Netflix ist im Remake-Fieber: Nach Animes wie „One Piece“ oder „Cowboy Bepop” erlebt nun mit „Avatar – Der Herr der Elemente“ eine beliebte US-Zeichentrickserie ihr lange angekündigtes Real-Remake. Vor allem erwachsene Fans dürften auf ihre Kosten kommen, denn die neue Serie vermeidet viele Fehler der desaströs schlechten Kino-Version von M. Night Shyamalan.
Avatar Aang und seine Freunde sind zurück bei Netflix
Wasser, Erde, Feuer, Luft: In einer Welt, in der Menschen die Mächte der Elemente beherrschen, herrscht Krieg: Die Feuernation will die umliegenden Länder unter ihr Joch zwingen. Der Avatar, der die Kräfte aller Elemente beherrschen kann, ist der Einzige, der die Übermacht der Feuernation ausgleichen kann. Doch der junge Avatar verschwand vor hundert Jahren spurlos – bis jetzt.
2005 veröffentlichte der US-Kindersender Nickelodeon die Zeichentrickserie „Avatar – Der Herr der Elemente“ über die Abenteuer von Avatar Aang und seinen Gefährten. In drei Staffeln versuchten sie, der Feuernation einhalt zu gebieten. Bis heute gibt es eine enorme Fangemeinde, die gerade während der Corona-Pandemie auf Netflix eine gewaltige Renaissance erfuhr. Über Wochen führte die Zeichentrickserie die Seriencharts des Streaming-Anbieters an.
So sieht die neue Serie von „Avatar – Der Herr der Elemente“ aus:
Eine Fantasiewelt mit ostasiatischem Flair
„Avatar – Der Herr der Elemente“ entstand im Zuge des Anime- und Manga-Booms der späten 1990er- und frühen 2000er-Jahre, der mit Titeln wie „Dragonball“, „Sailor Moon“ und „Pokémon“ auch in Deutschland eine bis heute anhaltende Asien-Begeisterung auslöste.
Entsprechend asiatisch kommt das Setting der Serie daher: Das große Erdkönigreich erinnert mit Riesenstädten und strikten Zensurrichtlinien an China. Die Feuernation orientiert sich mit Samurai-Uniformen und klassischer Zen-Ästhetik an Japan.
Die Wasserstämme des Süd- und Nordpols sind in ihrer Tracht den Inuit nachempfunden. Und die ausgelöschten Luftnomaden, deren letzter Überlebender der Avatar ist, sind mit ihren kahlgeschorenen Köpfen und dem Gelb und Orange ihrer Tracht optisch klar den buddhistischen Orden Tibets nachempfunden.
Der zweite Versuch einer Realfilm-Adaption
Netflix tritt mit diesem Remake ein schwieriges Erbe an, denn 2010 scheiterte Regisseur M. Night Shyamalan krachend mit dem Versuch, „Avatar“ als Realfilm zu inszenieren. Shyamalan gelang es nicht, den Humor und die Leichtigkeit der Zeichentrickserie in seinen Film zu übersetzen. Auch die Kondensierung des Materials auf Filmlänge geriet sagenhaft schlecht.
Der größte Kritikpunkt aber fand sich im Whitewashing der Figuren. Obwohl „Die Legende von Aang“, so der deutsche Titel des Films, in einer klar asiatisch inspirierten Welt spielt, wurden alle Heldinnen und Helden des Films mit weißen Schauspielerinnen und Schauspielern besetzt, wohingegen die antagonistische Feuernation mit Darstellern dunklerer Hautfarbe besetzt wurde. Allen voran Feuerprinz Zuko, gespielt vom indischstämmigen Briten Dev Patel.
Kann es Netflix besser?
Die Angst vor einem zweiten Realfilm-Debakel begleiteten die neue „Avatar“-Serie seit der ersten Ankündigung im Jahr 2018. Ursprünglich sollten die Schöpfer der Serie, Michael Dante DiMartino und Bryan Konietzko, als ausführende Produzenten fungieren. Sie verließen das Projekt im Juni 2020 aufgrund kreativer Differenzen mit Netflix.
Neue Hoffnung machte den Fans die gelungene Realserien-Adaption von „One Piece“, die im vergangenen Jahr zu einem der erfolgreichsten Titel des Streaming-Anbieters avancierte. Und auch in Sachen asiatischer Sichtbarkeit scheint Netflix aus vergangenen Fehlern gelernt zu haben: Sowohl vor als auch hinter der Kamera agieren vornehmlich asiatischstämmige Kreative, allen voran Autor und Showrunner Albert Kim.
Obwohl sich das Zeichentrick-Vorbild teilweise bildgenau in der neuen Netflix-Inszenierung erkennen lässt, kommt die Serie doch deutlich düsterer daher. Gerade der Einstieg erinnert mehr an chinesisches Wuxia-Kino und High-Fantasy à la „Game of Thrones“ als an Kinderserien im Nachmittagsprogramm.
In Sachen Ausstattung, Kostüme und Spezialeffekte schafft es „Avatar – Der Herr der Elemente“, die Welt der Vorlage treffsicher wiederauferstehen zu lassen, auch wenn man sich mitunter ein bisschen mehr authentischen Dreck statt Hochglanz-Comic-Look wünschen würde.
Bemerkenswert ist auch die Leistung der jungen Hauptdarstellerriege, vor allem der 14-jährige Gordon Cormier als Avatar Aang und Dallas Liu als sein Widersacher Prinz Zuko überzeugen. Dank ihnen gerät die Serie zum vergnüglichen wie schön gefilmten Fantasy-Spektakel.
Auftakt zum „Avatar Cinematic Universe“?
Fans der „Avatar“-Reihe können sich auch abseits von Netflix freuen. Nach einer Nachfolgeserie über Aangs Avatar-Nachfolgerin Korra im Jahr 2012 und mehreren Fortsetzungen der Originalserie in Comic-Form haben die Serienschöpfer Michael Dante DiMartino und Bryan Konietzko nach ihrem Ausstieg aus der Netflix-Adaption auch ihrerseits angekündigt, die Abenteuer von Aang und seinen Gefährten fortzusetzen. Sie gründeten 2021 die „Avatar Studios“.
Den Auftakt soll im Oktober 2025 ein Zeichentrick-Kinofilm machen, der die Geschichte der Originalserie fortschreiben soll. Es befinden sich nach Medienberichten mehrere Filme und Serien in der Entwicklung. Die Fangemeinde kann sich also auch über die neue Netflix-Serie hinaus auf einiges an Nachschub freuen.
„Avatar – Der Herr der Elemente“, ab 22. Februar auf Netflix
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