Bei der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz hat die SPD ihre Spitzenposition verteidigt. Während die CDU deutliche Verluste hinnehmen musste, sind die Freien Wähler erstmals im Landtag vertreten.
Laut dem vorläufigen amtlichen Endergebnis kommt die SPD auf 35,7 Prozent (- 0,5 Prozentpunkte im Vergleich zu 2016). Sie bleibt damit stärkste Kraft im Land. Die CDU erreicht 27,7 Prozent und muss damit deutliche Verluste hinnehmen (- 4,1). Für die Christdemokraten ist es das schlechteste Ergebnis, das sie bei Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz jemals erzielt haben.
Drittstärkste Partei wurden die Grünen mit 9,3 Prozent und gewinnen deutlich dazu (+ 4,0). Die AfD erhält 8,3 Prozent der Stimmen (- 4,3). Die FDP landet bei 5,5 Prozent (- 0,7). Erstmals im Landtag vertreten sind die Freien Wähler (FW) mit 5,4 Prozent (+ 3,2). Die Linke verpasst mit 2,5 Prozent erneut den Einzug ins Parlament. Am 26. März stellte der Landeswahlleiter das endgültige Ergebnis zur Landtagswahl fest, das diese Stimmverteilung bestätigt. Es gab kleine Korrekturen beispielsweise bei der Zahl der gültigen und ungültigen Stimmen.
Ampel-Koalition weiterhin möglich, Absage an Große Koalition
Mit dem Ergebnis ist eine Fortführung der derzeit regierenden Ampel-Koalition von SPD, FDP und Grünen unter der Leitung der amtierenden Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) möglich. Auf die Frage, ob die Ampel-Koalition weiter gehen solle, sagte Dreyer: "Ich habe nie einen Zweifel daran gelassen, dass das Regierungsbündnis ein tolles war und dass ich mich auch freue, wenn es weitergeht."
Einer Großen Koalition mit der CDU erteilte der SPD-Landesvorsitzende Roger Lewentz eine deutlich Absage.
Live-Blog zum Nachlesen So verlief die Landtagswahl in Rheinland-Pfalz
Die Rheinland-Pfälzer haben ihre Stimme für die Landtagswahl abgegeben. Lesen Sie die wichtigsten Entwicklungen des Wahlsonntags und die Reaktionen der Parteien im Live-Blog nach.
Dreyer: "Ein glücklicher Abend"
Dreyer sagte: "Für mich ist es ein glücklicher Abend. Wir haben es geschafft. Es ist eine Bestätigung für unsere Regierungsarbeit." Sie sprach von einem klaren Regierungsauftrag. Auch Lewentz zeigte sich erfreut vom Abschneiden seiner Partei: "Unser Ergebnis ist eine Sensation. Wir sind stärkste Kraft im Land."
Baldauf: "Ein bitterer Abend"
Ihr CDU-Herausforderer Christian Baldauf zeigte sich enttäuscht. Er sprach von einem bitteren Abend und gratulierte Dreyer. Der Fraktionsvorsitzende dankte seinen Parteifreunden für den Einsatz. "Wir dürfen nicht den Kopf hängen lassen. Wir werden in den nächsten Tagen genau analysieren, woran es gelegen hat. Heute gibt es nichts schönzureden."
Die CDU-Landesvorsitzende Julia Klöckner sagte, der Wahlausgang sei kein schönes Ergebnis. Man sei enttäuscht. Die Umstände seien mehr als schwer gewesen, als Opposition zu punkten. Mit Blick auf die sogenannte Maskenaffäre in der Union sagte Klöckner, überall gebe es Verfehlungen und es sei bitter, wenn dann eine Partei gesamt in Haftung genommen werde.
Grüne: Klarer Regierungsauftrag
Anne Spiegel, Spitzenkandidatin der Grünen, sprach von einem großartigen Wahlkampf und einem "fulminanten Auftakt in ein Superwahljahr". Das Ergebnis sei ein klarer Regierungsauftrag für konsequenten Klimaschutz. "Genau das wollen wir auch in einer kommenden Regierung dann umsetzen. Wir haben unser Ergebnis stark gesteigert."
Volker Wissing vom Koalitionspartner FDP sagte, es spreche viel dafür, dass die Ampelregierung bestätigt werde. Spitzenkandidatin Daniela Schmitt ergänzte: „Entscheidend ist, dass man die Verantwortung annimmt. Unser Ziel ist es, Rheinland-Pfalz weiterzuentwickeln."
Freie Wähler: "Tiefe Freude"
Der Spitzenkandidat der AfD, Michael Frisch, sagte, seine Partei sei nicht enttäuscht. "Wir hatten das Ziel, zweistellig zu werden. Wir hatten mit schwierigen Rahmenbedingungen zu kämpfen." Vor fünf Jahren sei man auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise gewesen - "das hat uns damals einen unglaublichen Zulauf bei den Wählern gebracht". Während der Corona-Pandemie sei man als Oppositionspartei kaum vorgekommen. Das habe es der AfD schwer gemacht, ihre Botschaften an die Wähler heranzutragen.
Jubel gab es bei den Freien Wählern, die erstmals ins Parlament einziehen. Ihr Spitzenkandidat Joachim Streit sagte, er empfinde eine tiefe Freude. "Das, was wir uns vorgenommen haben, in den Landtag zu kommen, ist erreicht. Ein gutes Pferd springt knapp, sagt man im Reitsport."
Hoher Anteil an Briefwählern
Rund 3,1 Millionen Rheinland-Pfälzer waren am Sonntag dazu aufgerufen, einen neuen Landtag zu wählen. Die Wahlbeteiligung von 64,4 Prozent blieb um sechs Prozentpunkte hinter der Landtagswahl 2016 zurück. Nur bei den Wahlen von 2001 bis 2011 war die Beteiligung noch geringer.
Die meisten Wahlberechtigten hatten wegen der Corona-Pandemie ihre Stimme bereits vor dem Wahltag per Brief abgegeben. Insgesamt gaben 65 Prozent aller Wähler ihre Stimme auf diesem Weg ab. Das ist bundesweit der höchste Wert aller Zeiten.
Die Reaktionen aus Berlin
SPD-Chef Norbert Walter-Borjans wertete die Wahlergebnisse in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg als Beleg dafür, dass die CDU als Regierungspartner nicht benötigt werde. "In beiden Ländern bietet sich eine progressive Regierung an, ohne CDU. Wir sollten diese Chance nutzen", so Walter-Borjans.
CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak sprach von "persönlichen Erfolgen der Ministerpräsidenten". Mitverantwortlich sei auch die Maskenaffäre gewesen, die der CDU geschadet habe. Norbert Röttgen sprach von "traurigen Ergebnissen in ehemaligen Stammländern" seiner Partei.
Die Parteispitze der Grünen reagierte hocherfreut auf die Wahlerfolge. "Es ist ein super Start ins Superwahljahr", sagte Parteichef Robert Habeck.
Auftakt ins Super-Wahljahr
Die Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg waren die ersten seit Beginn der Corona-Pandemie vor rund einem Jahr. Insgesamt traten in Rheinland-Pfalz zwölf Parteien und eine Wählervereinigung (Klimaliste) an. In den 52 Wahlkreisen gab es 389 Direktkandidaten. Auf den Landeslisten stellten sich 688 Bewerber zur Wahl.
Dem Landtag gehören in der Regel 101 Abgeordnete an. Es kann zu Überhang- und Ausgleichsmandaten kommen, wenn eine Partei mehr Sitze durch Direktmandate holt als ihr nach dem Landesergebnis zustehen würde.