Die Kommunen in Rheinhessen schlagen Alarm: Es gibt keine Wohnungen für Geflüchtete mehr. Der Landrat des Kreises Alzey-Worms hat deshalb einen offenen Brief an Ministerpräsidentin Dreyer geschrieben.
"Das ist ein Hilferuf an die Landesregierung, weil wir sehen, dass wir die Kapazitäten nicht mehr schaffen können, um noch mehr Geflüchtete unterzubringen", sagte Landrat Heiko Sippel (SPD) am Mittwoch. "Wir haben die Erwartung, dass Land, Bund und die Europäische Union uns jetzt helfen."
Neben dem Landrat des Kreises Alzey-Worms haben den Brief auch die Bürgermeister der Stadt Alzey und aller sechs Verbandsgemeinden unterschrieben.
Sippel: Mehr Menschen müssen abgeschoben werden
Auf europäischer Ebene sei ein anderer Verteilungsmechanismus nötig, sagte Sippel dem SWR. Deutschland nehme mehr Geflüchtete auf als andere Länder. Eine weitere Forderung aus dem Brief: Bund und Land sollten für mehr zentrale Unterbringungen sorgen, insbesondere für Menschen ohne Bleibeperspektive. Von dort könne dann zentral die Rückführung organisiert werden. Außerdem forderte der Landrat von Bund und Land mehr finanzielle Unterstützung für die Kommunen.
Mietpreise steigen wegen Wohnungsknappheit
Ein weiteres Problem sei, dass durch die aktuelle Wohnungsknappheit auch die Mieten für die Bürgerinnen und Bürger des Kreises steigen. "Selbstverständlich weiß der Wohnungsmarkt, dass wir eine gewisse Not haben und deswegen werden andere Preise aufgerufen, als in unserer Region marktüblich sind", so Sippel.
Der Landkreis Alzey-Worms erwartet im ersten Halbjahr etwa 350 Geflüchtete. Deshalb sollen bis zum Sommer insgesamt 345 Plätze in Gemeinschaftsunterkünften entstehen. Dazu habe der Kreis schon einige Großunterkünfte angemietet, außerdem entstehen auf dem Gelände des Technischen Hilfswerks in Alzey und Wörrstadt Wohncontainer-Anlagen. Eine Unterbringung in Turnhallen wie aktuell in Worms, wolle man vermeiden.
Asylabteilung in Worms am Limit
Der Stadt Worms würden aktuell sieben Flüchtlinge pro Woche zugewiesen, so Sozialdezernent Waldemar Herder (SPD). Auch hier sei der Wohnraum aufgebraucht, die Stadt am Limit. "Ich würde mir von Bund und Land tatsächlich wünschen, dass diejenigen, die zu entscheiden haben, auch mal hören, was in der Praxis los ist", so Herder. "Ein Entscheider aus der Bundespolitik sollte mal zwei Tage Praktikum bei uns machen und einfach mal das Chaos in unserer Asylabteilung mitbekommen, damit er sieht: Okay, die sind tatsächlich am Limit."
Kreis Mainz-Bingen hat kaum Wohnraum mehr
Der Kreis Mainz-Bingen hat eine Notunterkunft für Flüchtlinge angemietet. Landrätin Dorothea Schäfer (CDU) rechnet allerdings damit, dass deren Kapazität in Anbetracht der erwarteten Zuweisungszahlen "in den kommenden Wochen schnell erschöpft sein werde". Im Ernstfall könne zwar eine Turnhalle umfunktioniert werden, das solle aber "so gut es geht" vermieden werden, so Schäfer.
Dickes: Aufnahme von Flüchtlingen begrenzen
Auch die Landrätin des Kreises Bad Kreuznach, Bettina Dickes (CDU), hat die Flüchtlingssituation im Kreis als hochdramatisch bezeichnet. Ankommende Flüchtlinge könnten nur noch in Sammelunterkünften untergebracht werden, was zu Spannungen führe. Auch die Bevölkerung wolle das so nicht mehr hinnehmen, die Toleranz sinke. Der Bund müsse deshalb die Aufnahme von Flüchtlingen stoppen oder mindestens begrenzen, so Dickes weiter.
Die Stadt Mainz plant bislang nicht, sich wegen der Zuweisung von Flüchtlingen an das Land zu wenden, teilte eine Sprecherin dem SWR mit.
Mehr Personal für Flüchtlingsunterkünfte gefordert
Die rheinland-pfälzische Integrationsministerin Katharina Binz (Grüne) fordert vom Bund, dass er Personal für den Betrieb von Flüchtlingsunterkünften zur Verfügung stellt. Wie das Ministerium dem SWR mitteilt, ist es immer schwieriger, entsprechendes Personal zu finden.
Binz nimmt am Donnerstagvormittag in Berlin an einem Spitzentreffen von Bund, Land und Kommunen zur Unterbringung von Flüchtlingen teil. Zu dem Treffen hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) eingeladen.
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