Bye-Bye Besinnlichkeit

Wenn Weihnachten aus dem Ruder läuft: Die absurdesten Serienfolgen

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Autor/in
Samira Straub

Weihnachten ist die Zeit der Besinnlichkeit – zumindest in der Theorie. Doch die Welt der Serien zeigt immer wieder, dass das Fest der Liebe auch von seiner chaotischen Seite unterhaltsam sein kann.

Wer die Schnauze voll hat von kitschigen RomComs zum Fest und mit Filmen wie „Kevin allein zuhaus“ schon seit Jahren abgeschlossen hat: Sechs unvergessliche Weihnachtsepisoden, in denen statt glitzernder Idylle humorvolle Eskalation herrscht.

„The Sopranos“: Weihnachten mit Schuldgefühlen

Die Sopranos
Es weihnachtet bei Familie Soprano: Doch von Idylle und Harmonie ist bei Tony und seiner Frau Carmela keine Spur.

Weihnachten, die Zeit der Besinnung: Auch bei den Sopranos hat der Geist der Vergangenheit einen Platz am Gabentisch ergattert. In der dritten Staffel des kultigen Mafia-Epos steht Tony Soprano (James Gandolfini) der Sinn überhaupt nicht nach festlicher Stimmung. Der Grund? Die schmerzhaften Erinnerungen an seinen einstigen Freund Salvatore „Big Pussy“ Bonpensiero, den er nur wenige Wochen zuvor eigenhändig ins Jenseits beförderte.

Pussy, der den Mob ans FBI verriet, mimte jahrelang den Weihnachtsmann für die Kinder im Viertel und wird nun schmerzlichst vermisst. Tony reflektiert, ob er wirklich ein guter Mensch ist – Spoiler: nicht wirklich – und gerät dabei in eine Mafiaversion von Dickens' Weihnachtsgeschichte.

Der absurde Kontrast zwischen Weihnachtsliedern, Mafia-Dramatik und Tonys schräger Selbstwahrnehmung macht diese Episode zu einem Meisterwerk der schwarzen Komödie und einer der Glanzstunden der Sopranos.

Tony Soprano
Weihnachten, das Fest der Liebe, steht bei den italoamerikanischen Mafiabossen hoch im Kurs. Doch längst ist nicht alles so festlich wie es scheint – denn auch an den Weihnachtsfeiertagen ist Mobster Tony mit dem Geschäft zugange.

„Friends“: Ein Gürteltier zu Chanukka

Wertevermittlung spielt in vielen Familien zur Weihnachtszeit eine entscheidende Rolle. Auch Ross (David Schwimmer) möchte in „Friends“ die Gelegenheit nutzen und seinem Sohn Ben auf spielerische Art die Bedeutung von Chanukka näherbringen. Weil jedoch alle Weihnachtskostüme ausverkauft sind, schnappt sich Ross kurzerhand ein Gürteltier-Kostüm und erklärt sich selbst zum „Chanukka-Botschafter“.

David Schwimmer als Ross in einer Weihnachtsfolge von „Friends“, beim Fest der Liebe als Gürteltier verkleidet
Religion wird bei „Friends“ selten näher thematisiert. So sind die Geschwister Ross und Monica (Courtney Cox) zwar ethnische Juden, praktizieren den Glauben in der Serie jedoch nicht.

In „The One with the Holiday Armadillo“ (Staffel 7) läuft nichts wie geplant: Zusätzlich zum überdimensionierten Gürteltier tauchen Chandler als Weihnachtsmann und Joey als Superman auf – und plötzlich sieht das Wohnzimmer aus wie die Aftershow-Party eines Karnevalsvereins.

Die Mischung aus absurdem Kostümhumor und Ross' verzweifeltem Versuch, einen tieferen Sinn zu vermitteln, macht diese Folge zu einem absoluten Weihnachtsklassiker.

„The Office“: Wenn das Wicheln zum Fiasko wird

The Office
Die Büro-Familie aus „The Office“ bietet gleich in mehreren Weihnachtsfolgen festliche Unterhaltung.

Weihnachten im Büro und die Tradition des Wichtelns: Zwei Dinge, die man entweder liebt oder abgrundtief verabscheut. In der Episode „Christmas Party“ der kultigen US-Comedyserie „The Office“ trifft beides aufeinander.

Michael Scott (Steve Carell), der König der Peinlichkeiten, sprengt kurzerhand das vereinbarte Wichtel-Budget von 20 Dollar und sorgt mit seinem überteuerten Geschenk – einem iPod – für mächtig Unruhe im Team. Statt der vereinbarten Bescheidenheit regieren plötzlich Missgunst und Neid, und das Büro verwandelt sich in eine weihnachtliche Börse voller gescheiterter Diplomatie. Am Ende kann auch der geschmuggelte Schnaps das Fest nicht retten.

Die Folge zeigt auf herrlich unangenehme Weise, wie kleine Bürorituale durch persönliche Eitelkeiten komplett entgleisen können. Zugleich ist sie ein Paradebeispiel für den bittersüßen Humor von „The Office“, der immer irgendwo zwischen Fremdschämen und Empathie pendelt.

„The Bear“: Ein besinnliches Fest mit der Familie

The Bear
In der Weihnachtsfolge gibt es bei den Berzattos „Sieben Fische“, ein Menü aus verschiedenen Fischgerichten, das den Verzicht auf Fleisch unterstreichen soll und das vor allem in italienisch-amerikanischen Familien beliebt ist.

Eine reich gedeckte Festtafel im Kreise der Liebsten: Für viele Menschen zeichnet das weihnachtliche Schlemmen die Feiertage aus. Kulinarik ist auch das Herzstück der Serie „The Bear“ rund um Chefkoch Carmy Berzatto (Jeremy Allen White), doch das Weihnachtsessen bei seiner italoamerikanischen Familie endet mit einem völlig zerlegten Wohnzimmer.

Die Folge „Fishes“ springt fünf Jahre in die Vergangenheit der Berzattos. Statt besinnlicher Harmonie gibt es laute Streitereien und tiefsitzende Konflikte. Als Gabeln durch den Raum geworfen werden kippt die Stimmung endgültig – die Familienschlägerei wird nur von Matriarchin Donna (Jamie Lee Curtis) verhindert, die kurzerhand mit dem Familienauto durch die Wand fährt.

The Bear
In diesem Jahr wurde Jeremy Allen White für seine Rolle als Carmy Berzatto mit dem Golden Globe als bester Hauptdarsteller ausgezeichnet. Den Emmy erhielt er im Vorjahr.

Die Darstellung der Berzattos ist so intensiv, dass man sich selbst wie ein stiller Beobachter am Tisch fühlt. Die Kombination aus brillantem Schauspiel, familiärem Chaos und schwarzem Humor macht diese Episode zu einem Höhepunkt der Serie – und zu einem Weihnachtsfest, das man garantiert nicht vergisst.

„South Park“: Kein Weihnachten ohne Kot Mr. Hankey

Weihnachtskot Hankey
Ein sprechendes Kothäufchen, das Weihnachten rettet und eine ganze Gemeinde zerstrittener Bürger eint? In South Park, wo später in der Serie eine Kotstulle und ein Riesen-Einlauf gegeneinander US-Präsidentschaftswahlkampf führen, ist alles möglich.

Kaum eine Serie treibt Absurdität, scharfsinnigen Humor und Tabubrüche so auf die Spitze wie „South Park“. Das gilt auch für die Weihnachtsepisoden, die gerade bei Comicserien fast schon zum guten Ton gehören. Schon immer ist „South Park“ dafür bekannt, gesellschaftliche und politische Themen auf provokante und unverschämte Art auf die Schippe zu nehmen.

Mit Mr. Hankey, einem sprechenden Häufchen Kot, setzen die Macher schon 1997 in der ersten Staffel der Serie ein Statement, das jenseits aller Konventionen liegt. Die Folge„Mr. Hankey, the Christmas Poo“ nimmt nicht nur die überbordende Weihnachtsromantik auf die Schippe, sondern hinterfragt auch kulturelle wie religiöse Unterschiede und Vorurteile. Natürlich in gewohnt ordinärer South Park-Manier.

Die bizarren Dialoge, die gewollt schlecht gesungenen Lieder und der völlig absurde Humor machen diese Episode zu einem Weihnachts-Erlebnis der anderen Art. Mister Hankey zeigt: Weihnachten muss nicht immer nach Zimt und Tannengrün riechen, um im Gedächtnis zu bleiben.

„House“: Weihnachten unter Betäubung

House auf der Suche nach Schmerzmitteln
House auf Vicodin-Entzug: Der brillante Arzt, gespielt von Hugh Laurie, kann sich nicht mehr konzentrieren und macht Fehler, wird schlussendlich sogar suspendiert.

Der kratzbürstige Dr. Gregory House ist ein Grinch aus dem Lehrbuch. Fröhliche Festtagsfeiern und besinnliche Stimmung scheinen dem Mediziner ohnehin fern zu liegen. Die Folge „Merry Little Christmas“ zeigt, wie er Weihnachten auf seine ganz eigene Weise sabotiert.

Auf Entzug gesetzt, greift House zu verzweifelten Maßnahmen: Er klaut sich kurzerhand Vicodin und gerät dabei nicht nur in Konflikt mit dem Gesetz, sondern auch mit den Menschen, denen er etwas bedeutet. Während andere fröhlich feiern, sorgt House für Drama und bitteren Sarkasmus.

Die Folge ist ein Paradebeispiel für den dunklen Humor der Serie, in dem die Drogenabhängigkeit von House über viele Folgen eine zentrale Rolle spielt, bis die Lage schließlich eskaliert. Der Fall von House zeigt, dass Weihnachten nicht für jeden eine Zeit der Freude ist, und erinnert daran, dass auch Chaos und Zynismus Teil des Festes sein können.

House bettelt Vicodin
Im Laufe der Episode sieht House immer mehr aus wie ein Junkie. Doch seine Expertise wird trotzdem benötigt.

Und die Moral dieser Weihnachtsgeschichten?

Diese chaotischen Weihnachtsepisoden erinnern daran, dass das Fest der Liebe nicht immer perfekt ablaufen muss, um voller Freude und Lachen zu sein. Manchmal sind es genau die skurrilen, schiefgelaufenen Momente, die in Erinnerung bleiben – und die besten Geschichten schreiben.

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Samira Straub