Gericht lehnt Widerspruch ab

Trotz Protesten: Nigerianer aus Rheinhessen sind abgeschoben worden

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Autor/in
Sarina Fischer
Sarina Fischer ist Reporterin im SWR Studio Mainz
Lucretia Gather

Zwei junge Männer aus Nigeria, die in Armsheim wohnten, sind abgeschoben worden. Das Mainzer Verwaltungsgericht lehnte ihren Widerspruch ab. Die beiden Brüder sollten demnächst ihre Ausbildung beginnen.

Wisdom Umanah hatte schon eine Zusage vom Universitätsklinikum Frankfurt: Dort wollte der 20-Jährige ab dem kommenden Oktober eine Ausbildung zum Krankenpfleger beginnen. Gerade ist er mit der Schule fertig geworden und hat seinen Realschulabschluss geschafft. Sein ein Jahr älterer Bruder Divine hat sogar das Fachabitur in der Tasche. Er wollte eigentlich schon in den kommenden Wochen eine Ausbildungsstelle zum Technischen Zeichner antreten. Doch daraus wird nun nichts.

Abschiebung nach Nigeria noch am Freitag

Denn Wisdom und Divine Umanah sind am Freitag nach Nigeria abgeschoben worden. Das berichtet der Anwalt der beiden, Helmut Linck, dem SWR. "Ich falle vom Glauben ab, wenn das wirklich passiert!“, hatte Jochen Hiber noch Anfang der Woche gesagt. Er war zuletzt der Klassenlehrer von Wisdom und kennt ihn schon seit mehreren Jahren. Wisdom sei ein netter Typ, immer in der Schule gewesen und spreche gut Deutsch. Er habe sich sehr für seinen Schüler gefreut, als er die Ausbildungsstelle am Uniklinikum Frankfurt bekommen habe.

Wisdom wäre bald Krankenpfleger-Azubi – und die werden doch dringend gebraucht!

"Die Jungs sind noch so jung, lasst sie doch ihre Ausbildung in Deutschland fertig machen“, wünschte sich auch Frankie Obaseki. In seinem Haus im rheinhessischen Armsheim (Kreis Alzey-Worms) haben die Brüder in den letzten Jahren mit gewohnt. Die beiden hätten sich in Deutschland nichts zu Schulden kommen lassen, fügt Obaseki hinzu. Er stammt selbst aus Nigeria und lebt zusammen mit seiner Frau schon länger in Armsheim.

Verwaltungsgericht Mainz: Brüder waren jahrelang illegal hier

Die Präsidentin des Verwaltungsgerichts Mainz, Bettina Freimund-Holler, sagte dem SWR, die beiden Brüder hätten sich seit 2022 wissentlich illegal in Deutschland aufgehalten. Sie seien 2018 mit ihrer Mutter, einer Botschaftsmitarbeiterin, eingereist und hätten mit ihr zusammen in Frankfurt gelebt. Das sei juristisch zulässig gewesen.

Die Mutter sei aber Ende 2021 ausgereist - und die Söhne hätten dies auch tun müssen. Sie hätten aus dem Ausland heraus einen Aufenthaltsantrag in Deutschland stellen können. Statt dies zu tun, seien sie untergetaucht und dann zu Bekannten nach Armsheim in Rheinhessen gezogen.

Keinen Kontakt zur Ausländerbehörde gesucht

Auch die Kreisverwaltung Alzey-Worms bestätigt dem SWR, Wisdom und Divine Umanah seien schon seit 2022 zur freiwilligen Ausreise aufgefordert worden - schon damals sei die Abschiebung angedroht worden. Seither hätten sie keinen Kontakt mehr zur Ausländerbehörde des Kreises gesucht.

Uns selbst ist es unverständlich, dass Schule und Arbeitgeber von der Vorlage von Aufenthaltstiteln abgesehen haben.

Freunde wandten sich an Land Rheinland-Pfalz

Vor zwei Wochen dann hatten sich die beiden an die Kreisverwaltung gewandt, um Papiere für ihre Ausbildung zu bekommen. Doch statt die zu kriegen, wurden sie festgenommen und in Handschellen in die so genannte Gewahrsamseinrichtung für Ausreisepflichtige (GfA) nach Ingelheim gebracht.

Obaseki, Hiber und weitere Freunde und Bekannte der beiden Brüder versuchten, die Abschiebung zu verhindern. Unter anderem stellten sie Anträge beim Petitionsausschuss des Landes Rheinland-Pfalz, berichtet Jochen Hiber. Auch das Uniklinikum Frankfurt als künftiger Arbeitgeber von Wisdom habe sich an diesen Ausschuss gewandt.

Die zwei Nigerianer, die in Armsheim wohnten, sind abgeschoben worden.
Die zwei Nigerianer, die in Armsheim wohnten, sind abgeschoben worden.

Das Umfeld der beiden Brüder und sie selbst sagen, ihnen sei nicht bewusst gewesen, dass sie keine Aufenthaltserlaubnis hatten. Als die Mutter 2022 wieder aus Deutschland ausgereist sei, hätten sie eine Anwältin engagiert, erzählt Frankie Obaseki. Die hatte eine Duldung erreichen wollen.

Es habe aber erst Kommunikationsschwierigkeiten mit der Anwältin gegeben, sie seien dann zu einem anderen Anwalt gewechselt. Doch es seien wohl Briefe der Behörden verloren gegangen, weil die Post nicht an den neuen Anwalt weitergeleitet worden sei. Die Ausländerbehörde des Kreises habe keinen richtigen Kontakt zu ihrem neuen Anwalt gehabt.

Rekonstruieren lässt sich die Fehlerkette heute nicht mehr. Vermutlich hätten noch weitere Anträge gestellt und Dokumente eingereicht werden müssen, mutmaßt der aktuelle Anwalt der beiden nigerianischen Brüder, Helmut Linck.

Kritik vom Flüchtlingsrat Rheinland-Pfalz

Eine Sprecherin des Flüchtlingsrates Rheinland-Pfalz sagte dem SWR, rechtlich hätten die beiden sicher Fehler gemacht. Aber Annika Kristeit vom Flüchtlingsrat findet, neben der rechtlichen Ebene sei noch die menschliche zu berücksichtigen: "Wir finden es tragisch und schade, dass zwei junge Männer, die sich in Deutschland viel aufgebaut haben, Schulabschlüsse erreicht und Ausbildungsplätze haben, jetzt abgeschoben werden." Damit werde ihnen die Möglichkeit genommen, sich eine Zukunft in Deutschland aufzubauen.

Nach Angaben des Anwalts versucht der rheinland-pfälzische Flüchtlingsrat zu erwirken, dass die Ausreise der beiden als freiwillige Ausreise und nicht als Abschiebung gewertet wird. Denn nach einer Abschiebung dürfen Menschen zwei Jahre lang nicht mehr nach Deutschland einreisen.

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