Bühne

Afrodeutsche Perspektiven – Nationaltheater Mannheim erzählt vom Rassismus der Nachkriegszeit

Stand
Autor/in
Marie-Dominique Wetzel

„Brown Babies“, so nannte man Kinder der Nachkriegszeit, deren Väter Schwarze, in Deutschland stationierte US-Soldaten waren. Der Rassismus traf diese Kinder mit voller Wucht: Einige wurden sogar den Eltern entrissen und in Heime gesteckt. Die Berliner Theatermacherin Simone Dede Ayivi und das Mannheimer Stadtensemble bringen deren bedrückende Lebensgeschichten nun auf die Theaterbühne.

Weiße Mutter, Schwarzer Vater

Der Theaterabend erzählt bewegende Geschichten aus einem Nachkriegsdeutschland, das noch deutlich von der Nazi-Zeit geprägt war. In ihrer Kindheit haben die Protagonist*innen besonders unter alltäglichem Rassismus und Behördenwillkür zu leiden gehabt, erklärt Regisseurin Simone Dede Ayivi.

Doch wie bringt man solche Geschichten auf eine Theaterbühne? Auf den Videoleinwänden können die Theaterbesucherinnen und -besucher miterleben, wie die Protagonistinnen gemeinsam über das Areal der ehemaligen US-Kasernen in Mannheim, dem Franklin-Village laufen und nach Spuren ihrer Kindheit und dem Leben ihrer Väter suchen. Auch historische Fotos und Berichte machen deutlich, in welche Zeit hinein diese Kinder damals geboren wurden.

Bürokratischer Rassismus im Nachkriegsdeutschland

Das Absurde an der damaligen Situation war, sagt Simone Dede Ayivi, dass die deutschen und die US-amerikanischen Behörden einen riesigen bürokratischen Aufwand wegen dieser Kinder betrieben hätten. Allein aus dem Grund, weil die Kinder Schwarz waren und als unehelich stigmatisiert wurden und man sie deswegen nicht einfach bei ihren Müttern – und Vätern – gelassen hat.

Dieser Theaterabend soll erst der Anfang der Aufarbeitung dieses Kapitels afrodeutscher Geschichte sein. Gemeinsam mit Simone Dede Ayivi möchte das Mannheimer Stadtensemble möglichst viele dieser Lebensgeschichten sammeln und für das kollektive Gedächtnis bewahren.

Instagram-Reel: Das Schicksal dunkelhäutiger Kinder 1937 in Deutschland

Gespräch Diskriminiert und zwangssterilisiert: Das Schicksal der sogenannten „Rheinlandbastarde“

Der Autor und Graphiker Michael Lauter hat die Lebensgeschichte von Josef und Susanne Kaiser recherchiert, zwei von rund 400 Kindern aus Beziehungen deutscher Frauen mit Schwarzen Soldaten.

SWR Kultur am Mittag SWR Kultur

Afrodeutsche Lebenswelten

Zeitgeschichte Die afrodeutsche Bewegung – Schwarz, weiblich, selbstbewusst

In ihrem Manifest "Farbe bekennen" von 1986 machten die Autorinnen Rassismus öffentlich und verwiesen auf die lange, afrodeutsche Geschichte.

Das Wissen SWR Kultur

Zeitgenossen Lara-Sophie Milagro: „Schauspiel ist eine Überlebensstrategie für mich.“

„Sich nicht erklären müssen, sei das größte Privileg“ hat die afrodeutsche Schauspielerin Lara-Sophie Milagro mal gesagt. Denn sie muss und musste sich in ihrem Leben immer wieder erklären.

SWR2 Zeitgenossen SWR2

Feature Black Power in den Goldenen Zwanzigern – Afrodeutsche auf Spurensuche

Die Anfänge der Schwarzenbewegung in Deutschland liegen in den 1920er Jahren. David Siebert trifft Nachkommen der damaligen Aktivisten, erzählt über Völkerschauen, verdrängte Kolonialgeschichte und Mut. 
Von David Siebert

Feature SWR Kultur

Stand
Autor/in
Marie-Dominique Wetzel