Ein Monat nach den Hamas-Attacken

Nahostkrieg und Debattenkultur: Polarisierung nicht nur in Deutschland

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Interview
Frauke Oppenberg

Der Krieg im Nahen Osten hat auch in Deutschland für ein aufgeheiztes Diskussionsklima gesorgt. Mit Protesten, Demonstrationen und Mahnwachen kommen wir da nicht viel weiter, sagt die Politikwissenschaftlerin Saba-Nur Cheema in SWR2. Stattdessen müssten wir häufiger in Räumen zusammenkommen, die nicht unter dem öffentlichen Radar stattfinden.

„Geschützte Räume suchen“

„Nicht hier noch ein Gespräch und da noch eine Diskussion, sondern tatsächlich geschützte Räume suchen, um Ängste und Verunsicherungen zu äußern und dann miteinander ins Gespräch zu kommen.“ Das fordert die deutsche Politikwissenschaftlerin, Publizistin und Pädagogin Saba-Nur Cheema im Gespräch mit SWR2.

Die jüngste Videobotschaft von Vizekanzler Robert Habeck zum Antisemitismus in Deutschland bewertete Cheema als grundsätzlich positiv. In dieser Deutlichkeit habe das noch keiner gesagt.

Insgesamt sei das eine wichtige Botschaft auf symbolischer Ebene gewesen, beruhigen könnten ein paar Worte angesichts der extrem polarisierten, aufgeheizten Stimmung allerdings noch nicht.

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Gesellschaftliche Polarisierung ist nicht nur ein deutsches Problem

Die Polarisierung der Gesellschaft angesichts des Gaza-Krieges sei im Übrigen nicht in Deutschland „hausgemacht“. Es gäbe weltweit antisemitische Parolen, auch in anderen Gesellschaften, betonte Cheema.

Dass selbst in ihrem Bekanntenkreis manch einer sogar das Wort „Israel“ nur schwer aussprechen wolle, drücke sehr viel aus darüber, wie die Haltung zum Staat Israel in vielen Teilen der muslimischen Bevölkerung weltweit sei.

„Ich bleibe einfach optimistisch“

Die Politikwissenschaftlerin, die schwerpunktmäßig zu den Themen Antisemitismus und Islamfeindlichkeit forscht, führt das vor allem auf fehlendes historisches Wissen zurück. Sehr viele Menschen, nicht nur innerhalb der muslimischen Gemeinschaft, hätten den Glauben, es habe vor 1948, also vor der Staatsgründung, keine Juden in Palästina gegeben.

Dennoch äußerte sie sich zuversichtlich, dass es irgendwann gelingen könnte, die Polarisierung zu überwinden: „Ich bleibe einfach optimistisch, dass uns das irgendwann gelingt. Aber es ist harte Arbeit und es ist vor allem ein sehr, sehr langer Weg.“

Zeitgenossen Saba-Nur Cheema: „Sensibilisierung für Rassismus und Antisemitismus hat zugenommen.“

„In einer pluralistischen Gesellschaft kommt es darauf an, die Widersprüche und die Mehrdeutigkeit auszuhalten“, sagt die Politikwissenschaftlerin Saba-Nur Cheema. Die Tochter muslimisch-pakistanischer Eltern ist als Geflüchtete nach Deutschland gekommen. Heute lehrt sie an der Frankfurt University of Applied Sciences und ist als Referentin an der Anne-Frank Bildungsstätte aktiv.

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