Musikerin Soffie hat DEN Protestsong der Demos gegen rechts 2024 geschrieben. Dabei war das gar nicht so gedacht. Wie kam es dazu, und was treibt die 24-Jährige sonst noch an?
Einen viralen Hit landen und von Millionen Menschen gehört werden – ein Traum für viele Musikschaffende. Für Studentin Soffie aus Mannheim ist das genau so passiert.
Angefangen hat alles mit einer 35 Sekunden langen Demoversion ihres Songs „Für immer Frühling“, die sie am 8. Januar bei TikTok hochgeladen hat. Inzwischen wurde das Video über vier Millionen mal angeschaut, das Lied läuft im Radio sowie auf Demonstrationen gegen rechts in ganz Deutschland.
Mit diesem TikTok-Songschnipsel fing alles an:
Darum geht es in „Für immer Frühling“
In dem Indie-Pop-Song „Für immer Frühling“ besingt Soffie eine Utopie, in der niemand hungern muss und alle Menschen willkommen sind. In einer Zeit, in der jede Woche Tausende Menschen auf die Straßen gehen, um gegen Rechtsextremismus zu demonstrieren, trifft Soffie offensichtlich einen Nerv. Demo-Teilnehmende singen den Song, schreiben ihn auf Pappschilder und nutzen ihn für ihre eigenen Videos von Demonstrationen.
Warum „Für immer Frühling“ eigentlich kein Protestsong war
Auch wenn Soffie Wut als wichtige Partnerin für ihr künstlerisches Schaffen nennt – ein klassischer Protestsong sollte das Lied nicht werden. Doch zwei Tage nachdem die Kurzversion von „Für immer Frühling“ hochgeladen wurde, veröffentlicht das Portal „Correctiv“ Recherchen über ein Geheimtreffen von Rechtsextremen unter Beteiligung von AfD-Politikern und löst damit deutschlandweit Proteste gegen rechts aus.
Soffies Song ist also schon früher entstanden und nicht als Reaktion darauf gedacht gewesen. Dem WDR sagt sie: „Es gab keine wirkliche Intention für den Song. Ich habe einfach geschrieben, was ich gefühlt habe.“ Damit spricht sie offenbar vielen Menschen aus der Seele.
Soffie stellt sich gegen Hass und Hetze
Soffie tritt dann aber auch selbst bei Kundgebungen auf, wie vor 25.000 Menschen in Mannheim, wo sie an der Popakademie im Master Popular Music studiert. Auch ihr Musikvideo mit der fertig komponierten Version dreht sie auf einer Demonstration.
Soffie tritt bei einer Kundgebung in Mannheim auf:
Ihre Fans feiern Soffie dafür, doch für das Engagement bekommt sie auf Social Media auch Hasskommentare. Davon lässt die Musikerin sich aber nicht einschüchtern und will weiter ihren Weg gehen.
Von Backnang über Berlin nach Mannheim: Soffies Wurzeln
Ursprünglich stammt Soffie aus Backnang in der Nähe von Stuttgart. Später hat sie in Tübingen Amerikanistik studiert und ein Jahr in Berlin gelebt, bis sie die Zusage für das Master-Studium an der Popakademie in Mannheim bekommen hat. „Ich habe früh angefangen, Klavier zu spielen und zu singen. Da war ich vielleicht gerade mal fünf. Den größten Einfluss darauf hatte das Klavier meiner Mama, das bei uns im Wohnzimmer stand“, erklärt Soffie auf der Künstlerplattform MusicHub.
Der plötzliche Hype mit Coverversionen, Medienanfragen und immer mehr Streams auf allen Plattformen traf sie selbst völlig unvorbereitet. Als sie eine Million Views mit ihrer akustischen Kurzversion erreicht, postet sie überglücklich ein Video von einem Anruf bei ihrer Mama, die sich im feinsten Schwäbisch herzlich mit ihr freut.
Woher kommt der Künstlername Soffie?
Eigentlich heißt sie Sofie Aspacher – die zwei f-s in ihrem Künstlernamen Soffie erklärt sie auf MusicHub so: „ff wie fortissimo, weil, ich war schon immer viel zu laut“. Ausgesprochen wird er aber ganz normal wie Sofie.
Dass Soffie auf Deutsch singt, war nicht immer so, wie sie im Interview mit SWR Kultur erzählt: „Ich habe einfach, ohne das wirklich zu hinterfragen, angefangen, englische Texte zu schreiben und dann irgendwann bemerkt: Hey, eigentlich fühle ich mich emotional viel verbundener zu Deutsch.“
Der erste Song in ihrer Muttersprache ist dann „Rosenkohl“ – in dem es darum geht, nie wirklich zuhause zu sein und sich nirgends zugehörig zu fühlen. Zunächst wollte sie noch sprachlich zweigleisig fahren, „aber je länger ich das gemacht habe, desto mehr wurde mir so klar: Ne, Ich bleibe bei Deutsch. Das ist meine Heimat“, sagt Soffie.
Dafür engagiert sich Soffie noch
Musikalisch steht Soffie für deutschen Indie-Pop mit elektronischen Einflüssen. Und auch sonst hat sie ein klares Programm: „Mir ist es wichtig, als Frau in dieser Branche ein Zeichen zu setzen und Platz in Playlisten und Line-Ups einzunehmen, denn die ungleichen Verhältnisse für FLINTA* in der Musik kotzen mich schon immer an“, beschreibt sie sich bei MusicHub.
So geht es weiter bei Soffie
Ihre Fans feiern Soffie für ihre Musik und ihr Engagement gegen rechts. Von Hasskommentaren auf Social Media lässt sie sich nicht einschüchtern und zeigt sich selbstbewusst. Ihr Konzert am 29. Februar in Berlin war innerhalb von zwei Tagen ausverkauft. Auch Musiklabels sind wohl schon interessiert.
Jetzt will die Musikerin erst einmal viele neue Lieder schreiben und produzieren. 2024 sollen mindestens fünf neue Songs kommen, außerdem arbeitet sie an Merchandise-Artikeln, einer eigenen Tour, Support-Shows und Features.
Geht es nach ihren Fans auf TikTok soll es Zusammenarbeiten mit Bands wie AnnenMayKantereit oder dem Musiker Alligatoah geben. Soffie scheint offen dafür und antwortet in einem Kommentar: „Sagt ihm Bescheid“.
Wann kommt die Akustikversion von „Für immer Frühling“?
Als nächstes veröffentlicht Soffie am 16. Februar erst einmal die von vielen Fans herbeigesehnte Akustikversion von „Für immer Frühling“ aus dem viralen 35-Sekunden-Clip von TikTok.
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