Im Bistum Trier sind so viele Katholiken wie noch nie aus der Kirche ausgetreten. Dominikaner-Mönch Albert Seul aus Klausen in der Eifel findet klare Worte dafür.
Albert Seul ist Dominikaner-Mönch und Pfarrer der katholischen Kirchengemeinde im Wallfahrtsort Klausen (Kreis Bernkastel-Wittlich). Der Pater steht für eine moderne Kirche und nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn es darum geht, Missstände in der katholischen Kirche offen anzusprechen.
Im SWR äußerte sich der Pfarrer über die Rekord-Austrittszahlen im Bistum Trier. Dort haben der katholischen Kirche im Jahr 2022 rund 28.000 Frauen und Männer den Rücken gekehrt. Das sind gut 50 Prozent mehr als im bisherigen Rekordjahr 2021. Das sei für ihn zwar "von der Tendenz absehbar gewesen, aber in dieser Höhe trotzdem überraschend", so der Pater.
Negativ-Rekordjahr 2022 Bistum Trier: So viele Katholiken wie noch nie treten aus der Kirche aus
Rund 28.000 Frauen und Männer haben der katholischen Kirche im Jahr 2022 im Bistum Trier den Rücken gekehrt. Das sind gut 50 Prozent mehr als im Vorjahr.
Auch im Wallfahrtsort Klausen steigen die Austrittszahlen
Auch in seiner eigenen Pfarreiengemeinschaft beobachtet Albert Seul die Entwicklung im Kleinen. Die Austrittszahlen stiegen auch dort seit Jahren. Was ihn besonders schmerzt: Es seien vor allem Menschen aus der Mitte der Gesellschaft, die nichts mehr von der Kirche wissen wollten. "Jüngere, aber auch Ältere, die früher in der Kirche aktiv waren", so der Pfarrer.
Angesichts der Reformunwilligkeit der katholischen Kirche machen sich bei dem engagierten Dominikaner-Mönch eine gewisse Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit breit. Albert Seul: "Wir sind auf dem besten Wege zur Sekte zu verkommen. Ich kann in keiner Weise erkennen, dass man von Seiten der Weltkirche bereit ist, Veränderungen anzustoßen."
Pfarrer Albert Seul fordert Lockerung des Zölibats
Eigentlich hätte man bereits vor 30 Jahren Reformprozesse wie eine Lockerung des Zölibats und die Zulassung von Frauen zum Priesteramt einleiten müssen. Pater Seul fordert von der katholischen Kirche, dass man die Lage endlich realistisch betrachte und nicht wie immer nur alles schönrede. Ein ungeschminkter Blick auf die Probleme der Kirche und die Offenheit, alles kritisch zu hinterfragen, sei das Gebot der Stunde.
Der gebürtige Kölner hat in gewisser Weise sogar Verständnis für die vielen Menschen, die aus der katholischen Kirche ausgetreten sind: "Angesichts der derzeitigen Großwetterlage in der katholischen Kirche mit der zögerlichen Aufarbeitung des Missbrauchsskandals und der Diskussion um den Kölner Kardinal Woelki, kann ich die Leute verstehen, wenn sie sagen, das ist nicht mehr mein Verein."