Leonie Lorena Wyss findet in „Blaupause“ fantasievolle Bilder und Perspektiven für eine lesbische Teenagerliebe. Das Stück „Blaupause“ gewann 2023 den Autor*innenpreis des Heidelberger Stückemarkts und eröffnet in diesem Jahr das Festival als Uraufführung. Die Inszenierung von Hannah Frauenrath bleibt jedoch brav und farblos.
Geheime Liebe zwischen zwei Teenagerinnen
Die Farbe Blau ist weg – plötzlich verschwunden aus dem Plastikanhänger mit dem Delfin. Aber nicht nur die Farbe dieses wichtigen Erinnerungsstücks fehlt, sondern auch diejenige, an die es die Protagonistin erinnert: die Freundin ist tot.
Sie war die erste große Liebe. Doch das durfte zuerst niemand wissen. Denn bei den regelmäßigen Familientreffen wurde die Protagonistin zwar von der Tante und den 13 Cousinen jedes Mal inquisitorisch nach ihrem Liebesleben befragt.
Aber der Familie wäre nie in den Sinn gekommen, dass sich die Teenagerin auch in ein Mädchen verlieben könnte. Und so hat die junge Frau immer das Gefühl gehabt, dass mit ihr etwas nicht stimme. Bei den Familien-Essen wäre sie am liebsten einfach abgetaucht.
Wo sind die Vorbilder in Filmen und Büchern?
Immer wieder entwirft Leonie Lorena Wyss fantasievolle, sinnliche Bilder, die das Essen mit erotischen Fantasien verbinden. Das erste Begehren und die Veränderungen des eigenen Körpers werden aber von den Mädchen weniger als lustvoll, sondern mehr als verstörend erlebt, weil da die ständige Angst ist, dass der eigene Körper den überall propagierten Normen nicht entspricht.
Und als wäre das nicht alles schon belastend genug, kommt bei der Protagonistin noch dazu, dass sie immer mehr spürt, dass alles um sie herum nur auf heterosexuelle Erotik und Partnerschaften ausgelegt ist. Wo sind die Filme, die Bücher, die Vorbilder für ihre Gefühle, für die Liebe zwischen zwei Frauen?
Inszenierung bleibt farblos
Leonie Lorena Wyss schreibt sich selbst immer wieder in den Text hinein, stoppt den Verlauf der Geschichte und reflektiert das eigene Schreiben: denn auch Wyss selbst hat immer diese tradierten Bilder im Kopf, diese Liebesgeschichten à la Hollywood, wo man schon ganz genau weiß wie der nächste Dialog, die nächste Kamera-Einstellung aussieht.
Leonie Lorena Wyss gelingt es in ihrem Stück „Blaupause“, tatsächlich neue Vorlagen, neue Bilder und Narrative zu kreieren. Die Inszenierung des Stücks am Theater Heidelberg bleibt dagegen brav und farblos.
Regisseurin Hannah Frauenrath findet keine entsprechend fantasievollen und lustvollen Bilder. Und das Bühnenbild von Laura Immler taucht alles in ein kühles, steriles Weiß – so wird nur der Verlust bebildert, nicht aber das Frühlingserwachen. Nur ganz am Ende darf es dann doch etwas hoffnungsvoll blau schimmern.
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