Klarsichtig und spielerisch blickt Matthias Glasner auf eine zerrüttete Familie: Lars Eidinger spielt einen Dirigenten, Lilith Stangenberg seine durchgeknallte Schwester, Corinna Harfouch die sterbenskranke Mutter und Robert Gwisdek den besten, depressiven Freund.
Eine Familie am Rande des Nervenzusammenbruchs
Es ist eine Familiengeschichte: normal dysfunktional. Die sehr individuellen Mitglieder dieser Familie sind schon lange keine Familie mehr.
Mutter Liss ist im Stillen froh, dass ihr dementer Mann Gerd in ein Pflegeheim kommt. Doch ihre neu gewonnene Freiheit ist nur von kurzer Dauer: Diabetes, Krebs und Nierenversagen bedeuten, dass auch ihr nicht mehr viel Zeit bleibt.
Ihr Sohn Tom, ein Dirigent um die 40, arbeitet an einer Komposition mit dem Titel „Sterben“ und wird gleichzeitig zum Ersatzvater für den Sohn seiner Ex-Freundin.
Toms Schwester Ellen, eine wilde, impulsive junge Frau beginnt eine Affäre mit dem verheirateten Sebastian, mit dem sie eine Vorliebe für Alkohol teilt.
Eine Komödie zum Thema Sterben
Dieser Film ist trotz seines Titels eine Komödie. Wer ihn zu ernst, zu wörtlich nimmt, verfehlt die Ästhetik und auch den Spaß, den dieser Film macht – und verfehlt nicht zuletzt die Intention seines Regisseurs.
„Sterben“ ist unter anderem auch ein autobiografischer Film, der uns etwas über die Person des Regisseurs und Drehbuchautors Matthias Glasner erzählt, vermutlich auch über seine Familie und vermutlich auch über seine Kunstauffassung.
Durchgeknallte Geschichte mit autobiografischen Bezügen
Zugleich erzählt der Film aber eine völlig fiktive, durchgeknallte, überhitzte Geschichte über eine Familie und ein heutiges Deutschland am Rande des Nervenzusammenbruchs. Klarsichtig und spielerisch blickt Matthias Glasner auf diese keineswegs leichten Konstellation.
Jeder stirbt und jeder kämpft auf die eine oder andere Weise ums Überleben, auch wenn er sich die meiste Zeit in einem so betäubenden Zustand befindet, dass er eher einer Trägheit als einer Energie ähnelt, die sich bewegen und verwandeln kann.
Sterben als Dauerzustand
Das Sterben des Films ist also kein vorübergehender, sondern ein Dauerzustand. Wie ein buntes Puzzle aus vielen Teilen fügt sich alles zusammen, während wir die besondere Persönlichkeit jeder der Figuren kennen lernen, die alle meisterhaft interpretiert werden.
Wir alle sterben. Wie wir davor leben, müssen die Zurückgebliebenen selbst herausfinden.
„Sterben“ von Matthias Glasner ab 25.4. im Kino
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