Vulcast in Jünkerath beantragte nach der Flut 2021 Hilfen - machte Anfang dieses Jahres aber sein Werk dicht. Die Landesbank fordert das Geld zurück. Laut Gericht zu Recht.
Das Verwaltungsgericht musste entscheiden: Entweder ist rechtmäßig Fluthilfe und damit Steuergeld an einen Betrieb geflossen, der kurze Zeit später nicht mehr existierte - oder ein ohnehin insolventer Betrieb muss jetzt auch noch Hilfsgelder zurückzahlen. Er muss, teilte das Gericht jetzt mit.
Um zu klären, wie es so weit kommen konnte, braucht es erst einen Rückblick ins Jahr 2021: Der kleine Ort Jünkerath wird am 14. Juli als einer der ersten in der Vulkaneifel von den Wassermassen der Jahrhundertflut getroffen. Auch in der Eisengießerei von Vulcast Germany, die dort seit 1687 steht, gibt es nach eigenen Angaben so große Zerstörungen, dass der Betrieb zunächst nicht weitergehen kann.
April 2022: 350.000 Euro Fluthilfe beantragt
Also beantragt das Unternehmen im April 2022 Geld aus dem Sondervermögen "Aufbauhilfe 2021" des Bundes. Die Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz (ISB) bewilligt im Juli 2022 rund 350.000 Euro, damit Vulcast seine Schäden reparieren kann. Gut 66.000 Euro davon werden im September 2022 ausgezahlt. Der Rest soll laut Sachverhaltsdarstellung des Gerichts ausgezahlt werden, wenn die Rechnungen für die weiteren Reparaturen vorliegen.
Laut Auskunft der Investitions- und Strukturbank auf ihrer Internetseite dürfen Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft diese Hilfe beantragen, wenn die Flut bei ihnen mehr als 5.000 Euro Schaden verursacht hat. Es sei denn, das Unternehmen war zur Zeit der Katastrophe - also am 14. und 15. Juli 2021 - insolvent oder es nimmt seinen Betrieb nach den bezahlten Reparaturen nicht mehr auf.
Auch April 2022: Insolvenz angemeldet
Aber da ist der Knackpunkt, aus Sicht der Landesbank: Fast gleichzeitig mit dem Antrag auf Fluthilfe stellt Vulcast Ende April 2022 auch einen anderen Antrag: den auf Insolvenz. Nach Angaben eines Vertreters des Insolvenzverwalters hat die Flut auch mit Anteil an Vulcasts Insolvenz: Das Unternehmen habe die Schäden von mehreren 100.000 Euro zunächst aus eigener Tasche beseitigt. Zusammen mit hohen Energie- und Rohstoffkosten habe das zur Schieflage geführt.
Das Insolvenzverfahren wird am 1. Juli 2022 eröffnet, das ist auch der ISB bekannt. Bei Vulcast fließt das heiße Eisen in der Zwischenzeit aber auch wieder. Während des Insolvenzverfahrens läuft der Betrieb weiter.
Dann aber kann der Insolvenzverwalter keinen neuen Investor für den Standort in Jünkerath finden. Mitte November informiert er die ISB darüber, dass der Betrieb zum 31. Januar 2023 eingestellt wird. Daraufhin widerruft die ISB die Bewilligung der 350.000 Euro auch für die Vergangenheit und verlangt die bereits ausgezahlten 66.000 Euro zurück.
ISB will Flutgeld zurückhaben
Vulcasts Insolvenzverwalter legt Widerspruch ein: Er ist der Ansicht, das Geld habe Vulcast zugestanden. Schließlich war das Unternehmen zur Zeit der Flut noch nicht insolvent. Außerdem habe es den Betrieb wieder aufgenommen, nachdem die Schäden durch die Flut beseitigt waren und bevor der Betrieb Ende des Jahres endgültig eingestellt wurde.
Weil die ISB diesen Widerspruch abgelehnt hat, klagte der Insolvenzverwalter jetzt. Vor Gericht galt es also zu klären: War Voraussetzung, das Flutgeld zu erhalten, nur, dass Vulcast den Betrieb nach der Flut wieder aufnimmt? Oder war es auch eine Bedingung, dass der Betrieb auch dauerhaft fortgeführt wird?
Wiederherstellung der Lage vor der Flut maßgeblich
Das war tatsächlich die Bedingung, sagt das Verwaltungsgericht jetzt in seinem Urteil. Demnach wurde die Fluthilfe mit dem Zweck bewilligt und ausgezahlt, dass der Betrieb wieder aufgenommen und fortgeführt wird, bis die Lage vor der Flut wiederhergestellt ist. Dafür wurde ein Zeitraum bis Sommer 2025 angesetzt.
Da der Betrieb eingestellt wurde, könne bis Sommer 2025 aber die Lage vor der Flut bei Vulcast nicht mehr hergestellt werden, so das Gericht. Denn maßgeblich sei, dass alle Voraussetzungen zusammen bis zum 19. Juli 2025 erfüllt sind: Bis dahin hätten alle Reparaturen durchgeführt, die Nachweise dazu vorgelegt, die Förderung vollständig ausbezahlt und der Betrieb wiederaufgenommen sein müssen.
Vulcast muss dem Urteil nach also die bereits erhaltenen 66.000 Euro zurückzahlen und hat keinen Anspruch auf weitere Fluthilfen. Innerhalb eines Monats kann gegen die Entscheidung Berufung vor dem Oberverwaltungsgericht in Koblenz beantragt werden.