Das Vertrauen in den Staat und seine Institutionen schwindet. Das ist nicht gut und auch nicht angebracht, meint Pascal Fournier in seiner Kolumne "Zwei Minuten".
Das Verhältnis des und der Einzelnen zum Staat: Klar, wichtiges Thema. Aber ganz ehrlich: in der Regel befasse ich mich nicht allzu intensiv damit. Eigentlich gar nicht. In dieser Woche allerdings: gleich zweimal.
Und das kam so: Das eine mal bin ich morgens in der Zeitung über einen Artikel gestolpert, demzufolge laut einer Umfrage nur noch ein Viertel der Bürgerinnen und Bürger darauf vertraut, dass der deutsche Staat mit seinen Institutionen die anstehenden Probleme und Herausforderungen bewältigen kann. 70 Prozent dagegen sagen: Kann er nicht, schafft er nicht!
Die Kolumne von Pascal Fournier können Sie hier auch als Audio hören:
Staatliches Image-Problem
Mein erster Gedanke: Das ist irgendwie unfair. Dieser Staat hat dafür gesorgt, dass wir die Pandemie halbwegs überstanden haben, die Explosion der Energiepreise, die Inflation, die Zeitenwende. Ja, mit Steuermilliarden, natürlich! Und: Ja, vieles hätte besser laufen können. Aber auch: Deutlich schlechter, also war doch erst mal nicht alles nur falsch! Außerdem: Der Staat, das ist ja nicht irgendein anonymes Gegenüber, sondern: „Der Staat“ – das sind wir. Artikel 20 Grundgesetz: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.“
Jede und jeder darf aktiv werden, Leserbriefe und Mails schreiben, Gemeinderatssitzungen und Abgeordneten-Sprechstunden besuchen, wählen oder sich wählen lassen und es dann besser machen! Mangelndes Vertrauen in dieses Gemeinwesen ist so gesehen letztlich mangelndes – Selbstvertrauen.
Hier läufts nicht rund
Allerdings gibt’s für die Vertrauenskrise auch gute Gründe: Die Regierungsfliegerpanne IST peinlich. Die Wirtschaft schwächelt, die Inflation ist immer noch hoch, Digitalisierung und Bürokratieabbau kommen nicht aus dem Quark. Die wohltuende Pause vom Gezänk der Ampelkoalition ist seit dieser Woche definitiv vorbei. Und die deutsche Version der Cannabis-Legalisierung ist mit 184 Seiten so kompliziert, dass sie einen direkt in den Drogenkonsum treiben könnte. Selbst die DFB-Frauen sind früh ausgeschieden. Es stimmt schon: Vieles läuft auch nicht gut hierzulande. Ganz ohne Grund schwindet das Vertrauen in den Staat nicht. Und NUR Kanzler-Optimismus bringt es auch nicht zurück.
Die zweite Auseinandersetzung mit dem Thema „der Einzelne und der Staat“ kam nur einen Tag später – einigermaßen unerwartet, im Wald, beim Pilze suchen. Da bin ich über einen Ast gestolpert – und musste lernen, dass andere zu 100 Prozent, jederzeit, kompromisslos und unerbittlich für ihren Staat eintreten, mit allem, was sie haben, ohne nachzudenken. Ich habe den Fuß aus dem Wespennest gezogen und bin gerannt, so schnell ich konnte. Nicht schnell genug. Elf Stiche.
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