Hilfe nach schlimmen Erlebnissen

Kinderschutzbund Mainz startet neue Traumatherapie "Work in Sand"

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Autor/in
Christiane Spohn
Christiane Spohn ist Reporterin im SWR Studio Mainz

Viele Kinder haben sexuellen Missbrauch, häusliche Gewalt, Mobbing oder Krieg erlebt. Therapieplätze sind rar - deshalb bietet der Kinderschutzbund Mainz als schnelle Hilfe "Work in Sand" an.

Die Traumatherapie "Work in Sand" bedeutet nichts anderes als "Arbeiten im Sand". Die Kinder brauchen dafür nur einen kleinen Sandkasten und Plastikfiguren. Ohne von Therapeuten angeleitet zu werden, spielen die fünf bis 13-Jährigen eine Stunde mit dem Sandkasten. Was dabei passiert, ist erstaunlich.

Kinder stellen Traumata im Sandkasten nach

Erst würden die Kinder mit den Plastikfiguren eine Idylle aufbauen, erklärt Psychologin Ingrid Pirker vom Kinderschutzbund Mainz. Irgendwann holen sie aber ihre schlimmen Erlebnisse aus dem Unterbewußtsein und stellen sie im Sandkasten dar.

Zerstörte Häuser, Soldaten, Raketen, ein Sarg und ein Engel: Hier hat ein Kind mit "Work in Sand" seine Kriegserlebnisse verarbeitet.
Zerstörte Häuser, Soldaten, Raketen, ein Sarg und ein Engel: Hier hat ein Kind mit "Work in Sand" seine Kriegserlebnisse verarbeitet.

Dadurch werde das, was die Kinder belastet, in den Sand gesteckt und zurückgelassen. Die Kinder hätten in ihrem Bewusstsein wieder Platz für positive Erlebnisse, so Pirker.

Die Kinder holen ihre schlimmen Bilder aus dem Unterbewusstsein und können sie dann verarbeiten.

Kinderschutzbund Mainz hat erste Kinder therapiert

Der Kinderschutzbund Mainz hat bereits 15 Jungen und Mädchen mit "Work in Sand" behandelt. Darunter ein zehnjähriges Mädchen. Es habe ständig den Unterricht in der Schule gestört und sich mit den Mitschülern gestritten.

Der Kinderschutzbund Mainz bot ihr eine Stunde pro Woche "Work in Sand" mit anderen Kindern an. Dabei sind immer maximal sechs Jungen und Mädchen in einem Raum.

Bis zu sechs Kinder können gleichzeitig beim Kinderschutzbund Mainz bei der Traumatherapie "Work in Sand" in ihren Sandkästen arbeiten.
Bis zu sechs Kinder können gleichzeitig beim Kinderschutzbund Mainz bei der Traumatherapie "Work in Sand" in ihren Sandkästen arbeiten.

Jeder hat einen Sandkasten vor sich und in der Mitte liegen kleine Plastikfiguren, mit denen die Kinder im Sand spielen können. Das Mädchen teilte, so berichtet die Therapeutin, seinen Sandkasten in zwei Bereiche, mit einem Zaun dazwischen: Auf der einen Seite waren gefährliche Tiere wie Schlangen, auf der anderen Seite grüne Bäume, Kinder, die spielten.

Traumatherapie auch für Mobbing-Opfer

Schnell stellte sich heraus, dass das Mädchen in der Schule gemobbt wurde. "Sie verhielt sich aggressiv und verletzte andere, bevor sie selbst verletzt werden konnte", erklärt Psychologin Ingrid Pirker vom Kinderschutzbund.

Nach acht Gruppensitzungen ging es dem Mädchen besser. Es störte nicht mehr in der Schule und hatte weniger Konflikte. Gleichzeitig hatte die Schule mit der Klasse gearbeitet.

"Work in Sand" hilft Opfern von sexuellem Missbrauch

Ein anderer Junge zum Beispiel sei immer stiller und trauriger geworden, berichtet die Therapeutin. Bei der Gruppensitzung "Work in Sand" fiel auf, dass er in seinen Szenen im Sandkasten immer ein Bett aufstellte. "Dazu kam, dass immer eine Person bei dem Bett war", erzählt Psychologin Pirker.

So entstand bei den Therapeuten der Verdacht, der Junge könnte sexuell missbraucht worden sein. Der Kinderschutzbund Mainz hat seiner Mutter angeraten, dringend weitere Maßnahmen zu ergreifen, um dem Kind zu helfen.

Ein knapp bekleidetes Plastikpüppchen - bei "Work in Sand" oft ein Zeichen für sexuellen Missbrauch.
Ein knapp bekleidetes Plastikpüppchen - bei "Work in Sand" oft ein Zeichen für sexuellen Missbrauch.

Bei "Work in Sand" sei es aber nicht das Ziel, eine Diagnose zu stellen, so Katharina Gutsch, Geschäftsführerin des Kinderschutzbundes Mainz. "Work in Sand" will stattdessen schnell und einfach helfen.

Work in Sand soll schnell helfen und kann ohne Diagnose beginnen.

Da die neue Traumatherapie auch ohne Diagnose beginnen könne und mehrere Kinder gleichzeitig teilnehmen könnten, helfe sie besonders schnell. Denn im Moment müssten Kinder in der Regel monatelang warten, bis sie einen Therapieplatz bei Psychologen bekommen.

Hilfskonzept soll ausgeweitet werden

Der Kinderschutzbund Mainz will jetzt "Work in Sand" dauerhaft anbieten. Dank einer Spende des Rotary Club Mainz-Churmeyntz über 40.000 Euro konnten 19 ihrer Therapeuten ausgebildet und die Sandkästen und Plastikfiguren angeschafft werden.

"Wir können mit "Work in Sand" viele Kinder erreichen und ihnen eine Chance auf Heilung geben", so die Geschäftsführerin des Kinderschutzbundes Mainz, Katharina Gutsch.

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