Die Verhandlungen zwischen der Deutschen Bahn und der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) spitzen sich zu. Nachdem die GDL zu einem Warnstreik aufgerufen hat, ist der zweite Verhandlungstermin geplatzt. Alles Wichtige im Überblick.
Der Vorsitzende der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), Claus Weselsky, hatte den Warnstreik bei der Deutschen Bahn unmittelbar vor der geplanten zweiten Verhandlungsrunde verteidigt. Damit wolle die GDL den Druck auf die Bahn erhöhen. Das Ergebnis war jedoch eine Verhandlungsabsage. "Entweder man streikt, oder man verhandelt. Beides gleichzeitig geht nicht", sagte Personalvorstand Martin Seiler am Mittwoch.
Das sind die Forderungen der GDL
Die GDL fordert bei einer Tariflaufzeit von einem Jahr eine Lohnerhöhung von mindestens 555 Euro sowie eine Erhöhung der Zulagen für Schichtarbeit um 25 Prozent und eine steuerfreie Inflationszahlung von 3.000 Euro. Kernanliegen ist aber eine 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich in einer Vier-Tage-Woche für Beschäftigte im Schichtdienst. Laut GDL-Chef Weselsky könnten bessere Arbeitsbedingungen helfen, mehr Menschen für Mangelberufe wie Lokführer oder Fahrdienstleiter zu begeistern.
Das sind die Angebote der Bahn
Die Deutsche Bahn bietet elf Prozent mehr Lohn sowie eine Inflationsprämie von bis zu 2.850 Euro bei einer Laufzeit von 32 Monaten. Das lässt sich mit dem für den öffentlichen Dienst im Bund und in den Kommunen abgeschlossenen Tarifvertrag vergleichen. Die von der GDL geforderte Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich lehnte der Konzern ab. Laut Bahn müsste das Personal dafür kräftig aufgestockt werden, was angesichts der aktuellen Lage am Arbeitsmarkt nur schwer möglich sei.
Der GDL-Chef verteidigte die Forderung nach einer 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich. Bei der Deutschen Bahn fehlten Arbeitskräfte, "da müssen wir das Schichtsystem attraktiver machen", so Weselsky.
Verbände kritisieren Vorgehen der GDL
Das Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln (IW), hat den Streik der GDL kritisiert. Die Forderungen der Gewerkschaft seien für die Bahn zu hoch. Es wären 10.000 neue Mitarbeitende nötig, um die Arbeitszeit auf 35 Stunden pro Woche zu reduzieren. Hinzu komme: "In keinem anderen Bahnberuf ist die Fachkräftelücke so groß", erklärte das IW.
Auch der Fahrgastverband Pro Bahn bemängelt den kurzfristigen Streik der GDL. Dieser hätte mindestens 48 Stunden vorher angekündigt werden sollen, damit sich die Bahnreisenden darauf einstellen können, sagte der Vorsitzende Detlef Neuß. Das Streikrecht stehe nicht in Frage, aber grundsätzlich solle die GDL daran denken: "Der Fahrgast ist nicht Tarifpartner und der Nahverkehr ist Daseinsvorsorge", heißt es bei Pro Bahn.
Claus Weselsky mit hartem Verhandlungsstil
Die Verhandlungen zwischen GDL und Bahn verlaufen ungewöhnlich. Selten hatte der Konzern nach der ersten Verhandlungsrunde schon ein Angebot gemacht. Außerdem hatte die GDL meist erst im späteren Verhandlungsverlauf gestreikt.
Für Claus Weselsky wird es jedenfalls die letzte Verhandlungsführung sein. 2024 wird er 65 Jahre alt. Dann geht der als "Hardliner“ bekannte Vorsitzende der GDL in den Ruhestand. Weselsky, der ebenfalls Lokführer war, ist für seine harten Verhandlungen mit der Deutschen Bahn bekannt geworden. Für viele Bahnreisende steht sein Name vor allem für Streiks. Das hat er bereits zu Beginn der Tarifverhandlungen wieder unter Beweis gestellt.
Weselsky hat bei den Verhandlungen zwei strategische Druckmittel. Zum einen hat die GDL als Spartengewerkschaft eine zentrale Funktion bei der Bahn: Ohne Lokomotivführer liegt der komplette Schienenverkehr lahm. Zum anderen wären die Auswirkungen eines Streiks in der Adventszeit besonders schwerwiegend.
Wie geht es weiter?
Insgesamt waren vier weitere Verhandlungstermine angesetzt. Die zweite Verhandlungsrunde am 16. und 17. November hat die Bahn nach den Warnstreiks abgesagt. Weitere Treffen wurden für den 23. und 24. November, für den 5. und 6. Dezember sowie für den 14. und 15. Dezember vereinbart. Ob diese stattfinden, ließen beide Seiten noch offen.
Dass längere Streikwellen und ein harter Arbeitskampf nicht unwahrscheinlich sind, konnten Bahnreisende und Konzern bereits 2021 und 2014/2015 miterleben. Damals gab es innerhalb eines Jahres neun Streikwellen. Laut Handelsblatt standen die Züge damals 765 Stunden lang still.
Sollte Weselsky die Verhandlungen für gescheitert erklären und eine Urabstimmung über unbefristete Streiks einleiten, dann könnte es in der Vorweihnachtszeit zu weitreichenden Zugausfällen kommen. Entwarnung gibt es immerhin für die Feiertage. Weselsky betonte, dass die GDL an Weihnachten nicht streiken werde.
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