In Rheinland-Pfalz wurden von mehreren hundert Anträgen auf Impfschäden bisher acht positiv entschieden. Impfschäden waren auch beim "Runden Tisch Post-Covid" am Mittwoch Thema.
Iris Unselt aus Osthofen wurde im März 2021 mit AstraZeneca gegen Covid-19 geimpft. Die 51-jährige Grundschuldirektorin und Mutter von vier Kindern hat in den folgenden Tagen immer stärkere Schmerzen am ganzen Körper und geht schließlich in die Notaufnahme. "Die Ärzte konnten sich zu diesem Zeitpunkt nicht erklären, was letztendlich mit mir los war", erzählt sie dem SWR.
Ein Ärztemarathon beginnt. Erst eineinhalb Jahre später erhält sie die Diagnose an der Uniklinik Marburg: Eine Ganzkörperentzündung und Autoimmunreaktion nach der Covid-Impfung. Bis heute hat Unselt mehrere 10.000 Euro für Behandlungen und Medikamente ausgegeben. Zeitweise konnte sie nur im Bett liegen. "Ich war solidarisch, ich habe mich impfen lassen, auch von Berufs wegen. Und dann wird man mit allem alleine gelassen", so Unselt.
Mehr als 400 Verdachtsfälle
Wie viele Menschen in Rheinland-Pfalz sind von Impfschäden nach der Covid-Impfung betroffen? Nach Angaben des Gesundheitsministeriums wurden in Rheinland-Pfalz bisher insgesamt 448 Anträge auf Versorgung nach dem Infektionsschutzgesetz nach einer Corona-Impfung gestellt (Stand 24. April 2023). Zum Vergleich: Bisher wurden in Rheinland-Pfalz laut Gesundheitsministerium insgesamt 9.103.836 Impfungen durchgeführt (Stand: 11. April 2023).
Hunderte Anträge noch nicht entschieden
Die Anträge bearbeitet das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung (LSJV). Bisher wurden in Rheinland-Pfalz insgesamt acht Fälle davon positiv entschieden. 86 Fälle wurden abgelehnt. In 15 Fällen war das LSJV nicht zuständig oder der Antrag wurde zurückgezogen. Im Großteil der Fälle steht jedoch eine Entscheidung noch aus: 323 Verdachtsfälle sind noch in Bearbeitung.
Wenn die Versorgungsämter einen Antrag ablehnen, kann man beim Sozialgericht gegen die Entscheidung klagen. Dabei geht es um die Frage, ob der Schaden zufällig in zeitlicher Nähe zur Impfung auftrat oder ursächlich durch die Impfung verursacht wurde. Ziel sind dabei nicht Schmerzensgeld oder Schadenersatz, sondern Versorgungsleistungen. In vier Fällen läuft aktuell eine Klage wegen der Entscheidung des LSJV.
Prozesse gegen Impfstoffhersteller erwartet
Bald sollen auch die ersten Prozesse gegen Impfstoffhersteller starten. Der mutmaßlich erste Zivilprozess war zunächst Ende April in Frankfurt angesetzt. Inzwischen wurde dieser Prozessbeginn allerdings auf Juli verschoben. Die erste Klage richtet sich gegen den Hersteller BioNTech aus Mainz. Die Klägerin sagt, sie habe durch die Covid-19-Impfung einen Herzschaden davongetragen. Bei den Klagen gegen Impfstoffhersteller geht es um Schadenersatz und Schmerzensgeld.
Zwei Großkanzleien vertreten nach eigenen Angaben deutschlandweit eine dreistellige Zahl von Menschen vor Gericht. Die Klagen richten sich gegen alle vier großen Hersteller von Corona-Impfstoffen. Auf SWR-Anfrage bestätigen beide Kanzleien, dass auch mutmaßlich Impfgeschädigte aus Rheinland-Pfalz darunter sind.
Der Mainzer Impfstoffhersteller BioNTech sagt mit Blick auf die anstehenden Prozesse, "dass bisher in keinem der von BioNTech geprüften Fälle ein kausaler Zusammenhang zwischen den dargestellten gesundheitlichen Beeinträchtigungen und der Impfung mit Comirnaty nachgewiesen werden konnte".
"Wir nehmen unsere Verantwortung als Impfstoffhersteller sehr ernst", sagte eine Sprecherin. BioNTech prüfe sorgfältig jeden Fall, in dem Ansprüche gegenüber BioNTech geltend gemacht werden. Voraussetzung sei allerdings, dass die Anwälte genügend Unterlagen vorlegen. "Bei der Bewertung des Falls können wir uns allein auf die medizinischen Fakten stützen, um zu evaluieren, ob ein kausaler Zusammenhang besteht oder nicht. Genau daran fehlt es leider sehr häufig."
"Runder Tisch Post-Covid"
Am Mittwoch waren "Post Vac", also Impfschäden, auch Thema beim "Runden Tisch Post-Covid", zu dem Ministerialdirektor Daniel Stich im Gesundheitsministerium eingeladen hatte. Mit dabei: Akteurinnen und Akteure aus dem Gesundheitsbereich. Dabei wurde unter anderem beschlossen, dass es bis zum Sommer neben Koblenz auch in Mainz, Trier, Kaiserslautern und Ludwigshafen Anlaufstellen für Menschen geben soll, die an Long-Covid leiden.