Der Einsatz von Tieren als Kriegswaffe hat eine lange Tradition. Hannibal zog auf Elefanten gegen Rom. Pferde, Hunde, Tauben dienten militärischen Zwecken und wurden zugleich als Maskottchen oder Kriegshelden verehrt. Auch heute spielen Tiere im Krieg eine Rolle.
Dutzende von Tierarten im Einsatz
Bereits der kathargische Heerführer Hannibal nutzte Elefanten für seine legendäre Alpenüberquerung, um in den Krieg zu ziehen. Im Laufe der Jahrhunderte dienten Millionen von Pferden, Eseln, Hunden und Tauben dem Menschen für militärische Zwecke.
Als unfreiwillige Verbündete werden sie nicht nur für den Transport von Gütern und Soldaten genutzt, sondern auch zu aktiven Kriegsteilnehmern gemacht. Sie sind bis heute Spür- oder Wachhunde, übermitteln Nachrichten und werden für Spionagezwecke eingesetzt.
Hunde als Sprengkörper, Tauben als Seuchenüberträger
Einige weniger geläufige Beispiele: Im Ersten Weltkrieg dienten Glühwürmchen als Lichtquellen, Schnecken sollten den Einsatz von Senfgas nachweisen und Delfine betreiben seit dem Kalten Krieg Spionage.
Bis heute werden sie vermutlich von Russland eingesetzt, um Hafeneinfahrten zu bewachen – das legen zumindest Satellitenaufnahmen aus Sewastopol nahe, die Unterwasserkäfige zeigen. Die Anzahl der Käfige soll sich laut britischem Verteidigungsministerium im vergangenen Jahr fast verdoppelt haben.
Kriegsheld, Kamerad und Projektionsfläche
In der Vergangenheit wurden Hunde sogar zu mobilen Sprengkörpern, Brieftauben zusätzlich mit ansteckenden Krankheiten infiziert, die zur Dezimierung des Gegners führen sollten und immer wieder dienten Tiere den ausgehungerten Soldaten auch als Nahrung.
Bei all den Grausamkeiten, die der Mensch dem Tier im Kriegseinsatz zumutet, werden im kollektiven Gedächtnis einzelne Tiere aber auch zu Helden.
Die Brieftaube Winkie etwa, die nach einem Flugzeugabsturz 1942 dazu beigetragen hat, dass vier britische Soldaten gerettet werden konnten.
Oder der Kater Sam, der als „Unsinkable Sam“ in die Annalen der Marinegeschichte einging. Er war nicht nur eine Schiffskatze, die an Bord für rattenfreie Zustände sorgen sollte, sondern erhielt während des Zweiten Weltkriegs den Status eines Maskottchens für die britische Marine und wurde im Anschluss zur Legende. Insgesamt drei Schiffsuntergänge überlebte der Kater – zuerst auf deutscher, dann auf britischer Seite.
In Anbetracht dessen, dass nur wenige Besatzungsmitglieder ihr Leben retten konnten, war Sam sicher auch eine Art Projektionsfläche und Sinnbild für die Hoffnung selbst während des Kriegs.
Das Tier als Freund und Helfer – auch oder gerade in Kriegszeiten
Geschichten wie jene von „Unsinkable Sam“ oder der Brieftaube Winkie sind es, die die Menschen ergreifen und von dem Tier als Freund und Helfer sprechen lassen. In London erinnert ein eigenes Denkmal an ihren Einsatz im Krieg.
Auch Auszeichnungen für „tierische Kameraden“ zeugen von der Wertschätzung. In England gibt es gar ein militärisches Dienstkreuz für Tiere.
Die Beziehung zwischen Mensch und Tier ist im Krieg eine Besondere. So war beispielsweise der Schimmelhengst Marengo für seinen Besitzer Napoleon so wertvoll, dass es englischen Soldaten angemessen erschien, das Pferd bei der Schlacht von Waterloo zu erbeuten, außer Landes zu bringen und auf diese Weise den Franzosen zu demütigen.
Tiere werden zu Kameraden
Tierische Kriegshelden bekommen Namen und werden zu Kameraden. Malin Gewinner, die zum Thema das Buch „Die Anthropomorpha: Tiere im Krieg“ geschrieben hat, erklärt das gegenüber SWR2 im Jahr 2017 wie folgt:
In der Ukraine wird ein kleiner Hund zum Helden
Diese enge Verbindung zwischen Mensch und Tier ist es auch, die einen kleinen Hund zum Kriegshelden in der Ukraine macht.
Der Minensuchhund „Patron“ bekam im Mai 2022 von Präsident Wolodymyr Selenskyj den Orden „Für selbstlosen Dienst“ verliehen. Mehr als hundert Sprengfallen soll der Jack-Russell-Terrier aufgespürt haben. Auch das Netz feiert „Patron“: Ein entsprechender Instagram-Account hat inzwischen mehr als 400.000 Follower.
Wird der Mensch zum Tier im Krieg? Oder das Tier zum Menschen?
Bis heute werden Tiere für militärische Zwecke eingesetzt. Das Militärhistorische Museum in Dresden widmet den Tieren im Krieg gar eine eigene Sektion in der Dauerausstellung.
Doch was sagt es über den Menschen aus, dass er Tiere seit Jahrhunderten in den Krieg schickt? Welche Mensch-Tier-Beziehung wird hier greifbar? Malin Gewinner beantwortet diese Frage bei SWR2 philosophisch:
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Der Schäferhund als Symbol der Rassenideologie
Mozart oder Metallica? Tiere mit Taktgefühl: Welche Musik Katze, Hund und Kuh am liebsten hören
Die Katze schnurrt zu Schubert, der Hund flieht bei Wagner und der Kanarienvogel tiriliert zu Händel. Kühe sollen sogar mehr Milch geben bei Mozart-Beschallung. Aber stimmt das überhaupt oder ist das nur der Wunschtraum vom Mozart-Effekt? Der Nürnberger Musik-Professor Martin Ullrich weiß, welche Tiere welche Musik lieben.
Buchkritik Christine M. Korsgaard - Tiere wie wir. Warum wir moralische Pflichten gegenüber Tieren haben
Auch Menschen sind Tiere, lautet die provokante, aber philosophisch untermauerte These von Christine M. Korsgaard. Die Harvard-Professorin für Philosophie leitet daraus ein engagiertes Plädoyer gegen Massentierhaltung und Tierversuche ab.
Rezension von Eva Karnofsky.
Aus dem Englischen von Stefan Lorenzer
C.H. Beck Verlag, 346 Seiten, 29,95 Euro
ISBN 978-3-406-76545-2