Mitmach-Ausstellung zur Heim-EM

Fußball-Legenden und historische EM-Spiele im Stadtpalais Stuttgart

Stand
Autor/in
Andreas Langen
Andreas Langen, Autor und Redakteur, SWR Kultur

Die Ausstellung „EURO Legends Stuttgart“ zeigt im dortigen Stadtpalais historische Partien und Hintergrundstories zu den sieben Fußball-Nationalmannschaften, die ab 14. Juni bei der EM in Stuttgart antreten. Außerdem darf gedribbelt werden: die Torwand im Museum ist echt!

Ausdünstung von frischem Kunstrasen im Edgeschoss

Durchs Erdgeschoss des Stadtpalais Stuttgart zieht eine feine Ausdünstung von frischem Plastik. Das künstliche Aroma kommt aus dem Ausstellungsraum hinter dem Kassentresen, wo Kuratorin Sophia Grossmann auf den Fußboden deutet; er ist quietschgrün und etwas struppig: „Wir stehen auf grünem Kunstrasen, umgeben von Aufstellern, die überlebensgroße Spieler aus historischen EM-Spielen zeigen.“ 

Ausstellung „EURO Legends Stuttgart“ zeigt historische EM-Spiele im Stadtpalais in Stuttgart
Ausstellungsansicht „EURO Legends Stuttgart“ im Stadtpalais

Die Ausstellung „EURO Legends Stuttgart“ könnte auf den ersten Blick auch die Reklame-Zone eines Sportgeschäfts sein. Überall prangen Trikots und Poster. Sie gehören zu jenen Teams der Europameisterschaft, die in Stuttgart antreten werden. Für jedes der sieben Länder steht als Pappkamerad ein Kicker aus dem Kader einer historischen EM-Begegnung; deren Aufzeichnung wiederum läuft auf einem kleinen Bildschirm. So weit, so Sportschau. 

1992 triumphiert Außenseiter Dänemark

Ausstellung „EURO Legends Stuttgart“ zeigt historische EM-Spiele im Stadtpalais in Stuttgart
Infotafel zur 1992 nachnominierten „Big Mac Truppe“ aus Dänemark, die aus dem Sommerurlaub in das Tunier startete und dann Fußball-Europameister wurde.

Aber da wir hier in einem Museum sind, geht es bei den Texten auf den Displays auch um Hintergründe – etwa 1992 beim völlig überraschenden Auftreten des zunächst belächelten Teams aus Dänemark.

Diese Mannschaft wurde überraschend für das Turnier nachnominiert. "Sie kamen aus dem Sommerurlaub, waren so mittel vorbereitet und auch ein bisschen verrufen als die „Big Mac Truppe“, weil ihr Trainer sie mal zu McDonald's hatte gehen lassen", so Grossmann. Diese Außenseiter schafften es tatsächlich ins Finale, und haben dann noch überraschend gewonnen.

Und zwar gegen den Top-Favoriten Deutschland. Dessen Schmach war allerdings nur eine Petitesse gegenüber jenem Desaster, das Dänemarks Teilnahme erst ermöglicht hatte: Die eigentlich gesetzte Mannschaft aus Jugoslawien konnte 1992 nicht mehr antreten, weil ihr Heimatland sich in einem grauenvollen Bürgerkrieg selbst zerstückelte. 

2024 tritt auch die Nationalmannschaft der Ukraine an 

Das Monster Krieg und die zivilisierte Form des Kampfes auf dem Sportplatz – auch das ist eine Geschichte des Fußballs, die bis heute andauert. So wird in Stuttgart die Ukraine antreten – ein Land, das wenige Monate nach dem russischen Überfall den Ligabetrieb wieder aufgenommen hat, um sich ein Stück Normalität zu erobern. Seine Nationalmannschaft konnte sich durch Partien im europäischen Ausland für die EM qualifizieren. Die Ausstellung im Stadtpalais zeigt dazu keine historische Partie der Ukraine, sondern einen Film über ein Benefiz-Spiel für Jugendliche in Kiew. Grossmann: „Wir sehen Kinder und Jugendliche, die im ziemlich zerschossenen Kiew, inmitten von Autowracks Fußball spielen.“ 

Ausstellung „EURO Legends Stuttgart“ zeigt historische EM-Spiele im Stadtpalais in Stuttgart
Fernsehbild zur EM 1980 in Deutschland

Bei der EM 1980 blieben die deutschen Fußballer bei der Nationalhymne still 

Verglichen damit, ist die Entstehung eines neuen deutschen Wir-Gefühls ein Spaziergang. Noch 1980 war unser größtes Problem bei der EM, welches Lied vor dem Anpfiff gesungen werden sollte. Ein damaliger Kommentar aus der Stuttgarter Zeitung sagte zumindest, was nicht geht, zitiert Ausstellungskurator Yannick Nordwald: „Natürlich singen wir nicht die Nationalhymne, das können wir uns mit unserer Vergangenheit nicht leisten.“ 

Parcour zum Kicken für alle

Das Turnier lief dann auch ohne Hymne gut für die damals noch westdeutsche Mannschaft. Im Finale erledigte das „Kopfball-Ungeheuer“ Horst Hrubesch zwei Minuten vor Schluss die „Roten Teufel“ aus Belgien – Deutschlands zweiter EM-Titel war perfekt. Wer sich von solchen Höhenflügen anregen lässt, kann im Stadtpalais auch selbst kicken - die Torwand im Museum ist echt!

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