Die Rendsburger Zeichnerei versammelt jedes Jahr eine Woche lang bildende Künstler aus ganz Deutschland zu einer kreativen Gemeinschaft. Als inspirativen Impuls denken sich die Künstler allmorgendlich ein Phantasietier aus. Die städtische Galerie Speyer zeigt 200 der so entstanden Werke.
Eine bunte Mischung
Die illustre Schau von Fabelwesen ist wirklich bemerkenswert, bedarf aber genauerer Betrachtung. Manche sind notizzettelklein und mit schlichtem schwarzem Stift gezeichnet, andere mit Buntstiften oder farbiger Kreide auf Packpapier gebracht oder großflächig mit Aquarell coloriert.
Der Speyerer Künstler Oliver Schollenberger ist fast von Anfang an Teil der Rendsburger Zeichnerei. Er hat die Ausstellung in seine Heimatstadt gebracht und mit aufgebaut, muss aber wegen Krankheit das Haus hüten.
Improvisation kann Impulse setzen
Er empfindet das tierische Zeichenritual in Rendsburg jedes Mal als äußerst inspirierend:
„Das kann zum Beispiel jemandem der mal eine Phase hat, bei der ihm nichts einfällt, einen Impuls setzen. Wenn dann gesagt wird: Der Vielfraß oder der Bandwurm oder die Bartmeise. Dann wird auf einmal das Gehirn angeregt; etwas daraus zu machen. “
Andere Teilnehmer als Inspiration
Keiner muss aus dieser Idee ein Kunstwerk gestalten. Aber meist will keiner außen vor bleiben, erzählt Oliver Schollenberger. Und so gehen die Blicke immer wieder durch den Raum, zu den anderen Teilnehmern:
„Was haben die draus gemacht? Der hats gezeichnet, der hats gestempelt, gemalt, der hats collagiert. Man darf ja stehlen mit den Augen, man darf sich messen, fordern, man darf sich auch mal gegen den Strich bürsten.“
Auch Großformatiges ist dabei
Der Pfälzer Oliver Schollenberger ist eher großformatig unterwegs. Und bei dem jährlichen Treffen in Rendsburg unterscheidet ihn das auch von den meisten anderen:
„In Rendsburg bin ich der Maler unter den Zeichnern. Das macht aber gar nichts. Das ist mein Metier: Federzeichnung mit Aquarell. Oder auch meine Pipettenzeichungen. Ich hab so ein Zeichengerät, mit dem ich kräftige Linien zeihe. Das ist schon eine Mischung aus Zeichnung, Schreiben und Malerei.“
Illustratorin Lotte Wagner hat die Leitung
Mit Schrift gehen die Rendsburger Kunstschaffenden sehr unterschiedlich um. Manchmal tauchen Buchstaben nur als Titel auf, manchmal als Sprechblase oder als assoziative Dreingabe zur Zeichnung.
„Es ist so entwürdigend“ stöhnt zum Beispiel der zahnlose Tiger angesichts eines kleines Beutetieres, das er ohne Gebiss ziehen lassen muss.
Die Rendsburger Zeichnerei vereint für eine Woche im Jahr Profis und Laien zu einer kreativen Gemeinschaft. Der Grafiker, Lyriker und Karrikaturist F.W. Bernstein hat die Institution 1990 gegründet.
Seit seinem Tod leitet die Dortmunder Illustratorin Lotte Wagner die Zusammenkünfte. Auch von ihr und ihrem prominenten Vorgänger sind nun Bilder in der städtischen Galerie Speyer zu sehen.
Oliver Schollenberger ist stolz auf diese Ausstellung und garantiert potentiellen Besuchern ein spezielles Kunsterlebnis.
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