Der ukrainische Schriftsteller, Übersetzer und Musiker Serhij Zhadan erhält den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2022. Das gab der Stiftungsrat am 27. Juni in Frankfurt am Main bekannt. Der ukrainische Schriftsteller und Musiker werde für sein herausragendes künstlerisches Werk sowie für seine humanitäre Haltung, mit der er sich den Menschen im Krieg zuwende und ihnen unter Einsatz seines Lebens helfe, geehrt, so die Jurybegründung.
Serhij Zhadan erkundet die Lebenswelt in der Ukraine
Serhij Zhadan, geboren am 23. August 1974 in Starobilsk im Gebiet Luhansk in der damaligen Sowjetrepublik Ukraine, ist Schriftsteller, Übersetzer und Musiker. Er zählt zu den wichtigsten und bekanntesten Stimmen der ukrainischen Gegenwartsliteratur.
Sein literarisches Werk setzt sich aus Romanen, Gedichten, Erzählungen, Reportagen und Essays zusammen und widmet sich insbesondere der Zeit nach dem Zerfall der Sowjetunion sowie dem seit 2014 in der Ukraine herrschenden Krieg.
Eindringliche und differenzierte Sprache
In seinen Romanen, Essays, Gedichten und Songtexten führe Serhij Zhadan in eine Welt, die große Umbrüche erfahren hat und zugleich von der Tradition lebe, begründet die Jury ihre Entscheidung. Seine Texte erzählten, wie Krieg und Zerstörung in diese Welt einziehen und die Menschen erschütterten. Dabei finde der Schriftsteller eine eigene Sprache, die uns eindringlich und differenziert vor Augen führe, was viele lange nicht hätten sehen wollen, so die Jury weiter.
Ein internationaler Friedenspreis
Mit dem seit 1950 verliehenen Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ehrt der Börsenverein des Deutschen Buchhandels Persönlichkeiten, „die in hervorragendem Maße vornehmlich durch ihre Tätigkeit auf den Gebieten der Literatur, Wissenschaft und Kunst zur Verwirklichung des Friedensgedankens“ beitragen. Der Preis ist mit 25.000 Euro dotiert und wird anlässlich der Frankfurter Buchmesse am 23.10.22 in der Frankfurter Paulskirche verliehen.
Mit den von ihm und den Preisträger*innen ausgelösten Debatten und Diskussionen zählt er zu den wichtigsten Kulturpreisen des Landes. 2021 ging der Preis an die simbabwische Schriftstellerin und Filmemacherin Tsitsi Dangarembga.
Serhij Zhadan und die ukrainische Literaturszene
Reportage Die Literaturszene in der Ukraine
Am 24. August 2021 feierte die Ukraine 30 Jahre Unabhängigkeit. Der junge Staat hat eine aufregende Literaturszene. Besonders ukrainische Autorinnen bekommen hierzulande immer mehr Aufmerksamkeit. Ihre Texte handeln von der wechselvollen Geschichte ihres Landes, aber auch vom aktuellen Krieg.
Reportage von Christiane Seiler.
Stanislaw Assejew - "In Isolation"
edition.fotoTAPETA, 224 Seiten, 15 Euro
ISBN 978-3-940524-94-2
Natalka Sniadanko - Der Erzherzog, der den Schwarzmarkt regierte, Matrosen liebte und mein Großvater wurde
Aus dem Russischen von Maria Weissenböck
Haymon Verlag, 424 Seiten, 25,90 Euro
ISBN 978-3-7099-3448-7
Tanja Maljartschuk - Blauwal der Erinnerung
Aus dem Russischen von Maria Weissenböck
Kiepenheuer & Witsch Verlag, 288 Seiten, 22 Euro
ISBN 978-3-462-05220-6
Serhij Zhadan - Internat
Suhrkamp Verlag, 300 Seiten, 22 Euro
ISBN 978-3-518-42805-4
Mehr zu Tsitsi Dangarembga
Literatur Tsitsi Dangarembga hat den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2021 erhalten
Die simbabwische Autorin und Filmemacherin Tsitsi Dangarembga hat am Sonntag, den 24. Oktober den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2021 erhalten.
SWR2 lesenswert Kritik Tsitsi Dangarembga: Überleben
Tsitsi Dangarembga erhält in diesem Jahr den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Das Werk der simbabwischen Schriftstellerin ist jetzt im Orlanda-Verlag zu entdecken. Mit "Überleben" rundet sie die Romantrilogie um ihre Protagonistin Tambudzai Sigauke ab. Tambu wohnt zur Jahrtausendwende in Harare. Als sie eine verheißungsvolle Stelle kündigt, stürzt sie in eine Depression. Später gelingt ihr ein zweifelhafter Aufstieg in die verheißungsvolle Welt des Wohlstands.
Aus dem Englischen von Anette Grube
Orlanda Verlag, 371 Seiten, 24 Euro
ISBN 978-3-94466-687-7
Frankfurter Buchmesse 2022
Literatur Zum Abschluss der 74. Frankfurter Buchmesse
Die Frankfurter Buchmesse kann mit diesem Neustart – nach einer digitalen und einer deutlich begrenzten Ausgabe – eine durchweg positive Bilanz ziehen. Die Friedenspreisrede des ukrainischen Musikers und Schriftstellers Serhij Zhadan war der Höhepunkt der 74. Frankfurter Buchmesse. Und sie war das Gegenteil von dem, was gemeinhin eine Sonntagsrede genannt wird. Die Ansprache war vielmehr eine politisch-literarische Analyse, die mit konkreten Beispielen aufzeigte, wie der Krieg die Sprache verändert, das Sprechen im Alltag genauso wie die literarischen Kunstformen.