses, findet sich eine weitere Location für die 1:1 Concerts. Es macht Spaß, auch in der Stadt Spielorte des Festivals zu entdecken, außerdem schwingt so in ganz Baden-Baden zumindest ein bisschen Festivalstimmung mit. Ob in einem Schuhgeschäft wie Vickermann & Stoya oder in einer Wein-Boutique: für Musik ist überall Platz.
Arvid Christoph Dorn spielt im Gegensatz zu Margaret MacDuffie nicht für alle Gäste das gleiche Stück – er entscheidet beim Blickkontakt, welches Stück für seinen Gast das richtige ist. Er schätzt den Spannungaufbau beim Blickkontakt und sieht diesen auch als essenziell für das Gelingen des Formats an: Die Musik, die er in die Spannung hineinspielt, wird durch das vollkommene Abtauchen aus dem Alltag viel stärker empfunden, so Dorn.
Wie genau Dorn seine Stücke auswählt, das ist immer unterschiedlich: Es ist eine Mischung aus Bauchgefühl und den Blicken seines Gastes. Manchmal sagen ihm die Blicke sehr viel und er weiß direkt, was zu tun ist. Ein anderes Mal tappt er im Dunkeln und hofft, dennoch das Innere seines Publikums erreichen zu können.
Piiiep: Nach dem Spaziergang folgt die Produktion
Der Waldspaziergang von und mit Dominik Eulberg hat sich wieder im Festspielhaus eingefunden. Doch an Feierabend ist noch nicht zu denken: Die Sounds müssen für den Auftritt vorbereitet werden.
Workshop-Teilnehmer Freddi versucht, sich in eine Amsel hineinzuversetzen und spielt sie am Keyboard nach. Die Schwierigkeit dabei liegt darin, den Sound des Vogels in den passenden Ton zu übersetzen. Es gibt beispielsweise „Technovögel“ wie den Wachtelkönig, die haben nur zwei Noten – ein B und ein C.
1:1 Concert mit Margaret MacDuffie vom SWR Symphonieorchester
Social Media Redakteurin Jennifer Düing kam heute Nachmittag in einen ganz besonderen Genuss: 10 Minunten lang musizierte nur für sie allein die Violinistin Margaret MacDuffie.
Das Prozedere der 1:1 Concerts ist während der Corona-Krise im Jahr 2020 entstanden. An große Orchesterkonzerte war nicht zu denken, Musiker*innen wie Musikbegeisterte waren gleichermaßen ausgehungert. Angepasst an die Kontaktbeschränkungen wurde ein Konzert also auf das Mindestmaß heruntergekürzt: Eine Person am Instrument, eine Person zum Zuschauen. Keine Worte, nur Blickkontakt für ein zehnminütiges Konzerterlebnis, das an Intimität kaum zu überbieten ist.
Margaret MacDuffie spielte heute ein Stück von Heinrich Ignatz Franz von Biber aus 1680: Das weitläufig als „Schutzengel-Sonate“ bekannte Stück für Solo-Geige ist die 16. Sonate der Mysteriensonaten. In ihrem Repertoire hat MacDuffie das Stück seit 1991, doch sie sagt, dass sich ihre Spielweise des Stücks mit den Jahren immer weiter verändert hat. Vor einem Jahr hätte sie es noch ganz anders gespielt als heute.
Sie als Musikerin schätzt das Format 1:1 ungemein, da sie sich am Instrument besonders gefordert sieht: Sie hat kein großes Orchester um sich herum und die Augen des (sehr kleinen) Publikums sind nur auf sie und ihre Leistung gerichtet. Das macht das Erlebnis für sie als Musikerin sehr intensiv und ergreifend – ein Eindruck, den auch Jennifer Düing teilt.
Eulberg Workshop: Die Vögel lassen auf sich warten
Jeder Mensch hat ein schier unbegrenztes Entertainmentsystem um sich herum: Die Natur. Diesen Ansatz vertritt DJ und Vogelkundler Dominik Eulberg, der mit rund 50 Takeover-Teilnehmer*innen zu einem Waldspaziergang aufgebrochen ist. Eigentlich wollte er Vogelstimmen für seine Show am Abend einsammeln, doch das stellte sich im Wald um Baden-Baden schnell als sehr schwieriges Unterfangen heraus.
Neben zahlreichen Informationen rund um die Vogelwelt sollte das Sammeln der Geräusche im Vordergrund stehen. Zwar konnte die Workshop-Gruppe Blaumeisen und Erlenzeisige hören, allerdings gelang es nicht, die Sounds auch mit dem Aufnahmegerät zu sichern. Aber keine Sorge, die Show am Abend ist dadurch nicht in Gefahr: Weil Dominik Eulberg weiß, dass so etwas passieren kann, hat er vorsorglicherweise zahlreiche Vogelstimmen mitgebracht.