Zehn Jahre lang haben Aktivisten aus der Stuttgarter Fotografie-Szene unter dem Titel „Fumes and Perfumes“ Ausstellungen in einem Innenstadt-Parkhaus gemacht. Nun ziehen sie Bilanz in einem aufwändigen Bildband.
Rebellisches Kunstprojekt
Kunst im öffentlichen Raum hat normalerweise die Aura des Abgesicherten: Ordentlich platziert in der Mitte vom Kreisverkehr, gesetzlich verankert bei großen Bauvorhaben, abgesegnet von der Kommunal-Verwaltung.
Ziemlich aufsässig ist demgegenüber ein Kunstprojekt in der Stuttgarter Innenstadt, das vor zehn Jahren ein paar ortsansässige Fotografen begonnen haben.
Abgase und Parfüm
In ein Parkhaus tapezierten sie riesengroße Bildtapeten. Die Location ist zentral gelegen zwischen Kaufhaus, Jazzclub, dem Konzerthaus der Stuttgarter Philharmoniker und am Rand des Rotlichtbezirks. Titel des Projekts: „Fumes and Perfumes“, zu deutsch: Abgase und Parfüm.
Der Geruch des Parkhauses
„Die ursprüngliche Idee war, eben den Ort zum Thema zu machen, also der Geruch der Stadt, der Geruch des Autos, also Parkhaus, und das Parfum der Prostitution. Dieser Geruch, der durch das Rotlichtmilieu wabert, der sollte da praktisch sein Gegenbild finden in der Ausstellung“, erzählt Initiator Peter Frank.
Und sein Kollege Bernd Kammerer lässt keinen Zweifel daran, dass die Sache mit dem „Duft der Stadt“ mehr ist als eine hübsche Metapher.
Kunst im öffentlichen Raum
Fein dosierte Zumutungen treffen auch das Publikum. Denn dem werden beim Format „Kunst im öffentlichen Raum“ die Werke immerhin ungefragt verabreicht.
Das schildert der Stuttgarter Fotograf Frank Bayh: „Es sind ja nicht alles Kunstliebhaber, die damit konfrontiert werden, sondern einfach Leute, die einen Parkplatz suchen. Und die überfordert es bisweilen auch ein bisschen, was da hängt“, sagt er.
„Fumes and Perfumes“ bei Artspotting:
Nackte Haut sorgt für Aufreger
Für Aufreger sorgte bisher vor allem nackte Haut in den Parkhaus-Ausstellungen. Die Macher kommen aus der Mode- und Werbefotografie. Deren Vorliebe für Grelles und Erotisches zeigt sich auch in der Auswahl der Künstler und Exponate. Um so erstaunlicher ist es, dass die Betreiber des Parkhauses den bunten Fotoauftrieb immer zuließen.
Im Laufe der Jahre ist das ganze Parkhaus zu einer Art Fotomuseum geworden, ausstaffiert mit rund dreihundert Werken aus aller Welt. Doch nun ist erst einmal Schluss.
Der Schauplatz des Spektakels, das Züblin-Parkhaus, wird wahrscheinlich abgerissen. Deswegen erscheint jetzt ein aufwendiges Katalogbuch mit den Bildern der über fünfzig beteiligten Fotografen und Fotografinnen aus aller Welt.
Das Druckwerk kann also auch als eine Art Bilanz gelesen werden – nach zehn Jahren Kunst, Kleister und Karossen.
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