Solaranlagen auf denkmalgeschützten Gebäuden sollen bald die Regel sein. Eine gute Nachricht für Hausbesitzer. Denkmalschützer bleiben skeptisch.
Schwarze Solarpanele auf der Porta Nigra in Trier, den Manderscheider Burgen, der Basilika in Prüm oder dem Brückentor in Traben-Trarbach? Laut einer neuen Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums des Landes Rheinland-Pfalz ist das jetzt theoretisch möglich.
Das Land will einen "Paradigmenwechsel", um den Ausbau erneuerbarer Energien voranzutreiben, heißt es vom Ministerium. Demnach wird es ab jetzt die Regel und nicht mehr die Ausnahme, dass Solaranlagen auch auf Dächern denkmalgeschützter Gebäude genehmigt werden. Auch, wenn im Einzelfall das Erscheinungsbild des Denkmals eingeschränkt wird.
"Alte, schöne Dächer aus Naturschiefer oder Klinker mit Solaranlagen zuzuknallen und damit zu verschandeln - ich weiß nicht, ob das im Sinne des Denkmalschutzes zu Ende gedacht ist", sagt dazu Karlheinz Scheurer. Er ist Vorsitzender des Vereins Trier-Gesellschaft, der sich für Kulturdenkmäler in der Stadt Trier einsetzt.
Solaranlagen könnten Denkmäler "verschandeln"
Erst kürzlich habe Scheurer mit dem Besitzer eines denkmalgeschützten Hauses aus dem 18. Jahrhundert gesprochen, der überlege, Solaranlagen auf seinem Schieferdach zu installieren. Das fand Scheurer nicht gut. Auch solche Häuser sind aber von der neuen Regelung betroffen: Laut Innenministerium sind rund drei Prozent des Gebäudebestandes im Land denkmalgeschützt.
Denkmalschützer Scheurer ist der Meinung, das Ministerium habe seine neue Regelung schnell mit heißer Nadel gestrickt: "Da kann man sicher eine andere Lösung finden. Solche Solaranlagen baut man doch besser über einen Parkplatz. Die Fläche dort ist doch schon versiegelt."
Dabei ist er nicht pauschal gegen Solarenergie: "Wenn jetzt im Hinterhof eines Denkmals eine Photovoltaikanlage installiert werden soll, wo sonst seit Jahren keiner war, wird das sicher nicht stören." Außerdem müsse er sich noch eingehender mit der neuen Vorschrift beschäftigen.
Ermessensspielraum bei besonders bedeutsamen Denkmälern
Dass durch die neue Regelung jetzt plötzlich bedeutende Wahrzeichen in der Region Trier mit Solaranlagen abgedeckt werden, ist trotzdem unwahrscheinlich. In der Mitteilung des Ministeriums gibt es nämlich eine Ausnahme.
Eine Entscheidung gegen Solaranlagen komme "bei hoher baukünstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung eines Kulturdenkmals, bei ortsbildprägenden Kulturdenkmälern mit herausragender Lage oder bei erheblichen Eingriffen in die denkmalwerte Bausubstanz" in Betracht. Das räumt Ermessen ein.
Dass etwa die Porta Nigra mit Photovoltaik (PV) versehen wird, müsste zuerst jemand beantragen und dann von einer Behörde genehmigt werden. Das sieht auch der Kreis Bernkastel-Wittlich für die Denkmäler in seinem Besitz so. Eine Sprecherin sagte dem SWR, man verstehe den Richtlinienentwurf so, dass weiterhin in jedem Einzelfall zu prüfen ist, ob eine erhebliche Beeinträchtigung des Denkmals vorliegt.
Wahrscheinlich keine Änderung im Prozedere
Die endgültige Richtlinie liege noch nicht vor. Der Kreis Bernkastel-Wittlich geht aber nicht davon aus, dass sich dadurch in seinem Prozedere wesentlich etwas ändern wird.
Schon bisher habe die Denkmalschutzbehörde des Kreises nicht alle PV-Anlagen auf Kulturdenkmälern abgelehnt. Und wie bisher müsse man sich auch in Zukunft im Genehmigungsverfahren mit der Generaldirektion Kulturelles Erbe in Mainz absprechen.
Können Dächer Solaranlagen tragen?
Daneben, dass Kulturdenkmäler durch Solaranlagen "verschandelt" werden könnten, wie Denkmalschützer Scheurer es nennt, gibt es noch eine weitere Frage: Können die alten Dächer der Denkmäler die Anlagen überhaupt tragen?
Bei einigen denkmalgeschützten Gebäuden im Kreis Bernkastel-Wittlich wäre eine solche Installation ohnehin nicht möglich. Das funktioniert wegen der Dachgauben und dem Neigungswinkel der Dächer nicht, erklärte die Sprecherin.
Auch das Bistum Trier hält es erst für sinnvoll, PV-Anlagen auf den Schieferdächern seiner Kirchen zu installieren, wenn diese saniert werden müssen. Auch aus bautechnischen Gründen befürworte man die Montage solcher Anlagen nicht: Unter den Modulen sei das Dach kaum mehr zu reparieren und die Befestigung erzeuge Schwachstellen am Dach.
Entscheidungsspielraum, aber keine Pflicht
Auch hier müsse aber im Einzelfall entschieden werden. Ohnehin seien die meisten denkmalgeschützten Kirchen im Bistum Trier im Besitz der Kirchengemeinden, die einen Antrag auf eine Solaranlage stellen müssten.
Der damit erzeugte Strom könne aber in der Regel nicht zum Heizen der Kirche genutzt werden, sagte eine Sprecherin: "In der Montage von PV-Anlagen auf denkmalgeschützten Gebäuden ist in erster Linie ein Beitrag zur Erhaltung der Schöpfung zu sehen." Denn damit könnten etwa benachbarte Kindergärten versorgt werden.
Grundsätzlich begrüße man alle Bemühungen um den Klimaschutz. Und damit auch die neue Richtlinie, die mehr Entscheidungsspielräume gewähre. Auch das Bistum versteht die neue Verwaltungsvorschrift aber nicht als Pflicht, Solaranlagen auf denkmalgeschützten Gebäuden zu installieren.