Die Ausstellung „Stuttgart – Afghanistan“ möchte eines nicht: Afghanistan exotisieren. Stattdessen legt das Stuttgarter Linden-Museum die vielfältigen Verbindungen zwischen Afghanistan und der Welt offen – und spannt einen weiten Bogen von vorislamischen Buddha-Darstellungen bis in die Gegenwart.
Schon Tutanchamun trug afghanischen Lapislazuli
Die Ausstellung im Stuttgarter Linden-Museum will Geschichten hinter Objekten erzählen. Es geht um versteckte, vielfältige, überraschende Beziehungsgeschichten zwischen Afghanistan und der Welt.
In der Ausstellung stehen zwei Vitrinen mit altägyptischem Schmuck. Darin ein winziger leuchtend blauer Skarabäus, ein Amulett – ebenfalls leuchtend blau. Der schöne, blaue Stein ist Lapislazuli. Der kam bis vor wenigen Jahrhunderten immer aus der afghanischen Region Badakhshan.
Schon Tutanchamun habe Lapislazuli aus Badakhshan getragen, sagt Annette Krämer,die im Museum die Orientabteilung leitet. „Das heißt: Afghanistan ist im Bewusstsein vieler Menschen so weit weg, gilt als unzugänglich. Aber das stimmt nicht.“
Bürger*innen haben die Ausstellung mitgestaltet
Denn Schmuck aus Badakhshan-Lapislazuli wird auch in Stuttgart getragen. Verbindungen herzustellen – das ist ein Leitmotiv dieser Ausstellung, die aus einem mehrjährigen Laborprozess des Museums mit der Arbeitsgruppe „Entangled: Stuttgart Afghanistan“ hervorgegangen ist.
Seit 2019 haben interessierte Menschen aus Stuttgart und der Region in der Arbeitsgruppe die Sammlungen des Museums erkundet und nach Verbindungen zwischen Stuttgart und Afghanistan in Geschichte und Gegenwart gesucht. Sie konnten mit aussuchen, welche Stücke in die neue Ausstellung kommen.
Afghanistan-Expeditionen in den 1960er-Jahren
An anderer Stelle hat die Arbeitsgruppe die größte Forschungsexpedition des Linden-Museums 1962/63 nach Badakhshan nachgezeichnet. Die Forscher, die das Alltagsleben in Afghanistan in zigtausenden Dokumenten, Fotografien, Tonbändern und Gegenständen studiert hatten, verpflichteten sich seinerzeit im Gegenzug, dem Nationalmuseum in Kabul eine Sammlung an Objekten zukommen zulassen.
Eine Liste dieser Objekte hat die Orientalistin Annette Krämer im Nachlass entdeckt. Ob die Gegenstände jemals ausgestellt wurden, ist unklar: „Das Museum in Kabul ist im Bürgerkrieg in den 1990er Jahren teilweise sehr zerstört und auch geplündert worden. Ich denke, die sind einfach weg.“
Ausstellung spannt einen weiten Bogen
Die Ausstellung „Stuttgart – Afghanistan“ ist eine kleine Forschungsexpedition. Sie spannt einen historischen Bogen von vorislamischen Buddha-Darstellungen über wertvolle Marmorfresken aus dem 11./12. Jahrhundert bis in die Gegenwart.
Das ist vielstimmig und nichts, was sich immer unmittelbar auf den ersten Blick erschließt. Doch dank der Regelung „pay what you can“ kann man auch öfter vorbeischauen.