Auf YouTube wurde er zum Star, mit „Roller“ brach er sämtliche Rekorde und ohne Sonnenbrille bekommt man ihn nie zu Gesicht: 5 Songs, die den Ludwigshafener Rapper Apache 207 und seine Geschichte beschreiben.
„Famous“: Von der Gartenstadt ins ganze Land
Es ist 2019, ein langhaariger Hüne mit Sonnenbrille läuft im Video zu „Famous“ durch sein Viertel im Ludwigshafener Bezirk Gartenstadt. Seit ein paar Monaten ist Apache 207 der neue Stern am deutschen Raphimmel: Zumindest auf YouTube. Seine selbstgedrehten Musikvideos werden millionenfach geklickt und das ganz ohne Plattenlabel.
Dabei immer im Fokus: Der soziale Brennpunkt, in dem Apache, der bürgerlich Volkan Yaman heißt, aufgewachsen ist. Apache kommt aus armen Verhältnissen, der Vater verlässt die Familie schon früh, die Vorzeichen sind schlecht. Doch Yaman macht sein Abitur und versucht, sich von schlechten Einflüssen fernzuhalten. Er will Musiker werden und hat dafür die Unterstützung des gesamten Viertels.
Apache 207 bricht in seiner Musik von Anfang an mit den Klischees, die Deutschrap bis dato ausgezeichnet haben: Er kombiniert in seinen Songs die verschiedensten Genres mit Deutschrap und weicht bislang bestehende Grenzen auf. Er ist erfrischend anders, hebt sich mit seinen eingängigen 80er Beats von der Masse ab und spricht Menschen an, die bislang eher wenig Berührungspunkte mit Deutschrap hatten.
„Roller“: Mit Brumm-Brumm an die Spitze der deutschen Charts
Nach dem YouTube-Steilstart ringen die großen und kleinen Plattenfirmen miteinander, wer das vielversprechende Talent Apache 207 unter Vertrag nehmen darf. Apache unterschreibt schließlich bei TwoSides, dem Rap-Label des Deutschrappers Bausa und sein erstes Album „Treppenhaus“ (2020) wird zu einem Ausnahmeerfolg.
Es ist vor allem der Song „Roller“, der Apache 207 vom Internetphänomen zum Star macht. Der Eurodance-angehauchte Hit handelt von Authenzität im heuchlerischen Rap-Geschäft: Wenn die anderen mit dem fetten Mercedes vorfahren, kommt Apache eben mit dem Roller – ein Ohrwurm ist geboren, der Diamantstatus erreicht und bis heute fast 2 Millionen Mal verkauft wurde. Die Selbstironie des Rappers wird zu seinem zentralen Merkmal.
Mit „Roller“ bricht Apache außerdem einen Dauerbrenner-Rekord, den für viele Jahre „Last Christmas“ innehatte: Seit 2023 ist „Roller“ der am längsten vertretene Song in den deutschen Single-Charts. Außerdem wurde „Roller“ in Deutschland über 350 Millionen Mal auf Spotify gestreamt – auch hier Höchstwert.
Mit seinem modernen Sound hievt Apache den oftmals negativ konnotierten Deutschrap endgültig in den Mainstream.
„Fame“: Apache 207 zwischen Erfolg und Privatsphäre
Der Erfolg von Apache 207 scheint nach Songs wie „200km/h“ und „Roller“ keine Grenzen zu kennen. Doch es gibt einen Hemmschuh: Die Corona-Pandemie. Sein Debütalbum erscheint in der Hochphase der Pandemie, Apache steht an der Spitze seines bisherigen Erfolges und kann dennoch kein einziges Solo-Live-Konzert spielen.
Zwar verkauft Apache 207 aus dem Stegreif zigtausende Tickets für die größten Arenen Deutschlands, doch die Shows müssen immer wieder aufs Neue verschoben werden. Erst 2022 kann der Ludwigshafener seine Deutschland-Tour aufnehmen, im Rahmen derer er gleich zweimal die Mannheimer SAP-Arena füllt.
Doch eigentlich will Apache gar kein großer Popstar sein: Der Rapper legt höchsten Wert auf Privatsphäre. Ohne Sonnenbrille sieht man ihn nie und auch intime Details bleiben verborgen. Lange Zeit gibt er keinerlei Interviews, autorisiert keine Pressebilder und bleibt eine Blackbox für die Journalist*innen des Landes. Wenn man etwas über den Rapper erfährt, dann nur aus seinen teils tiefgründigen Songtexten.
Immer wieder thematisiert er in seinen Texten die Tücken des oberflächlichen Musikgeschäfts – das vielfach in Lyrics verwendete „Apache bleibt gleich“ ist nicht nur scherzhafter Ausruf, sondern auch eine Mahnung an sich selbst, die Bodenhaftung nicht zu verlieren und die eigenen Wurzeln nicht zu vergessen.
„2sadtodisco“: Nach dem Aufstieg folgt der Fall?
Eine alte Weisheit aus dem Musikgeschäft lautet: Das zweite Album ist immer das schwerste. Das musste auch Apache 207 am eigenen Leib erfahren, als er nach einer monatelangen Promo-Phase für sein zweites Studioalbum „2sad2disco“ einen Dämpfer kassierte. Bei weitem konnte das Zweitlingswerk nicht an die Erfolge des Debüts anknüpfen.
Sichtbar ist dieser Misserfolg in der 2022 erschienenen Doku, die nach seinem Leitspruch „Apache bleibt gleich“ benannt ist. Hier gibt Apache erstmals selbst Interviews und tiefe Einblicke in sein Innenleben. Es zeichnet das Bild eines bedrückten Künstlers, dessen harte Arbeit sich nicht ausgezahlt hat und der immer mit sich selbst im Zweifel steht.
Apache 207 zeigt sich in der Doku nicht als aufgeblasener Gangsterrapper, sondern als überraschend eloquenter und reflektierter Mann, der für seine Musik brennt und viel harte Arbeit in das Projekt investiert. Dass „2sad2disco“ für seine Verhältnisse floppt, trifft ihn hart.
„Komet“ mit Udo Lindenberg
Doch Apache 207 grämt sich nicht lange, sondern macht einfach weiter. Anfang 2023 erscheint dann ein Song, der für den jungen Ludwigshafener noch einmal alles verändern soll: „Komet“ mit Rocklegende Udo Lindenberg, ein Statement für die Verbindung von Deutschrock und Hip-Hop.
Wie passt das zusammen? Es war tatsächlich Lindenberg, der die Initialzündung für den gemeinsamen Song lieferte: Nachdem er Apache 207 bei einem Konzert kennenlernte und begeistert vom Musiker war, nahmen die Dinge ihren Lauf. „Komet“ steht 12 Wochen lang an der Spitze der deutschen Charts und wird zur erfolgreichsten Single des bisherigen Jahrtausends in Deutschland – die erste Nummer Eins für Lindenberg überhaupt!
„Ein Fußabdruck, der Generationen und Genres verbindet“, so beschreibt Apache 207 den Song. Er würde genausogut auf seine Karriere passen.
Serie „Almost Fly": TV-Serie über die frühen Tage des Hip-Hop in Deutschland
Deutsch-Rap ist heute so erfolgreich, dass Hip-Hop-Künstler wie Apache 207 oder Capital Bra vor Selbstbewusstsein kaum gehen können.Ganz anders zu Beginn der 1990er Jahre, als Die Fantastischen Vier und Absolute Beginner zum ersten Mal in den Charts auftauchten. Die sechsteilige Serie „Almost Fly“ erzählt von Jugendlichen in dem Örtchen Eichwald, irgendwo in der deutschen Provinz. Schwarze Breakbeats und Graffiti sind hier ungefähr genauso exotisch wie die ersten DDR-Bürger, die nach dem Mauerfall zur Jobsuche kommen. Und doch verbindet sich alles zu einem wundersam erfolgreichen Mix.