Seit der Trierer Amokfahrt am 1. Dezember 2020 ist Daniel Hofmann an PTBS erkrankt. Mit seiner Assistenzhündin und viel familiärer Unterstützung kämpft er sich zurück ins Leben.
"Ich bin in der Freiwilligen Feuerwehr gewesen, ich bin Rettungsdienst gefahren. Ich bin als Ersthelfer zu schweren Unfällen rausgefahren. Ich habe schon viel gesehen in meinem jungen Alter", erzählt Daniel Hofmann aus Trittenheim an der Mosel. Dass er mal an einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) erkrankt, war für ihn unvorstellbar.
Der 1. Dezember 2020, der Tag der Amokfahrt in Trier, änderte für den heute 27-Jährigen alles. Er arbeitete im Kommunalen Vollzugsdienst. Er und seine Kollegen wurden zur Unterstützung in die Stadt bestellt. Was er an diesem Tag gesehen hat, darüber spricht er vor dem Mikrofon nicht - denn das belaste ihn.
Erlebnisse führen zur Arbeitsunfähigkeit
Dass über PTBS in Folge der Tat gesprochen wird, sei ihm wichtig, sagt er. Denn es gebe noch deutlich mehr Betroffene. Doch kaum jemand spreche darüber.
"Begonnen hat alles mit Panikattacken und massiven Schlafstörungen", sagt Hofmann. Zur PTBS ist eine schwere soziale Anpassungsstörung gekommen. Große Menschenmengen und die Interaktion mit fremden Menschen seien für ihn zum Problem geworden. Hinzu kommt eine sogenannte Dissoziation, sagt Hofmann. "Das kann man sich vorstellen, wie ein Computer, der sich aufhängt. Dann verharre ich, starre Löcher in die Luft oder tue irgendwas, was zum Teil keinen Sinn ergibt." Das führe dazu, dass er auch unter ständiger Aufsicht sein müsse, da er sich sonst auch in Gefahr begeben könnte.
Mit 27 Jahren ist Daniel Hofmann in den Ruhestand versetzt worden. Er wurde mittlerweile in Pflegestufe 2 eingestuft. Allein im vergangenen Jahr habe er 32 Wochen, also mehr als ein halbes Jahr, in einer Klinik verbracht.
Assistenzhund schenkt neuen Lebensmut
Während Daniel erzählt, ist Vega, seine Assistenzhündin, immer um ihn herum, legt die Schnauze auf seinen Schoß und lässt sich von ihm streicheln. Die Hündin gibt ihm Halt. "Vega bedeutet für mich Hoffnung und einen Weg der Teilhabe." Die Hündin hat er während eines Klinikaufenthalts kennengelernt. Regelmäßig trainiert Daniel gemeinsam mit Vega und einer Assistenzhunde-Ausbilderin.
Vega sucht den Körperkontakt und erkennt frühzeitig, wenn Daniel in eine Dissoziation verfällt. "Das hilft mir, im Hier und Jetzt zu bleiben, weil ich physische Reize bekomme." Durch die PTBS habe er das ständige Bedürfnis, alles um sich herum unter Kontrolle haben zu müssen. Der Hündin könne er diese Kontrollaufgabe abgeben. "Beim Bäcker kann ich ihr die Verantwortung dafür geben, dass sie aufpasst, was hinter mir ist und kann mich darauf konzentrieren, was vor mir ist und habe so mehr Ressourcen frei, um mir ein Brötchen zu kaufen." So komme er aus der Situation ohne eine Dissoziation heraus.
Assistenzhündin nur durch Spenden finanzierbar
Vega und ihre Ausbildung kostet Daniel insgesamt 15.000 Euro. Eine Summe, die er unmöglich alleine stemmen könne, sagt er. Denn auch seine Frau könne in ihrem Beruf als Krankenschwester nur noch eingeschränkt arbeiten, da sie ihn rund um die Uhr betreuen müsse.
Um die Kosten für die Hündin und dazugehörige Ausbildung zu stemmen, haben er und seine Frau eine Crowdfunding-Aktion im Internet gestartet. In einem sehr ausführlichen Text beschreibt Daniel seine Situation. Am Anfang sei es ein sehr unangenehmer Schritt gewesen, an die Öffentlichkeit zu gehen und in eine Bittstellerrolle zu kommen. Doch das habe sich während der Spendensammelaktion geändert.
Pudel riecht Madeleines Angst
Um wieder am Leben teilnehmen zu können, hat Madeleine aus Weinstadt seit drei Jahren einen Assistenzhund. Pudel Bailey erkennt ihre Panikattacken, bevor Madeleine sich ihrer bewusst ist. Außerdem kann Bailey Notfallmedikamente aus Madeleines Rucksack holen. Damit gibt ihr der Hund im Alltag Sicherheit, die ihr Menschen nicht geben können.
Zuspruch durch Sammelaktion gibt Kraft
Nachdem Daniel die Sammelaktion online gestellt hatte, ging diese durch die Decke. Innerhalb von 24 Stunden war das Spendenziel von 7.000 Euro erreicht. Mittlerweile sind über 9.000 Euro zusammengekommen. Daniel ist nicht nur für das Geld dankbar, sondern auch für die vielen positiven und aufmunternden Nachrichten, die er bekommen hat. "Das hat mich nach vorne gebracht, weil ich gesehen habe, wie viele Menschen Anteil nehmen und auch, wie viele Menschen auch betroffen sind." Wie er, würden sich viele wünschen, dass das Krankheitsbild PTBS mehr in der Gesellschaft aufgegriffen wird.
Positiver Blick in die Zukunft
Als seine Assistenzhündin Vega zum Jahreswechsel noch nicht da war, habe er kaum eine Perspektive gesehen, erzählt er. Das habe sich jetzt geändert. "Durch Vega sehe ich wieder einen Weg, den ich gehen kann und das gibt mir sehr viel Kraft." Auch, dass die Hündin für seine Frau und seine Familie eine Unterstützung ist, gebe im Halt.