Mieterinnen und Mieter im Sertoriusring in Mainz-Finthen sollen mehrere Tausend Euro nachzahlen. Nach SWR-Recherchen sind es teilweise rund 3.000 Euro.
Frau L. traute ihren Augen nicht als sie im Dezember die Abrechnung ihres Vermieters erhielt: 2.640 Euro Nachzahlung für das Jahr 2022.
Ihre Nachbarin konnte das noch überbieten: Familie T. soll 3.136 Euro bezahlen. Und das, obwohl sie bereits im Jahr davor hohe Nachzahlungen hatte, die sie jetzt noch in Raten abbezahlt.
Die Familien wollen anonym bleiben, da sie befürchten, dass sie ihre Wohnungen verlieren, wenn bekannt wird, dass sie sich an den SWR gewandt haben. Viele Mieter in der Wohnanlage im Sertoriusring können sich keine andere Wohnung leisten. 172 Wohnungen gibt es dort, verteilt auf mehrere Gebäude mit bis zu zehn Stockwerken.
Unterschriftensammlung und Widerspruch gegen Abrechnungen
Die Frauen sprachen mit anderen Nachbarn, sammelten Unterschriften und legten Widerspruch gegen die Nebenkostenabrechnungen ein. Sie vermuten Betrug.
Hauptgrund für die hohen Abrechnungen sind die gestiegenen Heizkosten. Das macht die Frauen besonders wütend: Sie hätten nämlich keinen Einfluss auf die Heizung, sie hätten die Regler gar nicht aufgedreht, sagen sie.
Schuld an den hohen Kosten ist ein veraltetes Heizungssystem
Auf SWR-Anfrage erklärt der Vermieter, die GWH Wohnungsgesellschaft in Frankfurt, dass die Abrechnungen korrekt seien. Die Häuser seien aus den Jahren 1977 und 1979 und hätten eine ältere Heizungstechnik, die sogenannte Einrohrheizung.
Bei dieser Technik könne die Heiztemperatur nicht geregelt werden. Die Heizung müsse immer an sein, damit alle Mieter warme Wohnungen hätten.
Die Betriebskosten variieren je nach Wohnungsgröße, teilt der Vermieter mit. 50 Prozent der Kosten werden nach Verbrauch verteilt und 50 Prozent nach der Wohnfläche. Da die Gaspreise seit 2021 enorm gestiegen seien, sei diese ineffiziente Heizmethode nun besonders teuer.
Mieterschutzverein Mainz gibt Vermieter Recht
Einrohrheizungen werden seit 1985 nicht mehr verbaut, teilt der Mieterschutzverein auf SWR-Anfrage mit. Da, wo sie noch in Betrieb sind, sind die Kosten hoch. Juristisch sei da nichts zu machen.
Die Rechnungen der Familien im Sertoriusring kommen Karl Koch allerdings "ungewöhnlich hoch" vor. Frau L. hat 76 Quadratmeter, Frau T. 97 Quadratmeter. Die Größe der Wohnungen erklärt nicht die hohen Nachforderungen, so der Mieterschutzverein.
Frau L. und Frau T. wollen sich daher noch nicht geschlagen geben. In ihrem Widerspruchsschreiben mit den Unterschriften von mehr als 50 Nachbarinnen und Nachbarn teilen sie mit, dass sie die Nachzahlungen erstmal nicht leisten werden. Sie fordern den Vermieter auf, weitere Informationen zu den Energiekosten offenzulegen.
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