In Rheinland-Pfalz gibt es erneut den Verdacht, dass Steuergeld für die Behindertenhilfe nicht im Sinne der behinderten Menschen eingesetzt wird. Konkret geht es um die Kreuznacher Diakonie.
Bei der Einrichtung handelt es sich um ein Sozialunternehmen in Bad Kreuznach, das nach eigenen Angaben fast 7.000 Menschen beschäftigt. Die Kreuznacher Diakonie betreibt unter anderem Krankenhäuser, Seniorenheime und Behindertenwerkstätten und steckte einige Jahre in finanziellen Schwierigkeiten. 2022 schloss die Diakonie dann mit einem leichten Plus ab.
Das sei möglich gewesen, weil man Defizite in den Krankenhäusern mit Gewinnen unter anderem bei Wohneinrichtungen und Werkstätten für behinderte Menschen ausgleichen konnte, sagte der Finanzvorstand in einem Zeitungsinterview.
Diakonie bestreitet Verdacht des Landesrechnungshofs
In den Augen des Rechnungshofs ist das rechtswidrig. Werkstätten für Behinderte seien gemeinnützige Einrichtungen, die sich überwiegend aus Steuergeld finanzierten. Etwaige Gewinne müssten laut Werkstättenverordnung den behinderten Menschen zugutekommen - etwa für den Aus- oder Neubau oder die Anschaffung von Maschinen. Es sei verboten, damit Finanzlöcher zu stopfen, so der Rechnungshof. Im Fall der Kreuznacher Diakonie bestehe jedoch der Verdacht, dass genau das passiert ist.
Die Kreuznacher Diakonie bestreitet die Vorwürfe. Es seien keine Gewinne von Behindertenwerkstätten verwendet worden, um Verluste bei Krankenhäusern auszugleichen, teilt das Unternehmen auf SWR-Anfrage mit.
Ausgelöst wurde der Verdacht durch Äußerungen des Finanz-Chefs der Diakonie in einem Interview der Rheinzeitung. Dazu teilt die Diakonie dem SWR mit, die Äußerungen des Finanzvorstands seien in einen falschen Zusammenhang gesetzt worden und daher missverständlich.
Hat das Land bei Vergütungsverhandlungen versagt?
Der Rechnungshof fordert nun, dass das Land den Vorgang überprüft. Das Land lehnt eine Prüfung aber ab. Das zuständige Landessozialamt teilte dem SWR mit, eine Prüfung würde voraussetzen, dass vertraglich oder gesetzlich vereinbarte Leistungen nicht erbracht worden seien. Dafür gebe es aber keine Anhaltspunkte.
Der Rechnungshof widerspricht. Es gehe gar nicht darum, ob die vereinbarte Leistung erbracht worden sei. Es gehe darum, dass diese Leistung möglicherweise zu teuer erbracht worden sei - sprich: zu viel Steuergeld gezahlt worden sei. Wenn Einrichtungen, die Geld vom Steuerzahler bekommen, so hohe Gewinne machen, dass sie damit Finanzlöcher stopfen können, dann sei das ein Anzeichen dafür, dass das Land bei den Vergütungsverhandlungen versagt habe. Um das zu klären, brauche es eine Prüfung. Nur so lasse sich feststellen, ob die Werkstattbetreiber das Steuergeld angemessen, also im Sinne der behinderten Menschen einsetzen oder eben nicht.
Schon 2015 hatte der Rechnungshof festgestellt, dass Rheinland-Pfalz den Betreibern von Behindertenwerkstätten seit Jahren mehr Geld zahlt als andere Länder. Daran hat sich offensichtlich nichts geändert. Im aktuellen Kommunalbericht kamen die Prüfer zum Ergebnis, dass Rheinland-Pfalz für die Behindertenhilfe (zu der auch die Zahlungen an die Betreiber von Werkstätten gehören) im Verhältnis zur Zahl der behinderten Menschen bundesweit am meisten Geld ausgibt.
Mehr zur Vorgeschichte des Streits lesen Sie hier:
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