Jochen Scherne ist Schornsteinfeger im Hunsrück. Er sagt, dass in diesem Jahr so viele Ölheizungen eingebaut wurden, wie selten. Der Grund: Angst vor dem neuen Heizungsgesetz.
Schornsteinfeger Jochen Scherne und sein Mitarbeiter Peter Feldbauer stehen im Keller des 1979 gebauten Einfamilienhauses der Familie Becker aus Fohren-Linden (Kreis Birkenfeld). Scherne und Feldbauer wollen eine neu eingebaute Ölheizung prüfen und anschließend freigeben.
Jochen Scherne packt dazu ein spezielles Messgerät aus, damit er die Abgaswerte der Heizung messen kann. Er prüft zudem, ob die Montage der Abgasrohre stimmt. Ist das alles in Ordnung, gibt er die Heizung frei - wenn nicht, muss der Monteur noch mal anrücken und nacharbeiten.
Neues Heizungsgesetz treibt Nachfrage nach Ölheizungen
Es ist eine Arbeit, die Scherne und seine Kollegen im laufenden Jahr häufig gemacht haben - häufiger als in den Jahren zuvor, sagt Scherne. “Es sind selten so viele Öl- und Gasheizungen verbaut worden wie in diesem Jahr.” Scherne schätzt, dass sich die Anzahl der eingebauten Heizungen 2023 gegenüber den Vorjahren verdreifacht hat.
Er führt das auf das neue Heizungsgesetz zurück, das Anfang kommenden Jahres in Kraft tritt. Die Leute haben Angst vor dem, was auf sie zukommt, sagt der Schornsteinfeger, der schon fast 30 Jahre im Geschäft ist. “Ich habe, seit ich diese Arbeit mache, noch nie so viel Verunsicherung in der Bevölkerung erlebt, die durch die politischen Wirrungen ausgelöst wurde.”
Hausbesitzer war Wärmepumpe zu teuer
Hausbesitzer Karl Heinz Becker schaut den beiden Schornsteinfegern, die in seinem Keller am Arbeiten sind, zu. Der Rentner hat sich Anfang des Jahres vorerst bewusst für den Austausch seiner 30 Jahre alten Ölheizung gegen ein neues fossiles System entschieden. “Die Ölheizung war für uns noch finanziell machbar”, sagt Becker. Er hat sich ausgerechnet, dass die Wärmepumpe um ein Vielfaches teurer gewesen wäre als die neue Ölheizung. Der Austausch sollte auch noch zwingend in diesem Jahr erfolgen.
Denn für Anlagen, die 2023 eingebaut werden, greift das neue Gebäude Energiegesetz (GEG) - umgangssprachlich auch Heizungsgesetz genannt - noch nicht. Heißt: Die Heizung von Karl Heinz Becker darf jetzt noch bis 2044 zu 100 Prozent mit fossiler Energie betrieben werden. Für Heizungen, die im kommenden Jahr eingebaut werden, gelten hingegen die neuen Regeln. Dazu zählt beispielsweise, dass das Öl, das ab 2029 verheizt wird, zu 15 Prozent ökologisch sein muss - über die Jahre steigt der festgelegte Anteil sogar.
Absatz von Ölheizungen hat sich verdoppelt
Das alles hat in der Bevölkerung offenbar die Nachfrage nach den bekannten und fossilen Heizsystemen in die Höhe getrieben. Der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) rechnet in einer Statistik vor, dass sich beispielsweise in den ersten drei Quartalen des Jahres der bundesweite Absatz von Ölheizungen verdoppelt hat. Dennoch, so schreibt der Verband auch, spielen in absoluten Zahlen Ölheizsysteme bundesweit eine geringere Rolle als Gasheizungen oder Wärmepumpen.
Schornsteinfeger empfiehlt, zweigleisig zu fahren
Schornsteinfeger Jochen Scherne empfiehlt grundsätzlich auf ein System zu setzen, das sich später erweitern lässt. Öl- oder Gasheizungen, die jetzt eingebaut werden, sollten mit einer Wärmepumpe oder einer Solaranlage ergänzt werden können. "Dann kann man auch die Erneuerbaren Energien dort mit einbauen. Es spricht dann auch nichts dagegen, in ein paar Jahren - je nach Preislage - erst nachzuarbeiten. Technisch geht das."
Karl Heinz Becker hat sich für solch ein System entschieden. Er ist jetzt aber erstmal zufrieden mit seiner neuen Heizung, so wie sie ist. Auch weil Jochen Scherne und sein Kollege Peter Feldbauer am Ende der Prüfung feststellen, dass mit der neu eingebauten Ölheizung alles in Ordnung ist.
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