Wer im Alter nicht mehr mobil ist, kann jetzt in Gerolstein in eine Rikscha einsteigen. Für die Senioren ist es eine Freude. Und für die Fahrer manchmal ganz schön anstrengend.
"Ich hab an sich keinen Dickkopf", lacht Ignaz Berens, als sein heutiger Fahrer ihm den Helm auf den Kopf setzen will. Angeschnallt ist Berens schon auf der Bank der sogenannten Cari Rikscha. Schon zum fünften Mal will er sich damit durch die Eifeler Landschaft fahren lassen: "Mit diesem Gefährt komme ich wieder an die frische Luft. Die Gegend ist mir von Kindesbeinen an vertraut."
Auf dem Rad hinter ihm sitzt Rudi Weißenfeld. Er ist seit einem Jahr Rentner und fährt sehr gern Fahrrad. Deshalb war er direkt begeistert, als er eine Anzeige im Gemeindeblättchen sah: "Rikscha-Fahrer gesucht!, hieß es da. Da hab ich mich beworben." Er und sechs weitere ehrenamtliche Fahrer sind seitdem etwa einmal in der Woche mit der Rikscha für ein bis zwei Stunden unterwegs.
Sie fahren die Bewohner der Caritas-Wohngemeinschaften, der Tagespflege Gerolstein oder aus der ambulanten Pflege, die selbst nicht mehr Radfahren können, durch Gerolstein und die Orte rundherum. Auch der 84-jährige Fahrgast Berens wohnt seit einem Jahr in einer Senioren-WG und ist froh, wenn ein bisschen Abwechslung in seinen Alltag kommt: "Die erste war auch die schönste Fahrt. Das war am Rosenmontag hier im Zooch."
Mit dem E-Bike durch die bergige Vulkaneifel
Heute startet die Tour am Kyllpark in Gerolstein und geht entlang eines Teils des Kyll-Radwegs. Rudi Weißenfeld tritt in die Pedale, Ignaz Berens plaudert mit ihm und genießt die Aussicht: "Ich bin 20 Kilometer von hier geboren, aber durch die Rikscha lerne ich die grüne Landschaft mal so richtig kennen. Grad bei dem Wetter liebe ich die Fahrten."
Die Landschaft und das sonnige, warme Wetter machen es für Weißenfeld aber auch sehr anstrengend: "Man merkt, dass man im Mittelgebirge ist. Steigungen hat man alle Naselang. Man muss sich schon sehr genau aussuchen, wo man fährt."
Das Elektro-Fahrrad allein wiegt 160 Kilogramm, sagt er. Mit Fahrgästen auf der Rikscha-Bank kann er schon mal mehr als 300 Kilogramm durch die Gegend fahren. "Die Leute sagen immer: Es ist ein E-Bike, da muss man sich nicht anstrengen. Aber das stimmt nicht."
Wenn es stark regnet oder über 30 Grad hat, bleibt die Rikscha in der Garage. Bis 30 Grad macht die Hitze ihm aber nichts aus, sagt Weißenfeld. Auf der Fahrt gibt es auch Abkühlung, findet zumindest Berens: "Ich habe immer eine Jacke dabei, denn der Fahrtwind geht schon unters Hemdchen."
Idee stammt aus Dänemark
Dass eine Region wie die Vulkaneifel, in der es ständig bergauf und bergab geht, eine Herausforderung für die Rikschas sein könnte, das dachte auch Elisabeth Reinarz, als sie auf das Konzept stieß. Die Gemeindeschwester Plus im Kreis hat das Projekt zusammen mit der Caritas angestoßen und ist selbst auch als Rikscha-Fahrerin unterwegs: "Das ist so toll, niederschwellig, verbreitet Lebensfreude und Abwechslung. Da dachte ich mir: Das müssen wir in der Vulkaneifel auch haben."
Die Idee kommt aus Dänemark, erzählt sie: Ein Mann hatte in Kopenhagen täglich einen älteren Herrn vor einem Seniorenheim sitzen sehen. Damit der mal etwas anderes sieht, lieh der Däne sich kurzerhand eine Rikscha aus und fuhr den Senior durch die Gegend. Und diese Fahrten waren bald bei allen im Heim beliebt.
Reinarz fand dann auch in der Vulkaneifel ehrenamtliche "Piloten", die fit genug sind. Und E-Bikes, die die Herausforderungen der Vulkaneifel meistern. Sie will sie noch mit Fahnen, Licht und Warnwesten ausstatten, damit alles sicher ist.
Positive Reaktionen von allen Seiten
Obwohl es ein Lastenrad ist: Auf der heutigen Tour streiken bei einer kleinen Anhöhe heute Fahrrad und Fahrer. Aber: Ein Tourist ist sofort zur Stelle und hilft Weißenfeld, das Fahrrad zu schieben. "Das sind so freundliche Begegnungen. Dass der Mann spontan hilft, zu schieben, finde ich klasse", freut sich der Rikscha-Pilot. Überhaupt bekomme er fast nur positive Reaktionen, wenn er mit der Rikscha unterwegs ist.
Menschen, an denen er vorbeifährt, lächeln oder winken ihm zu. Auch die Fahrgäste freut das, sie winken dann zurück: "Das ist das Schönste: Zu sehen, dass es anderen Leuten Spaß macht. Ich bin ganz erstaunt und auch froh darüber, wie das angenommen wird."
Auch Autofahrer würden gut reagieren. "Bis auf ein-, zweimal, wenn man angehupt wird. Weil man dann auch wirklich ein Verkehrshindernis ist." Deshalb würden die Rikscha-Fahrer meist die Autostraßen meiden und auf den Rad- und Wanderwegen fahren.
Die Welt aus einem anderen Blickwinkel sehen
"Haben wir noch genug Strom drauf? Kommen wir noch heim?", fragt Fahrgast Berens halb im Scherz. Doch Weißenfeld hat sein Rad im Griff. Gemeindeschwester Plus Elisabeth Reinarz hat dafür gesorgt, dass alle Fahrer eine Schulung machen, wie sie am besten mit Bordsteinen, Kurven, Bergen und Tälern umgehen. Außerdem müssen sie einen Erste-Hilfe-Kurs gemacht haben.
Etwa zehn Stundenkilometer fährt Weißenfeld heute: "Ohne Fahrgast hab ich schon knapp 20 Stundenkilometer drauf gehabt, bergab. Mit Fahrgast bremse ich, damit ich nicht schneller als 15 km/h fahre." Denn in der Rikscha merkt man jedes Schlagloch, jede Unebenheit deutlich. "Es könnte besser gefedert sein", ergänzt Berens.
Auch das kann aber nicht sein heutiges Erlebnis trüben: "Man sieht die Welt mit ganz anderen Augen. Ich kenne mich ja ein bisschen aus hier. Aber aus der Rikscha bekommt man einen anderen Blickwinkel." Diese Reaktionen sind es auch, die Fahrer Rudi Weißenfeld motivieren und ihm Freude machen: "Wenn ich die Menschen in Gegenden fahre, in die sie selbst nicht mehr kommen. Sie erinnern sich dann: Da war ich früher auch mit dem Fahrrad unterwegs."
Freude über viele Touren in der Vulkaneifel
Die beiden machen heute einen Zwischenstopp bei der Tagespflege Gerolstein. Dort freut sich Margarete Lucan, sie zu sehen. Im Gegensatz zum erfahrenen Rikscha-Mitfahrer Berens hatte die 97-Jährige bisher nur eine Fahrt: "Aber ich fahr noch mal mit. Man wird gefahren, das ist so eine tolle Sache. Bei schönem Wetter sieht man alle schönen Dinge von Gerolstein."
Dass die Cari Rikscha eine Bereicherung für die älteren Menschen ist, das sieht auch die Leiterin der Tagespflege, Sabine Blonigen, so: "Besonders die, die nicht so mobil sind, kommen raus, sie sehen etwas anderes. Die Sinne werden angeregt, nach der Fahrt unterhalten die Senioren sich auch über das Erlebte."
Und so freuen sich Senioren und Rikscha-Piloten noch auf viele schöne Ausflüge mit der Cari Rikscha in und rund um Gerolstein in diesem Sommer.
Für Menschen mit eingeschränkter Mobilität Rikscha Fahrdienst im Kreis Karlsruhe soll Senioren im Alltag unterstützen
Egal ob ein Arztbesuch oder ein kurzer Einkauf im Supermarkt: In Eggenstein-Leopoldshafen soll eine Rikscha eingeschränkte Menschen im Alltag unterstützen. Das Angebot ist sogar schon ausgebucht.