Es war ein Jahrhundertraub in Dresden: Im November 2019 stahl eine Diebesbande wertvolle historische Schmuckstücke aus dem Sächsischen Kronschatz im Grünen Gewölbe im Residenzschloss. Der Schaden belief sich auf eine Millionensumme. Nun werden die meisten davon wieder ausgestellt.
Einer der spektakulärsten Kunstraube unserer Zeit
Der Juwelendiebstahl aus dem Historischen Grünen Gewölbe in Dresden gehört zu den spektakulärsten Fällen von Kunstraub in unserer Zeit. Am 25. November 2019 stahlen Einbrecher mehrere Kunstobjekte und 21 Schmuckstücke mit insgesamt 4.300 Diamanten aus dem Museum im Residenzschloss. Die Beute hatte einen Versicherungswert von knapp 114 Millionen Euro.
Im Mai 2023 verurteilte das Landgericht Dresden fünf Männer aus dem Berliner Remmo-Clan, einer in Deutschland ansässigen arabischstämmigen Großfamilie, zu mehrjährigen Freiheitsstrafen.
Was von der Beute übrigblieb
Die Diebe stahlen Teile von drei Garnituren aus dem 18. Jahrhundert: Betroffen sind die „Diamantrosengarnitur“, die „Brillantgarnitur“ sowie der „Schmuck der Königinnen“. Um ihre Strafe abzumildern, gaben die Täter im Dezember 2022 einen Großteil ihrer Beute zurück, darunter eine Haarspange in Form einer diamantbesetzten Sonne und der Bruststern des polnischen Weißen Adlerordens.
Teile des Schatzes befanden sich jedoch in deformiertem, zerkratztem, zerbrochenem oder unvollständigem Zustand. Kunstraub-Experten geben an, dass Diebe Broschen und Schmuckstücke häufig zerlegen, zerstückeln oder Diamanten herausbrechen, um sie einzeln weiterzuverkaufen.
Dabei zähle für die Täter meist nur der Materialwert, nicht die künstlerische und historische Bedeutung. Von den geraubten Schmuckstücken aus Dresden bleiben bis heute unter anderem die große Brustschleife der Königin Amalie Auguste und die Klinge eines historischen Degens verschollen.
Den Gesamtschaden schätzen Sachverständige auf 22 bis 25 Millionen Euro. Da Objekte dieser Qualität jedoch kaum im Kunsthandel angeboten werden, ist der ideelle Schaden aufgrund der Einzigartigkeit der Stücke jedoch immens.
Täter gingen hochprofessionell vor
Der Einbruch überraschte die Ermittler vor allem durch ihre detaillierte Planung und die zerstörerische Gewalt. Die Diebesbande sabotierte am Morgen des 25. November zunächst gezielt die Stromversorgung, um die Beleuchtung rund um das Gebäude auszuschalten.
Sie stiegen durch ein schmiedeeisernes Fenstergitter ein, dessen Streben sie bereits Tage zuvor durchtrennt und so präpariert hatten, dass man den Schaden nicht sah. Im Inneren des Museums gingen die Diebe mit Taschenlampen als Lichtquelle zum Juwelenzimmer und hackten mit einer Axt eine Vitrine auf, wie sich später auf Bildern der Überwachungskameras zeigte. Nachdem sie die Schmuckstücke herausgenommen hatten, versprühten sie Feuerlöschpulver, um Spuren zu beseitigen.
Die Staatsanwaltschaft Dresden teilte mit, dass die Täter während des Einbruchs geladene Schusswaffen bei sich getragen hätten. Die Tat wurde von den Sicherheitskameras aufgezeichnet. Zwei Angestellte des Museums beobachteten die Tat auf Bildschirmen, hätten aber aus Sicherheitsgründen nicht persönlich einschreiten dürfen.
Trotz Vorschrift hätten sie das Licht in den Räumen des Grünen Gewölbes nicht eingeschaltet. Außerdem hätten sie nicht den Alarmknopf gedrückt, sondern die Polizei über den Telefon-Notruf alarmiert. Das habe zu einer Zeitverzögerung bei der Verfolgung der Einbrecher geführt.
Fahndung und Festnahme
Gleich nach dem Diebstahl wurden Ermittlungen gegen vier Wachschutzbedienstete geführt. Einem von ihnen wurde vorgeworfen, die Täter unterstützt zu haben, indem er ihnen Unterlagen zu den Sicherheitssystemen gegeben hätte. Bei einer Wohnungsdurchsuchung wurden jedoch keine verdächtigen Hinweise gefunden.
Zwei anderen Mitarbeitern des Wachschutzes, die am Morgen des Einbruchs Dienst hatten, wurde vorgeworfen, den Diebstahl nicht verhindert zu haben. Im März 2020 veröffentlichten die Ermittler erstmals ein Phantombild des verdächtigen Mannes, der den Fluchtwagen in Magdeburg abgeholt haben soll.
Bei der Ermittlungsarbeit am Dresdner Residenzschloss fanden die Beamten DNA-Spuren, die sich vier Mitgliedern des Remmo-Clans zuordnen ließen. Im November 2020 nahm die Berliner Polizei bei einer Razzia drei Tatverdächtige aus dem Remmo-Clan fest, im Dezember und im Mai 2021 wurden das Zwillingsbrüderpaar des Clans in Berlin gefasst. Ein sechster Tatverdächtige war bereits 2020 wegen eines anderen Museums-Diebstahls zu einer vierjährigen Haftstrafe verurteilt worden.
Zurück im Grünen Gewölbe
Mehr als viereinhalb Jahre nach dem Juwelendiebstahl werden die Schmuckstücke, die die Täter zurückgegeben haben, nun wieder im Juwelenzimmer des Schatzkammermuseums ausgestellt. Die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden möchten die Rückkehr der Juwelen zusammen mit den Besucherinnen und Besuchern feiern.
Aus diesem Anlass verschenken sie eintausend Freitickets ins Historische Grüne Gewölbe. Im Zeitraum vom 15. August bis 2. November 2024 sind die Karten — begrenzt auf zwei Tickets pro Person — im Webshop verfügbar.
Ein Wermutstropfen bleibt aber: Ob die verschollenen Stücke jemals wieder auftauchen oder als Kunstwerke zerstört sind, ist zum aktuellen Zeitpunkt nicht bekannt.
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