Verpackungen sollen Produkte schützen und für die Verbraucherinnen und Verbraucher attraktiv machen. Gerade angesichts von Forderungen nach mehr Nachhaltigkeit und weniger Müll erscheinen sie vielen wie ein notwendiges Übel, dabei ist eine gute Verpackung ein Wunderwerk aus Technik, Kosteneffizienz und Design. Wären unverpackte Waren tatsächlich die nachhaltigere Alternative?
Schutz, Rationalisierung und Kommunikation
Eine Verpackung muss in erster Linie drei Funktionen erfüllen, die eng miteinander verknüpft sind: Schutz, Rationalisierung und Kommunikation. Die Verpackung schützt ihren Inhalt davor, zu verderben oder beim Transport beschädigt zu werden. Sie ermöglicht und vereinfacht den Transport, indem sie die Produkte beispielsweise stapelbar macht und effizient auf einer Palette anordnet.
Ebenso wichtig ist das Erscheinungsbild: Die Verpackung macht das Produkt verkaufsattraktiv und wiedererkennbar, was zugleich eine weitere Form von Schutz ist – diesmal der Marke. Zudem verrät sie wichtige Informationen über den Inhalt, Empfindlichkeit oder den Gebrauch und entspricht gesetzlichen Vorschriften. Eine Verpackung ist also nicht nur einfaches „Drumrum“, sondern ein wichtiger Bestandteil des Produkts.
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Produkt und Verpackung als Einheit sehen
Inzwischen verschwimmen die Grenzen zwischen Produkt und Verpackung immer mehr. Besonders deutlich wird dies bei Medizinprodukten. Der Inhalator eines Asthma-Medikaments ist etwa nicht nur Verpackung, sondern Teil des Produkts: Er ist Behälter, Zerstäuber, Dosierer und Applikator zugleich.
Oder bei Reinigungsmitteln: Ein Spülmaschinentab hat die richtige Größe für einen Waschgang, die Folie, in die er gewickelt ist, löst sich während der Verwendung auf. Die Verpackung soll uns helfen, sie soll wiederverschließbar, kindersicher, altersgerecht, steril, hygienisch, kostengünstig und ansehnlich sein – und am Ende am besten noch wiederverwertbar.
Nachhaltigkeit: Ein großes Thema der Verpackungstechnik
Die Ökobilanz von Produkten wird kontrovers diskutiert. Zu Recht, sagt Christoph Häberle, Professor für Verpackungsdesign und Verpackungskonstruktion an der Hochschule der Medien in Stuttgart.
Dazu gehören die Energie, die nötig ist, um ein Produkt und seine Verpackung herzustellen, ebenso die Transportwege der einzelnen Materialien, der Gebrauch und die Wertstofferfassung, die Wiederverwertungsquoten usw. Ein einfaches Beispiel, das zeigt, wie vielschichtig die Betrachtung ist: die Salatgurke.
Energiebilanz von Inhalt und Verpackung
Es gibt sie unverpackt oder in Kunststofffolie abgepackt. Was ist ökologischer? Die ohne Folie, denkt man sofort. Aber: Die Plastikfolie erhöht der Haltbarkeit der Gurke auf bis zu zehn Tage. Die Erfahrung zeigt: Sind sie verpackt, werden weniger Gurken weggeworfen.
Die Produktion der Gurke benötigt enorm viel mehr Energie als die Herstellung der Kunststofffolie. In erster Linie sei es wichtig, die wertvollen und aufwendig erzeugten Lebensmittel zu schützen, meint Christoph Häberle, aber es komme auch darauf an, um was für eine Art von Kunststofffolie es sich handele.
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Die komplexe Welt der Kunststoffe
Kunststoffe bringen einige Vorteile mit sich, ihre Eigenschaften sind quasi einstellbar: Sie können leicht, stabil, resistent gegen Feuchtigkeit und elastisch sein oder durch ihre spezifische Dichtigkeit den Kontakt mit schädlichen Stoffen verhindern. Aber das kann auch zum Problem werden: Petrochemische Kunststoffe verrotten nicht oder nur über hunderte von Jahren.
Zudem liegen die in der Wertstoffsammlung erfassten Kunststoffe nie sortenrein vor und sind durch die Mischung unterschiedlichster Kunststoffarten, Druckfarben, Zusätze für die Optimierung der Fertigung oder zur Erlangung spezieller Eigenschaften etc. massiv verunreinigt.
„Die reale Recyclingquote ist enttäuschend gering“, urteilt Christoph Häberle: „Die hergestellten Recyclate haben selten identische Eigenschaften wie das Originalmaterial und sind daher nur in wenigen Ausnahmen auf demselben Qualitätsniveau wieder einsetzbar. Ein Großteil der gesammelten Kunststoffe liegt auf Halde oder wandert in die thermische Verwertung.“
Da Verpackungshersteller auf die technische Funktionalität ihrer Produkte achten müssen, nehmen sie lieber Kunststoffe, deren Eigenschaften sie genau kennen – und bedauerlicherweise selten recycelte Stoffe.
Was heißt schon Bio?
Auch den Einsatz so genannter Bio-Kunststoffe sieht Häberle nur in einzelnen Anwendungsbereichen als sinnvoll an. Denn selbst wenn sie aus nachwachsenden Rohstoffen wie Mais hergestellt werden, so benötigt der Anbau des Maises, die Verarbeitung zu Biopolymeren und der Zerfall der Biokunststoffe in industriellen Kompostierungsanlagen mit für den Zerfall notwendigen Temperaturen von 50 – 70 Grad Celsius enorm viel Energie.
Dazu zerfallen auch „Bio-Polymere“ nicht tatsächlich rückstandsfrei. Zurück bleiben oft wasserunlösliche Poly- oder Monomere, die als fürs Auge unsichtbare Mikro- oder Nanopartikel Böden und Gewässer belasten.
Bei der Herstellung der Bio-Kunststoffe wird zwar kein petrochemisches Erdöl eingesetzt, aber häufig findet dieses in Form von Diesel und Kunstdünger für den Anbau der Pflanzen doch wieder Eingang in die Ökobilanz.
Pflanzliche Alternativen
Experimentiert wird mit Nussölen und Paraffinen, die auf Obst und Gemüse eine schützende Wachsschicht hinterlassen. Die sollte man abwaschen, doch auch wenn man das mal vergisst: Gesundheitsschädlich ist sie nicht.
Was Papierverpackungen angeht, so versucht die Stuttgarter Hochschule in ihren Forschungen die üblichen Baumholzfasern zu ersetzen. Schnell wachsende Einjahres-Pflanzen wie Gras, Weizenstroh oder die durchwachsene Silphie liefern Fasern, die mit viel geringerem Energieaufwand extrahiert werden können.
Es könnte also sein, dass Wiesen zukünftig nicht mehr nur auf Milchpackungen zu sehen sind, um eine Geschichte über das Produkt und seine Verpackung zu erzählen. Der Karton der Packung könnte selbst aus Wiese bestehen.
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Susanne Henn diskutiert mit
Jochen Geilenkirchen, Referent Nachhaltiger Konsum beim Bundesverband Verbraucherzentralen
Stefanie Sabet, Geschäftsführerin der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie
Prof. Dr. Riccardo Wagner, Professor für Nachhaltiges Management & Kommunikation, Fresenius Hochschule Köln
Übersättigte Märkte – auch visuell
Unsere Konsumwelt ist bunt und hoch individualisiert, die Regale im Einzelhandel sind prall gefüllt mit unterschiedlichsten Produkten und Marken für fast alle Wünsche. Da gilt es aufzufallen, sich zu unterscheiden von den Mitwettbewerbern, möglichst attraktiv auszusehen und beim nächsten Einkauf sofort wiedererkannt zu werden.
Daher ändern etablierte Marken nur sehr behutsam ihr Aussehen. Am liebsten würden sie sich unmerklich dem Zeitgeist anpassen.
Das Design darf dabei in seiner verkaufsfördernden Wirkung auf keinen Fall unterschätzt werden. Es ist mindestens genauso wichtig wie die Funktionalität der Verpackung. Das beste Produkt bringt nichts, wenn es unscheinbar im Regal liegen bleibt. Und umgekehrt: Egal wie anziehend und umweltfreundlich ein Joghurtglas oder -becher gestaltet ist, wenn der Inhalt schimmelt, weil die Verpackung nicht funktioniert, wird diesen niemand kaufen.
Oder lieber ganz nackt?
Die Unverpackt-Läden scheinen ganz ohne Verpackung auskommen zu wollen. Doch unverpackt liegen die Waren selbst im Laden nicht vor.
Auch sie müssen in einer Verpackung den Weg dorthin antreten. Die aufgestellten Abfüllstationen aus Kunststoff für Nudeln oder Müsli bedürfen einer besonderen Reinigung.
So zieren Verpackungen wie Gläser, Körbe, Flaschen, Dosen oder Spenderbehälter aus Polymethylmethacrylat auch die Regale der Unverpackt-Läden. Sind Unverpackt-Läden also die umweltschonende Alternative? Auch hier bleibt die Antwort darauf eindeutig uneindeutig: Es kommt darauf an.
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