Ermittlungen wegen "Swatting"

SEK-Einsatz nach Fake-Notruf: Opfer erzählt

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Autor/in
Lucretia Gather

Vor zehn Tagen stürmte ein Spezialeinsatzkommando (SEK) der Mainzer Polizei eine Wohnung in der Altstadt. Dahinter steckte falscher Alarm.

Wenn Jürgen P. an den Donnerstag vorletzter Woche denkt, dann wird ihm immer noch ganz anders: "Das war der absolute Horror", erzählt er, "ich schlafe seitdem schlecht und habe Alpträume."

SEK Mainz kam über die Dachterrasse

Gegen Mittag sei der 45-Jährige von der Arbeit gekommen, später habe ihn ein Freund besucht. Die beiden hätten auf dem Sofa gesessen und "an ihren Handys gedaddelt", erinnert sich Jürgen P. Er ist gerne auf Tik-Tok unterwegs und macht hin und wieder Live-Videos. So auch an diesem Donnerstag. Plötzlich habe er von draußen laute Geräusche gehört und am Fenster zur Dachterrasse des Hauses Taschenlampen und vermummte Menschen gesehen.

Einsatzkräfte werfen Bewohner zu Boden

Dann sei alles ganz schnell gegangen. "Es gab einen Schlag, dann war die Terrassentür aus Glas kaputt und auf einmal war meine ganze Wohnung voller Menschen", erinnert sich P. Die Einsatzkräfte hätten ihn und seinen Freund angeschrien und ihre Hände mit Kabelbinder fixiert.

Ich wusste überhaupt nicht, was los ist, das war wie im Film!

Auf seine Fragen hätten die Polizisten nicht reagiert, stattdessen hätten sie ihn angebrüllt und mit verbundenen Händen aufs Sofa gesetzt. Dann sei die Kriminalpolizei dazu gekommen und habe nach seinem Ausweis gefragt.

Mainzer Polizei erhielt falsche Mail

Erst nach und nach sei ihm klar geworden, warum die Polizei seine Wohnung gestürmt habe. Die Polizei hatte, das bestätigte ein Sprecher, eine Mail erhalten, in der es hieß, in der Wohnung sei eine Gewalttat passiert und weitere Menschen seien in Lebensgefahr. Jürgen P. erinnert sich, dass eine Polizistin ihn während des Einsatzes nach seiner Email-Adresse gefragt hatte.

Schaden durch falschen SEK-Einsatz

Als der Polizei klar wurde, dass P. gar keine Mail geschickt hatte und in der Wohnung alles friedlich war, zog sich das Spezialeinsatzkommando zurück. Auch die Kriminalpolizei verließ die Wohnung, zwei Polizisten blieben bei Jürgen P.: "Die beiden waren total nett und haben noch die Feuerwehr gerufen, die meine kaputte Scheibe provisorisch mit Brettern repariert hat." Am Fenster sei ein Schaden von 1.000 Euro entstanden, den werde er mit Hilfe eines Anwaltes der Polizei in Rechnung stellen.

Psychologische Hilfe für Opfer

Seit dem Vorfall habe er psychische Probleme, berichtet Jürgen P., er habe Panikattacken und Schlafstörungen. Hilfe bekommt er von der Opferhilfe Weisser Ring. Die Polizei geht davon aus, dass hinter der falschen Mail die Betrugsmasche "Swatting" stecken könnte.

Die polizeilichen Ermittlungen laufen aber noch. Nach Angaben eines Polizeisprechers ist es es nicht einfach, den Tätern auf die Spur zu kommen. "Hier werden falsche Mailadressen verwendet, und die können nicht so leicht nachverfolgt werden, die Ermittlungen brauchen Zeit", erklärt Polizeisprecher Rinaldo Roberto.

Falls der oder die Täter gefasst werden, droht ihnen eine Gefängnisstrafe von bis zu drei Jahren. Auch die Einsatzkosten könnten in Rechnung gestellt werden - in der Regel handele ist sich um eine Summe im hohen vierstelligen Bereich.

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