George Clooney hat Joe Biden zum Rücktritt aufgefordert. Der US-Präsident verliert damit einen seiner prominentesten Unterstützer. Wie weit reicht der Einfluss Hollywoods im US-Wahlkampf?
Nur Gott könne ihn dazu bewegen, aus dem Rennen um die Präsidentschaft noch auszusteigen. Das hat Joe Biden in einem Interview nach dem verpatzten TV-Duell gegen Donald Trump betont. Nun ist George Clooney natürlich nicht Gott. Aber immerhin einer der größten Stars, die Hollywood kennt – und einer der prominentesten Unterstützer der Demokraten.
George Clooney bittet Biden um Rückzug
Dass sein Gastbeitrag am Mittwoch in der New York Times viel Wirbel machte, ist also nicht überraschend. Er liebe Joe Biden, so Clooney, aber er halte es auch für richtig, dass der amtierende US-Präsident Platz mache für einen neuen Kandidaten.
Biden sei nicht mehr der, der er 2010 gewesen sei. Und auch nicht der Mann aus dem Jahr 2020. Sondern eben der Mann, der im TV-Duell gegen Donald Trump über weite Strecken wirr vor sich hin stammelte. Ein Mann, an dessen kognitiver Eignung für das Präsidentenamt man berechtigte Zweifel haben darf. „Die Parteiführer sollten aufhören, uns zu erzählen, das 51 Millionen Menschen nicht gesehen haben, was sie tatsächlich gesehen haben“, so Clooney. Es sei Zeit, dass nun andere Leute übernähmen.
Was bewirkt Clooneys Intervention?
Ob’s was bringt? Vinzenz Hediger ist da skeptisch. Zumindest bezweifelt er, dass Clooneys Gastartikel innerhalb der Demokratischen Partei einen Kurswechsel auslösen wird. Zwar spreche Clooney als Stellvertreter jener Menschen, die Bidens Kampagne mit viel Geld unterstützt hätten. Deshalb auch das enorme Medienecho. „Auf die Entscheidung einzelner Parlamentarier, ob sie Biden unterstützen oder nicht, hat das meines Erachtens aber überhaupt kleinen Einfluss“, so der Professor für Film- und Medienwissenschaften im Interview.
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Hier endet also die Macht Hollywoods. Auch wenn die Beziehungen zwischen Filmgeschäft und US-Politik traditionell eng seien, wie Hediger erklärt. Immerhin ist die Traumfabrik ein „Big Business“, ihre Lobby in Washington also traditionell stark. Und ursprünglich waren es sogar eher die Rechten, bei denen die Filmindustrie nach Verbündeten suchte.
Verbindung zwischen Hollywood und US-Politik seit jeher stark
Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs war etwa Will Hays der Präsident der größten amerikanischen Produzentengesellschaft, ein überzeugter Republikaner. Und das sei auch kein Wunder, meint Hediger. „Man darf nicht vergessen, Hollywood ist eine große Industrie, sehr profitabel und da gibt es also sehr viele Leute, die der republikanischen Partei zumindest insofern nahestehen, als sie die Interessen der Großunternehmen vertritt.“
Die Rede vom „linken“ Hollywood ist also ein Märchen – obwohl seine Stars sich mehrheitlich für die Demokraten einsetzen. Barbara Streisand warb für Bill Clinton, Robert Redford für John Kerry und Clooney für Obama genauso wie für Biden – bis jetzt jedenfalls. Erwähnen könnte man auch noch Alec Baldwin, Brad Pitt, Angelina Jolie, Steven Spielberg, Oliver Stone oder Matt Damon. Die Liste ließe sich fortsetzen.
Die meisten Stars engagieren sich für die Demokraten
Ein klarer Vorteil gegenüber den Republikanern. Auch wenn es auch hier Ausnahmen gibt. Bruce Willis unterstützte 2000 George W. Bush im Wahlkampf. Adam Sandler warb vier Jahre später für dessen Wiederwahl. Und Clint Eastwood ließ sowieso noch nie irgendeinen Zweifel daran, dass er kein Linksliberaler ist. Zuletzt unterstützte er Mitt Romney im Wahlkampf gegen Barack Obama. 2012 war das.
In Deutschland scheint sowas kaum vorstellbar. Hier billigt man Schauspielerinnen und Schauspielern nicht so selbstverständlich politische Autorität zu. Zwar hat etwa Iris Berben Olaf Scholz bei der letzten Bundestagswahl unterstützt – das dürfte für seinen Wahlerfolg aber kaum ausschlaggebend gewesen sein. Die politische Öffentlichkeit funktioniere hierzulande schlicht anders, meint Hediger.
Während bei uns zum Beispiel die Parteidisziplin ausschlaggebend ist für die Kandidatenwahl, buhlen die Präsidentschaftskandidaten in den USA von Anfang an um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit. Prominenz ist ein Schlüssel. Genauso wie die richtige Erzählung. „Der Wahlkampf ist immer auch ein Wettbewerb im Geschichtenerzählen“, meint Hediger.
Ob die Geschichte, die Joe Biden sich und der Welt gerade erzählt, noch verfängt, scheint höchst fraglich. George Clooney hat ihm eine alternative Storyline angeboten. Man muss sie nur zu lesen wissen. „Joe Biden ist ein Held“, schreibt er am Ende seines Artikels. „Er hat die Demokratie 2020 gerettet. Wir brauchen ihn, damit das 2024 wieder geschieht“
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