Clemens Klünemann rezensiert Bücher für SWR Kultur. Am liebsten liest er alles, was zwischen Madame Bovary und dem Zauberberg erschienen ist; und er lässt sich immer wieder gerne von Gustave Flaubert und Thomas Mann bestätigen, dass Mark Twain recht hatte: Der Unterschied zwischen dem richtigen Wort und dem beinahe richtigen ist derselbe wie zwischen dem Blitz und dem Glühwürmchen.
Mit Leidenschaft diskutiert Clemens Klünemann über die geernteten Lesefrüchte, im Unterricht eines baden-württembergischen Gymnasiums, wo er als Lehrer für die Fächer Französisch und Deutsch tätig ist, genauso gerne wie im Hörsaal des Instituts für Kulturmanagement der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg, wo er als Honorarprofessor Vorlesungen und Seminare über Kulturgeschichte und Kulturtheorie anbietet.
Nach dem Studium der Romanistik, Germanistik, Theologie, Geschichte und Gräzistik in Münster, Louvain-La-Neuve und Toulouse und während eines mehrjährigen Lektorats an der Université de Saint-Étienne gab es erste Berührungen mit dem Journalismus durch die regelmäßige freie Mitarbeit im Reiseteil der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: Reisen – am liebsten in Frankreich und Italien – und darüber zu schreiben, entwickelte sich zu einer Passion; aber auch über Bücher und Themen schreibt er regelmäßig für die Neue Zürcher Zeitung sowie die Süddeutsche Zeitung.
Meistens geht es dabei, wie auch bei verschiedenen Übersetzungsprojekten aus dem Französischen, um Antike und Neuere Geschichte, um die verschlungenen Pfade der deutsch-französischen und der deutsch-italienischen Beziehungen und darum, im Nachbarn – vor allem in diesen Nachbarn – das andere unserer selbst entdecken können, oder mit den Worten des Historikers Uvo Hölscher „das nächste Fremde“. Die ideale Textform dafür ist für ihn der Essay – seit der Prämierung seines ersten Essays durch die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung (Das Gewicht der Namen, 1993) bleibt er diesem Genre treu und versteht seine SWR-Beiträge als Kurzessays über Bücher und Menschen.
Beiträge von Clemens Klünemann
Buchkritik Jonas Grethlein – Hoffnung
Hoffnung war den Menschen der griechischen und römischen Antike suspekt; das änderte sich mit dem Christentum. Seitdem bezieht sich der Hoffnungsbegriff immer wieder auf neue Zukunftsentwürfe und unterliegt ständig neuen Interpretationen. In seinem Buch „Hoffnung. Eine Geschichte der Zuversicht von Homer bis zum Klimawandel” zeichnet Jonas Grethlein diese Entwicklung nach.
Rezension von Clemens Klünemann
Buchkritik Karl-Heinz Kohl – Neun Stämme. Das Erbe der Indigenen und die Wurzeln der Moderne
Karl-Heinz Kohls Studien über indigene Kulturen aus dem Südwesten der USA, aus Mali, aus dem Amazonasgebiet, aus der zentralaustralischen Wüste oder aus der Südsee zeigen, wie die Beschäftigung mit fremden Kulturen zu Anverwandlung statt zur Aneignung führen kann.
Eine Rezension von Clemens Klünemann
Buchkritik Golo Maurer – Rom. Stadt fürs Leben
- Rom. Stadt fürs Leben ist eine Hommage an die ewige Stadt, über die es eine unüberschaubare Zahl an Reiseführern gibt. Aber gerade das will ja das Buch von Golo Maurer nicht sein: Vielmehr schildert er aus sehr subjektiver Sicht seine Eindrücke, Erlebnisse und Begegnungen als Nicht Römer mit der ewigen Stadt und ihren Bewohnerinnen und Bewohnern.
Rowohlt-Verlag, 333 Seiten, 28 Euro
ISBN: 978-3-498-00380-7
Buchkritik Thomas Schüller – Unheilige Allianz. Warum sich Staat und Kirche trennen müssen
Der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller macht deutlich, dass es im Interesse des Staates, aber genauso auch der Kirchen liegt, ihr Verhältnis zueinander zu klären.
Buchkritik Matthias Waechter – Geschichte Frankreichs im 20. Jahrhundert
In seiner „Geschichte Frankreichs“ fragt der Historiker Matthias Waechter nach deren Leitmotiven. Nach dem monarchischen Prinzip setzte sich ab 1870 der republikanische Gedanke durch. Die Geschichte Frankreichs erscheint in der Darstellung Matthias Waechters als ständiges Ringen um die Legitimität politischer Herrschaft.
Rezension von Clemens Klünemann.
C. H. Beck Verlag, 127 Seiten, 12 Euro
ISBN 978-3-406-73653-7
Buchkritik Jeremy Adler – Goethe. Die Erfindung der Moderne. Eine Biographie
In seiner Goethe-Biografie stellt der britische Germanist den deutschen Dichter als Erfinder der Moderne vor, der nicht zuletzt durch die Figur "Faust" die Inkarnation dieser Epoche geschaffen habe. Goethe erscheint hier als treibende Kraft all dessen, was im Laufe des 19. Jahrhunderts die moderne Welt hervorgebracht habe. Deren zunehmende Beschleunigung des Lebens - Goethe spricht vom Veloziferischen - ist dem Autor des Faust jedoch eher ein Greuel. Dies ist ein erheblicher Einwand gegen die Charakterisierung Goethes als "Erfinder der Moderne".
Rezension von Clemens Klünemann.
C.H. Beck Verlag, 655 Seiten, 34 Euro
ISBN 978-3-406-77696-0
Buchkritik Navid Kermani – Was jetzt möglich ist. 33 politische Situationen
Der deutsch-iranische Schriftsteller Navid Kermani gehört seit vielen Jahren zu den wichtigen intellektuellen Stimmen in Deutschland. Jetzt erscheinen seine wichtigsten politischen Artikel aus drei Jahrzehnten in einem Band.
Rezension von Clemens Klünemann.
C.H. Beck Verlag, 221 Seiten, 23 Euro
ISBN 978-3-406-79023-2
Buchkritik Helmut Walser Smith - Deutschland. Geschichte einer Nation
In seinem Buch Deutschland. Geschichte einer Nation unterscheidet Helmut Walser Smith konsequent zwischen der Idee der Nation und der Ideologie des Nationalismus: Die Nation sei älter als die Ideologie, und Letztere habe sich zu Beginn des 21. Jahrhunderts in Deutschland überlebt, da es den meisten Deutschen um ein entspanntes Verhältnis zu ihrem Land gehe - ohne dabei die nationalistischen Exzesse in diesem Land in Vergessenheit geraten zu lassen.
Rezension von Clemens Klünemann.
C. H. Beck Verlag, 667 Seiten, 34 Euro
ISBN 978-3-406-77415-7