TV-Duelle haben in den USA eine lange Tradition im Wahlkampf. In den letzten 20 Jahren hat sich das Format jedoch auch in Deutschland und in anderen europäischen Ländern etabliert. TV-Duelle sind eine Art „unterhaltsame Politik“, die jenseits der Show viele Menschen beeinflussen kann – vor allem diejenigen, die politisch nicht so informiert und interessiert sind.
Wenn man das Wort „Duell“ im Duden nachschlägt, findet man drei Erklärungen: Einerseits ein „zur Entscheidung eines Ehrenhandels, zur Schlichtung eines Streits ausgetragener Zweikampf mit Waffen“, dann ein sportlicher Wettkampf und zuguterletzt ein Wortgefecht, „ein Zweikampf mit geistigen Waffen“.
Seit den 50er-Jahren kennt man in den USA das Wort „Duell“ auch in Kombination mit „TV“: Das TV-Duell, bei dem sich zwei Spitzenkandidaten im Rahmen einer Fernsehsendung wirklich duellieren: Steuern, Migration, Arbeitsplätze, Sicherheit – alle wichtigen Themen einer Wahlkampagne werden behandelt.
In TV-Duellen geht es vor allem um die Person
„Es geht dabei ja um die Inhalte des Wahlprogramms, aber vor allem sehr um die Person“, erklärt Prof. Dr. Jürgen Maier. Er ist Professor für Politische Kommunikation an der Universität Koblenz-Landau. 2019 hat er zusammen mit Prof. Dr. Thorsten Faas das Buch „TV-Duelle“ geschrieben und sich dazu dieses Format genauer angeschaut.
Informieren können TV-Duelle nur bis zu einem gewissen Grad. Diejenigen, die bereits politikinteressiert sind, werden dadurch keine neuen Erkenntnisse gewinnen, kommentiert Maier, „aber sie sind absolut wirksam für diejenigen, die nicht viel über Politik wissen“ und sich erst nach einem Duell für einen Kandidaten entscheiden würden.
Schon in den 1960er-Jahren entschied ein TV-Duell einen Wahlkampf
Denn in den TV-Duellen werden nicht nur Zukunftsvisionen für das Land vorgestellt, sondern auch andere Faktoren spielen eine Rolle: Welche Typen die Kandidaten seien, welchen Charakter sie haben oder wie sie auftreten, denn am Ende „ist Politik immer das, was von der Person verkörpert wird“, erklärt Maier.
Das erste echte TV-Duell zwischen zwei Spitzenkandidaten fand 1960 statt, als sich Richard Nixon und John F. Kennedy gegenüberstanden.
Das TV-Duell war entscheidend: Denn Kennedy war ein Senator, damals noch eher unbekannt, Nixon dagegen Vizepräsident der Vereinigten Staaten – aber während des Duells hatte sich Kennedy gut geschlagen, konnte herausstechen und letztlich die Wahl für sich entscheiden. Ab diesem Zeitpunkt wurde die Wirksamkeit des Mediums TV-Duell für den Wahlkampf erkannt.
2002: TV-Duell Schröder vs. Stoiber
In den USA ist das Format schon längst etabliert. In Deutschland tat man sich damit eher schwer, nach einigen Versuchen und ähnlichen Formaten der politischen Debatte wie der „Elefantenrunde“, startete das erste TV-Duell erst 1997 bei der Bürgerschaftswahl in Hamburg.
2002 fand dann auf Bundesebene mit Gerhard Schröder und Edmund Stoiber das erste klassische TV-Duell von zwei Kandidaten statt.
„Ein TV-Duell ist ein Format, das sehr auf die Person zugeschnitten ist“, erklärt Maier. In präsidentiellen Systemen wie in den USA oder Frankreich, wo man die Person wählt, sei ein solches Format auch grundsätzlich besser geeignet als in einem parlamentarischen System wie in Deutschland.
In Deutschland wähle man eine Partei , daher „passt ein solches Format auf eine parlamentarische Demokratie wie Deutschland eigentlich gar nicht“, so Maier. Das sei auch ein Grund, weshalb das Format erst so spät hier im Land ankam.
Allerdings konnte man auch hierzulande Veränderungen feststellen: „Die Personen werden bedeutsamer und nehmen stärker Einfluss darauf, wie Wähler*innen wählen“.
2021 gab es erstmals „Trielle“ im deutschen Fernsehen
Wenn auch nicht immer als klassisches Duell nehmen TV-Formate rund um die Wahlen auch in Deutschland zu. Bei der letzten Bundestagwahl im Jahr 2021 fanden drei „TV-Trielle“ im deutschen Fernsehen statt.
Angetreten sind damals die Kanzlerkandidat*innen der drei größten Parteien: Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen), Olaf Scholz (SPD) und Armin Laschet (CDU). Umfragen zeichneten nach allen Runden immer Scholz als Sieger des Triells ab – wie schließlich auch am Wahlsonntag.
Großes Risiko, großer Gewinn
Ein TV-Duell sei mit zwei Aspekten verbunden: großem Risiko und einem potenziell großen Gewinn, da „TV-Duelle Menschen beeinflussen können“ und es schaffen können, Menschen für Politik zu interessieren, die normalerweise nicht so informiert sind. „Sie schaffen eine Art Unterhaltung“, sagt Maier.
Da die Duelle allerdings live stattfänden, müssen Kandidaten auch große Risiken in Kauf nehmen: Alles könne passieren, „aber wenn sie gut liefern, können sie noch einen Teil der Wählerschaft für sich gewinnen, die noch unentschlossen ist“, so Maier.
Am 10. September (MESZ: 11. September, 3.00 Uhr) findet das TV-Duell zwischen Kamala Harris und Donald Trump statt.
Für beide Kandidaten gilt jedoch höchste Vorsicht, denn TV-Duelle können ganz abseits des Unterhaltungsfaktors beides darstellen: Ein Risiko, das sich in Windeseile gegen einen selbst richten kann, oder ein entscheidender Schritt Richtung Wahlsieg.
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“Früher ließen sich Kandidaten einen Bart wachsen, um sich neu zu erfinden”, erinnert sich die ehemalige Auslandskorrespondentin der Zeit in Washington, Kerstin Kohlenberg. Heute sehe man stattdessen eine “Memefication”. So ist es aktuell bei der möglichen Präsidentschaftskandidatin der Demokraten Kamala Harris: Sie wird “erzählt” als cooles, ehrliches und direktes “Brat-Girl” mit Ecken und Kanten.
Auf Social Media hat man ihr diesen Gefallen getan - und ihr Wahlkampfteam ist klugerweise aufgesprungen. Zwar kommt das etwas spät, aber Kommunikationswissenschaftler Klaus Kamps bewertet dies dennoch als „einen frischen und guten Start der Kampagne“.
Doch es bleibt die Frage: „Wer ist sie eigentlich? Und möchte man mit ihr abends in einer Bar sitzen?“, gibt Kohlenberg zu bedenken. Oft wirke Harris unnahbar, steif und unklar in ihren politischen Positionen. Jetzt könnte ihre Chance sein, eine neue Figur zu werden.
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Gäste: Kerstin Kohlenberg, Journalistin und Autorin des Buchs „Das amerikanische Versprechen“, und Klaus Kamps, Professor für Kommunikationswissenschaft an der Hochschule der Medien in Stuttgart.
Host: Christian Batzlen
Showrunnerin: Philine Sauvageot
Links zur Folge:
Kerstin Kohlenbergs Sachbuch: https://www.klett-cotta.de/produkt/kerstin-kohlenberg-das-amerikanische-versprechen-9783608123517-t-8804
Klaus Kamps Sachbuch (ab Oktober): https://www.utb.de/doi/book/10.36198/9783838558004
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